Am Samstagabend vor einer Woche machten wir nach einem Spaziergang Halt in der Gaststube eines Restaurants in der Nachbargemeinde. Die Gäste wurden vorbildlich mit ausreichender Distanz auf die einzelnen Tische verteilt. Da huschte ein Mann, nicht mehr ganz jung, doch blond wie eh und je und mit einem verlegenen Lächeln an uns vorbei. «Der sieht aus wie Hansi Hinterseer», hörte man munkeln. Und tatsächlich, wie wir später erfuhren, trat der ehemalige Weltklasse-Slalom- und Riesenslalomfahrer an diesem Abend in einem Eventlokal in Grenchen auf.
Um 23 Uhr, als im angrenzen- den Kanton Bern alle Lokale schliessen mussten, stimmte der smarte Kitzbüheler vor begeisterten Fans sein erstes Lied an. Gemäss Berichten und Bildern in sozialen Medien vergass ein Teil der 200 Fans die rasant steigenden Covid-19 Ansteckungszahlen. Die Abstandsregeln vergessend tanzten, klatschten und sangen sie begeistert mit, als der Österreicher, der eigentlich Johann Ernst und nicht Hansi heisst, seine Ohrwürmer zum Besten gab.
Wie soll man so einen Abend eine Woche später beurteilen? Welches Risiko sind diese Leute für ein paar Stunden Spass eingegangen? Welchen Gefahren setzen sie sich und damit ihre ahnungslosen Freunde, Arbeitskollegen oder Familienmitglieder aus? Wir denken immer, Corona, das passiere nur den anderen. Genau solches unüberlegtes Handeln führt dazu, dass alle darunter leiden müssen, wie die neusten Massnahmen des Bundes und Kantons zeigen.
Ein Grenchner in den Regierungsrat? Mit der Kandidatur des Unternehmers Richard Aschberger hofft die SVP, zum ersten Mal Einzug in die Solothurner Regierung nehmen zu können. Mit einer anderen Partei im Rücken wären Aschbergers Wahl-Chancen deutlich höher. Trotzdem, einem berühmten in diesen Tagen um seine Wiederwahl zitternden Politiker hat Aschberger einiges voraus. Während Donald Trump mit juristischen Tricks bisher erfolgreich die Offenlegung seiner Steuerdaten verhinderte, legte Aschberger an der Nominierungsversammlung freiwillig seine definitive Steuerveranlagung mit seinem tadellosen Straf- und Betreibungsregisterauszug auf den Tisch. Ein sympathische Geste, mit der sich der Kandidat von anderen Politikern unterscheiden wird.
Weniger offen zeigte sich bereits zu Lebzeiten der King of Pop, Michael Jackson. Trotz seiner Erfolge wurde er wegen seiner Angst vor Krankheiten und dem ständigen Tragen von Schutzmasken oft belächelt und Opfer giftiger Satiren. Auch seine Kinder verdonnerte er zum Tragen des Gesichtsschutzes. Jackson prägte wie kaum ein anderer die Musikgeschichte der Neuzeit. Er gehörte zu den Ersten, die professionelle aufwendige Musikvideos produzierten, deren Kosten die Budgets vieler abendfüllender Spielfilme deutlich übertrafen. Jackson war seiner Zeit voraus.
Vielleicht war der vor elf Jahren verstorbene Ausnahmekönner nicht nur ein begnadeter Entertainer, sondern auch Virologe, der ahnte, was auf uns zukommen würde? Ganz sicher hätte er aber nicht am eingangs erwähnten Schlagerabend teilgenommen; nicht der Musik wegen, sondern aus Gründen der Vernunft.!