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Boris Banga (SP) und François Scheidegger (FDP) kreuzten erstmals in aller Öffentlichkeit die Klingen. Beim Podium im Parktheater punktete der Stapi in Sachfragen, insgesamt ging aber keiner als klarer Sieger hervor.
Manch einer rechnete wohl gar nicht mehr damit. Doch am öffentlichen Wahlpodium im Parktheater, das von den Grenchner Parteien gemeinsam organisiert wurde, lief die Diskussion zwischen dem amtierenden Stadtpräsidenten Boris Banga und seinem Gegenkandidaten François Scheidegger für einmal nicht (mehr) aus dem Ruder.
Es wurde vor allem über Sachthemen diskutiert – heisse Eisen wie das Lingeriz oder den Windpark. Rund 150 Zuhörer kamen. Geschickt führte Journalist Marco Jaggi von der SRF-Regionalredaktion Aargau Solothurn durch das Gespräch.
Dennoch brauchte es zwei, drei Anläufe des Moderators, bis die Kandidaten die anfänglichen, gegenseitigen Anfeindungen aufgaben. Scheidegger fühlte sich nach dem Streitgespräch in dieser Zeitung «verunglimpft», kritisierte (einmal mehr) die Umgangsformen des SP-Stadtpräsidenten. Boris Banga konterte mit einem Zitat aus der Schlussrede des ehemaligen Stadtschreibers Scheidegger, in dem dieser sagte, er könne sich «persönlich keinen besseren Chef vorstellen».
Als hätte er es erwartet, schoss der Kandidat von FDP, SVP, CVP, GLP und BDP mit einem Zitat aus den Medien zurück, in dem von den «beträchtlichen Führungsproblemen» die Rede war. Die Vorwürfe an Banga blieben (einmal mehr) im Raum stehen. Im Tonfall blieb Scheidegger zwar ruhiger. Schnippisch aber waren beide.
Angesprochen auf den Südbahnhof, dessen Aufwertung in den Augen des amtierenden Stadtpräsidenten eine klare Priorität geniesst, sagte Scheidegger im zweiten Teil des Gesprächs, er sehe nicht, warum man dort unbedingt handeln müsste. «Der ist gar nicht so schlecht», so der FDP-Mann. «Der Südbahnhof ist sehr wohl ein brennendes Problem», entgegnete der Sozialdemokrat. Seine Aussage, dass schon wegen des Velodromes künftig Hunderttausende an den Bahnhof reisen würden, endete allerdings in ungläubigem Publikumsgekicher.
Beim Thema Windpark war man sich eher einig. Beide Kandidaten erklärten, dass sie das Projekt unterstützten – sowohl der derzeitige SWG-Verwaltungsratspräsident, wie auch der, der es noch werden könnte. Eine kritische Frage aus dem Publikum kam von Daniel Flury, der neben Philipp Ubeländer als Parteiloser ebenfalls für Stadtpräsidium kandidiert. Flury kritisierte die Verschandelung der Grenchnerberge und fragte, warum man nicht das Volk über den Windpark abstimmen lassen wolle? Über die Finanzen könne man nicht mehr abstimmen, erklärte Banga, da das Unternehmen verselbstständigt wurde.
Hin- und hergerissen erklärte sich François Scheidegger. Es sei schon ein Eingriff, aber er habe Vertrauen in die Umweltverbände. Boris Banga habe die Frage ja bereits sehr gut beantwortet.
Auf die Frage des Moderators zum von den bürgerlichen verhinderten Quartierkindergarten im Lingerizquartier folgerte Boris Banga, dadurch habe man eine Revitalisierung des Quartiers verpasst. Scheidegger erklärte wenig parteitreu: «Die Vorlage war eine Hauruck-Übung, aber: Als Vater finde ich persönlich: Das Quartier braucht einen Kindergarten.» Dafür erntete nun er den kräftigen Applaus.
Aus dem Publikum fragte die SP-Frau Clivia Wullimann, ob sich Scheidegger nicht hier und jetzt von der Aussage seines Parteipräsidenten Alexander Kohli distanzieren wolle, der davon sprach, man müsse im Lingeriz ganze Blöcke kaufen und abreissen. François Scheidegger allerdings verneinte, denn es sei ja bekannt: «Manchmal braucht es eben auch plakative Aussagen in der Politik.»
Auch über fehlende Einkaufsmöglichkeiten in der Stadt wurde diskutiert, die Ortsplanungsrevision oder – auf eine Frage von SVP-Kantonsrat Heinz Müller – den Flughafenausbau. Besonders in der Frage der Ortsplanungsrevision sass der erfahrene Stadtpräsident am längeren Hebel. Als Scheidegger noch erklärte, dass er ebenfalls von der Wirtschaft unterstützt werde, die übrigens auch seinen ganzen Wahlkampf finanzierten, sagte Banga: «Und ich zahle meinen Wahlkampf eben selber.»
Uneins waren sich die beiden in der Frage von Nadja Stampfli, die wissen wollte, was man für die serbelnde Jugendkultur machen wolle. Scheidegger fand, es müsse sicher etwas getan werden. Wobei Banga klarstellte, dass mit dem Lindenhaus allein bereits ein Angebot bestehe. Betreffend Ausgangskultur hatten aber beide keine Lösung. Während Banga (einmal mehr) auf das Velodrome als Teil aktiver Jugendförderung verwies, sagte Scheidegger schnippisch: «Ist bloss die Frage, ob sich das die Jugendlichen leisten können.» Immerhin habe man durch das Darlehen für die Kanalisationsarbeiten auch mehr ausgegeben als die versprochenen 2 Millionen.
Nach rund 70 Minuten war das Podium zu Ende. Keiner der Kandidaten ging letztlich als ganz klarer Sieger hervor. Selber waren beide mit ihrer jeweiligen Leistung sehr zufrieden. Und wohl nicht nur sie. Einige der Besucher jedenfalls blieben noch bis spätabends am Apéro im Parktheater.