Grenchen
Während Isolation an Partys: 21-Jährige wehrt sich gegen Vorwurf

Der Kanton zeigte eine junge Frau an, weil sie während der angeordneten Isolation an Partys in Grenchen teilnahm. Nun wehrt sie sich per Anwalt und spricht von einem Missverständnis.

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280 Personen wurden Anfang Juli vom kantonsärztlichen Dienst in Quarantäne gesteckt. Dies nachdem sie am 27.Juni an zwei Partys in Grenchen womöglich in Kontakt mit einem Gast gekommen waren, der am Coronavirus erkrankt war und trotz Isolation in den Ausgang ging. Bei der Person handelt es sich um eine 21-jährige Frau aus Grenchen. Im Nachhinein meldete der Kanton eine Person, die sich im Zusammenhang mit den Veranstaltungen mit dem Virus ansteckte.

Den Vorwurf, sie hätte die Ansteckung zahlreicher Personen bewusst in Kauf genommen, weist die Frau und ihre Familie aber zurück, wie deren Anwalt Andreas Kummer mitteilt. «Die Berichterstattung über und die Reaktionen an meine Mandantin waren vernichtend», schreibt er. Die 21-Jährige nahm seinen Ausführungen zufolge zum Zeitpunkt der Partys an, nicht mehr ansteckend zu sein und will nun die Ereignisse richtigstellen.

Symptome für Angina gehalten

Sie habe am 16. Juni erste Symptome wahrgenommen, hielt diese aber zuerst für eine Angina. Am 22. Juni habe sie sich dann testen lassen, das Resultat sei positiv gewesen. «Die Arztpraxis gab als Zeitpunkt der ersten Symptome das Auftreten der Halsschmerzen am 21. Juni an», so der Anwalt.

Das Gesundheitsamt habe eine 10-tägige Quarantäne bis am 1. Juli verfügt. Die Frau habe sich «absolut kooperativ» verhalten und sei im steten Kontakt mit dem Gesundheitsamt gestanden. Am 24. Juni kam es zu einem Telefonanruf. Die 21-Jährige soll mit einer Mitarbeiterin des Contact Tracing telefoniert und diese informiert haben, dass sie keine Symptome mehr habe. Dabei soll sie auch erwähnt haben, wann die Symptome zum ersten Mal auftraten. Die Mitarbeiterin soll ihr darauf geantwortet haben, dass laut dem Bundesamt für Gesundheit die Quarantänefrist 10 Tage nach Auftreten der ersten Symptome ablaufe, somit am 26. Juni 2020. «Meine Mandantin durfte deshalb annehmen, dass von ihr am 27. Juni keine Ansteckungsgefahr mehr ausgeht, ansonsten sie das Haus nicht verlassen hätte», schreibt der Anwalt weiter.

Der Bund hat in dem Dokument «Covid-19: Anweisungen zur Isolation» festgehalten, wie sich Personen, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben, verhalten müssen. Zum Ende der Isolation zu Hause steht, dass Personen, die positiv getestet wurden, ihre Isolation zu Hause beenden dürfen «sobald 48 Stunden nach Abklingen der Symptome und seit Symptombeginn mindestens 10 Tage verstrichen sind». Es steht aber auch, dass die zuständige kantonale Stelle sich bei den Patienten melden und weitere Informationen bekannt geben wird.

Eine Untersuchung läuft

Nachdem die Grenchnerin letzte Woche vom Kanton angezeigt wurde, hat sie interveniert. Umgehend habe man beim Gesundheitsamt eine Untersuchung eingeleitet, welche noch in Gang sei, so der Anwalt.

Und was sagt der Kanton dazu?

Der Kantonsärztliche Dienst habe im Juni gegen die Person eine Isolation - bis und mit 1. Juli 2020 - angeordnet. «Diese Frist wurde nachweislich nicht eingehalten, worauf der Rechtsdienst des Departementes des Innern bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige einreichte», heisst es in einer Medienmitteilung, welche die Kommunikationsabteilung der Staatskanzlei am Montagabend verschickte. Verstösse gegen die angeordneten Quarantäne- und Isolationsmassnahmen können grundsätzlich in strafrechtlicher Hinsicht mit einer Busse bis zu 10'000 Franken bestraft werden.

Der Kanton bestätigt, dass der vom Anwalt geäusserte Vorwurf departementsintern überprüft werde. Anrufe ans Contact Tracing würden nicht aufgenommen. Weitere Auskünfte gibt es derzeit nicht, da es sich sowohl bei der Strafanzeige als auch bei der internen Überprüfung um laufende Verfahren handle. (ldu/rba)