Wahl-Prospekte
Werber kritisieren Prospekte im Wahlcouvert: «Alle gleichen sich»

Am 23. Oktober sind Wahlen. Beste Gelegenheit einen Blick ins Wahlcouvert und auf die vielen Prospekte zu riskieren. Wie gut werben die Parteien und Kandidaten für sich? Die az hat bei Experten nachgefragt.

Lea Durrer
Drucken
Broschüren, Flyer und Prospekte im Solothurner Wahlcouvert
19 Bilder
Wahlbroschüre der SP mit Roberto Zanetti als prominentes Gesicht «Der Prospekt ist stark sachbezogen, sieht aber gut aus» - David Oreiro
Die jungen Grünen haben dem Wahlcouvert einen schwarz-weissen Prospekt beigelegt «Das Bild kommt authentisch und anders rüber» - David Oreiro
FDP-Büchlein mit Kandidaten «Die FDP setzt die Kandidaten ohne viel Firlefanz, aber dafür professionell ins Bild. Das ist zwar nicht speziell kreativ aber durchaus zweckdienlich» - Esther Luterbacher «Der Aufbau ist sehr konsequent und einheitlich konzipiert. Der Innenteil ist übersichtlich und gut gestaltet.» - David Oreiro
Juso mit der Stadt Solothurn auf dem Flyer
SVP mit dem Slogan «Schweizer wählen SVP» «Der SVP-Prospekt wirkt eher amateurhaft» - David Oreiro «Wirkt sehr bieder» - Andreas Stettler «Vom millionenschweren Wahlbudget der SVP ist wohl nicht viel in den Kanton Solothurn geflossen» - Esther Luterbacher
So strahlen die Jungfreisinnigen dem Wähler entgegen «Das Gruppenfoto der Kandidaten geht weg vom typischen Portrait» - David Oreiro
Tierpartei mit eingesperrten Schweinen
Pirmin Bischof will mit diesem Prospekt die Wähler überzeugen «Ein grosses Bild, und der direkte Blickkontakt zum Betrachter wirkt sympathisch» - David Oreiro «Das nächste Mal vielleicht mit etwas weniger Make-up und Bildretusche» - Esther Luterbacher
Zwei der EVP-Kandidaten strahlen von der Titelseite
CVP Kanton Solothurn «Freundlich und nett» - Esther Luterbacher
Die junge CVP
60 plus der CVP
Grüne mit den Listen 9 und 10 «Die Grünen kommen leicht und frisch daher, auch das Papier passt zur Gesinnung.»
Die junge SVP mit Taj Mahal neben dem Bundeshaus
BDP die neue Kraft «Die BDP geht mit dem nur zweiseitigen A5-Blättchen praktisch unter. Wirkt sehr sparsam.»
Prospekt der Grünliberalen
Der Prospekt der EDU
Parteifrei kommt mit dem Bundeshaus daher

Broschüren, Flyer und Prospekte im Solothurner Wahlcouvert

AZ

Dicke Wahlcouverts sind in den letzten Wochen in die Briefkästen der Solothurner Stimmberechtigten geflattert. Nebst den Unterlagen zur Wahl kommen dem Wähler auch zahlreiche Broschüren unter die Nase. 18 um genau zu sein. Hier preisen sich die Parteien an, versuchen sich und ihre Botschaft dem Wähler zu verkaufen.

Ein Blick auf die Prospekte zeigt jedoch: Mit Einfallsreichtum wird nicht gerade gepunktet. Die Grünen kommen im altbekannten Partei-grün daher, die SVP Kanton Solothurn will die Wähler mit dem Spruch «Schweizer wählen SVP» auf ihre Seite ziehen, und die CVP zeigt auf der Vorderseite des Prospekts eine Margeriten-Wiese. «Es gibt keinen einzigen Prospekt oder Flyer im Wahlcouvert, der durch Originalität und Andersartigkeit heraussticht», meint etwa Andreas Stettler von der gleichnamigen Werbeagentur in Olten. «Alle gleichen sich.»

Austauschbare Bilder und Botschaften

Diesen Eindruck teilt auch David Oreiro: «Die Kandidaten geben sich zwar alle sehr innovativ in ihren Themen», sagt der Creative Director der Solothurner Werbeagentur Sichtfeld.

David Oreiro, Creative Director der Werbeagentur Sichtfeld, Solothurn

David Oreiro, Creative Director der Werbeagentur Sichtfeld, Solothurn

Zur Verfügung gestellt

Oreiro hat unter den Prospekten kaum ein Foto gesehen, das «wirklich dynamisch» ist, oder sich zumindest von der Masse deutlich unterscheidet. Mit so ähnlichen Fotos sei es schwierig, sich nur über die Qualität der Bilder zu differenzieren.

