Politische Kontrolle
Wer übernimmt die Geschäftsprüfung? Der Grenchner Gemeinderat muss sich entscheiden

Die Grenchner Gemeindeordnung sieht eine kombinierte Rechnungsprüfungs- und Geschäftsprüfungskommission vor.

Andreas Toggweiler
Drucken
Wer soll künftig die Grenchner Verwaltung kontrollieren? (Archiv)

Wer soll künftig die Grenchner Verwaltung kontrollieren? (Archiv)

Oliver Menge

Die geltende Grenchner Gemeindeordnung sieht eine kombinierte Rechnungsprüfungs- und Geschäftsprüfungskommission vor. Der Gemeindeversammlung hat auf Antrag des Gemeinderates beschlossen, die obligatorische Rechnungsprüfung per 2017 an eine private Firma (BDO) auszulagern. Jetzt muss der Gemeinderat entscheiden, wie es mit der Geschäftsprüfung weitergeht.

Vor- und Nachteile

Eine Vorlage, welche der Gemeinderat am Dienstag in erster Lesung behandeln wird, hält in ihren Erläuterungen fest, dass eine Geschäftsprüfungskommission (GPK) kantonal nicht vorgeschrieben ist, sie bestehe in der Schweiz aber regelmässig bei Gemeinden mit parlamentarischer Struktur. Was in Grenchen kaum weiterhilft, da das Solothurner System der Gemeindeorganisation ein Hybrides ist. Gemeinderäte sind sowohl Exekutive, aber auch Legislative und können auf parlamentarische Instrumente wie Motionen zurückgreifen. Vornehmlich exekutiven Charakter hat die Gemeinderatskommission GRK.

Die Vorlage erläutert ausführlich die Vor- und Nachteile einer unabhängigen GPK oder eines Gemeinderatsausschusses. Zusammenfassend hat ein von der Gemeindeversammlung auf Vorschlag der Parteien gewähltes Gremium den Vorteil der Unabhängigkeit, während ein Ausschuss von Gemeinderäten bereits über ein Vorwissen verfügt, das bei der Arbeit der Geschäftsprüfung (z. B. Analyse der Tätigkeit von Abteilungen) von Vorteil sein könnte.

Nachteile haben beide Systeme auch. Für die unabhängige GPK, welche gemäss Vorschlag der Vorlage aus sieben Mitgliedern bestehen soll, dürfte es schwierig werden, kompetente Mitglieder mit einem entsprechenden Flair bzw. Verwaltungswissen zu finden. Nur schon für die Fachkommissionen ist das schwer genug, wie die Erfahrung zeigt.

GRK machts

Ein Gemeinderats-Ausschuss hätte den Nachteil der höheren Belastung für Gemeinderäte und bisweilen fehlender Unabhängigkeit, insbesondere, wenn Gemeinderäte auch noch Kommissionsmitglieder sind.

«Wir sind uns bewusst, dass beide Systeme vor- und Nachteile haben», erklärt Stadtpräsident François Scheidegger. Deshalb habe man auch zwei Lesungen für die Vorlage vorgesehen. In einer ersten Lesung von morgen soll der Lösungsvorschlag der GRK diskutiert werden, welche sich selbst als Geschäftsprüfungskommission zur Verfügung stellen will.

Der Vorschlag mag Stirnrunzeln hervorrufen, ist aber nicht so abwegig, wie er zunächst erscheint. Bis ins Jahr 2000 bestand nämlich der «Ausschuss für Geschäftsprüfung» AfG. Dieser bestand aus vier Mitgliedern der GRK, welche damals noch aus sieben Mitgliedern bestand.

Kritik programmiert

Dennoch dürfte der Vorschlag Kritik hervorrufen. «Eine Rückkehr zu diesem System ist für mich undenkbar», meint etwa Gemeinderätin Nicole Hirt (GLP). «Die GRK sieht sich schon heute immer wieder Vorwürfen der Intransparenz und der Machtballung ausgesetzt, da wäre es falsch, sich auch noch diese Aufgabe zuzuschanzen.» Die Führung der Stadt mache sich damit nur noch mehr angreifbar. «Die Vorwürfe mangelnder Unabhängigkeit werden so bestimmt kommen», meint Hirt.

Sie sehe zwar, dass es schwierig werde, das Gremium mit unabhängigen Personen zu besetzen. «Man könnte sich diese Arbeit auch erleichtern, wenn der Ausschuss nur drei Mitglieder hätte», meint sie. Und sie selber, würde sie sich zur Verfügung stellen? - «Wenn mich jemand fragt - ja!».