Wir Stadtbummler sind gehalten, keine politischen Statements in unsere Kolumnen einfliessen zu lassen. Und trotzdem wage ich zu behaupten, dass jeder Stadtbummel auch eine politische Dimension hat. Wie das? Es hängt wie bei vielem mit der geänderten Wahrnehmung eines Begriffes seit seiner Bildung zusammen. Ursprünglich geht das Wort nämlich auf die griechische «Polis» zurück und meinte «all jene Dinge, die die Stadt betreffen». Der Stadtbummel ist also per se politisch, weil er über Geschehnisse, Begebenheiten etc. schreibt, die eben unsere Stadt etwas angehen.
«Diese Politiker sind doch alles Idioten.» Solche oder ähnliche Bemerkungen hat wohl beinahe jeder schon einmal gehört. «Na, na, wage ich da einzuwerfen, wenn dieser Ausspruch nur nicht auf seinen Absender zurückfällt.» Idiot bezeichnete in der «Polis» Personen, die sich aus öffentlichen-politischen Angelegenheiten heraushielten und keine Ämter wahrnahmen, auch wenn dies ihnen möglich war. Wer sich zum Beispiel während der Volksversammlungen öffentlich dem Nichtstun widmete, wurde bestraft. Zum Glück hat sich das geändert, denn, wenn man sich schon nur an der meist mageren Beteiligung während der Gemeindeversammlung orientiert, müsste in unserer «Polis» ein ganzes Heer von «Idioten» anzutreffen sein. Unsere 1.-August-Feier ist bekanntlich der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen.
Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ein kleines Trostpflästerchen liefern. Es stammt aus der Rede zur Bundestagsfeier im Jahr 1966 in Grenchen: «Es ist keine persönliche Leistung, in diesem Land zu leben, und es gibt keine menschlichen Qualitäten, die wir anderen Völkern voraushätten. Weder Freiheit noch Humanität sind Begriffe, die uns allein gehören. Eine persönliche und achtenswerte Leistung ist, an die Urne zu gehen und dort seine Meinung einzulegen ...» Diese Worte stammen von Peter Bichsel. Das Buch mit frühen Texten des Schriftstellers «Auch der Esel hat eine Seele» empfehle ich hiermit wärmstens.