Klare Favoriten und Verlierer wollen die Werber nicht nennen. Dennoch gibt es Tendenzen. Gut kommen bei Stettler die Prospekte der CVP, FDP, Grünliberale und der Grünen weg. «Hier erkenne ich echt professionelle Gestaltung». Die BDP würde jedoch mit dem nur zweiseitigen A5-Blättchen praktisch untergehen. Es wirke sehr sparsam.

«SVP-Prospekt wirkt eher amateurhaft»

Andreas Stettler von andreas stettler kommunikation, Olten

Andreas Stettler von andreas stettler kommunikation, Olten

Zur Verfügung gestellt

Diesen Eindruck teilen auch andere Experten: «Vom millionenschweren Wahlbudget der SVP ist wohl nicht viel in den Kanton Solothurn geflossen», vermutet Esther Luterbacher von ibl und partner. Und Oreiro fügt an: «Der SVP-Prospekt wirkt eher amateurhaft.» Besonders die Qualität der Fotos sei vergleichsweise schlecht.

CVP: Drei Listen mit demselben Frontbild irritieren

Als «freundlich und nett» bezeichnet Luterbacher die CVP-Broschüre. Ihre Corporate Identity - das einheitliche Handeln, Kommunizieren und visuelle Auftreten - habe die CVP wirklich konsequent umgesetzt.

Kriterien für Wahlbroschüre

Für die Gestaltung einer Wahlbroschüre sind laut Christoph Rölli drei Kriterien entscheidend: «Die Fotos müssen die Kandidierenden sympathisch abbilden, die Texte müssen kurz und verständlich die wichtigsten Informationen liefern und das Design muss die Wiedererkennbarkeit mit dem visuellen Auftritt der Partei gewährleisten», sagt der Inhaber der c&h konzepte werbeagentur ag.

Es gebe deshalb nicht «schöne» und «weniger schöne» Broschüren, sondern nur gute und weniger gute. Konkrete Prospekte will Rölli nicht beurteilen, da die Agentur für das Büchlein der FDP verantwortlich ist. (ldu)

Ein Lob gibt es für den Flyer des CVP-Ständeratskandidaten Pirmin Bischof: «Ein grosses Bild, und der direkte Blickkontakt zum Betrachter wirkt sympathisch», meint Oreiro. Auch der Kontrast mit dem weissen und blauen Hintergrund sei da. «Das nächste Mal vielleicht mit etwas weniger Make-up und Bildretusche», wünscht sich Luterbacher.

Kurze und relevante Informationen bei der FDP

Der Prospekt der FDP ist ihr im Haufen der Wahlflyer am ehesten ins Auge gesprungen. Die Partei verpacke ihre zwei Listen und auch Kurt Flury in ein kompaktes Büchlein, so das Mitglied der Geschäftsleitung von ibl und Partner. «Sie setzt die Kandidaten ohne viel Firlefanz, aber dafür professionell ins Bild. Das ist zwar nicht speziell kreativ aber durchaus zweckdienlich.»

Esther Luterbacher, Geschäftsleitung ibl und partner, Solothurn

Esther Luterbacher, Geschäftsleitung ibl und partner, Solothurn

Zur Verfügung gestellt

Das Büchlein zeige Menschen und enthalte wirklich kurze, relevante Informationen, meint auch Oreiro. Leider seien diese etwas versteckt. «Der Aufbau ist sehr konsequent und einheitlich konzipiert. Der Innenteil ist übersichtlich und gut gestaltet.»

Ebenfalls positiv aufgefallen ist Oreiro der SP-Prospekt. «Er ist stark sachbezogen, sieht aber gut aus», lautet sein Urteil.

Die Jungen schneiden nicht schlecht ab

Als erwähnenswert beurteilt er auch den schwarz-weissen Druck der jungen Grünen. «Das Bild kommt authentisch und anders rüber.» Nur: wenn der beidseitige bedruckte Prospekt mit der Rückseite nach oben zu liegen komme, falle er kaum auf.

Dies könne auch dem Flyer der Jungfreisinnigen passieren, den Oreiro als «nicht schlecht» betitelt. Das Gruppenfoto der Kandidaten gehe weg vom typischen Portrait. Es bestehe aber auch hier die Chance, dass bei einer solchen Menge an Papier ein kleiner Prospekt nicht beachtet werde.

Vom Auftritt des politischen Nachwuchses ist Luterbacher allerdings etwas enttäuscht: «Sind die Jungen die neuen Konservativen?»

Egal ob grün, rot oder gelb: Welche Flyer die Wähler ansprechen ist subjektiv, und ob das im Couvert beigelegte Material einen Einfluss auf die Wahl hat, fraglich. Die Werber wünschen sich auf jeden Fall mehr Originalität, sympathisch abgebildete Kandidaten und gute, aber kurze Informationen. Nicht alle Parteien werden dem in den Augen der Experten gerecht.