Jubiläum
Vor hundert Jahren wurde in der Musikschule Grenchen noch ganz anders musiziert

Die Musikschule Grenchen feiert ihr 100-Jahr-Jubiläum. Seit der Gründung im Jahr 1914 hat sie sich immer weiterentwickelt: Gegenwärtig sind 300 Musikschüler angemeldet, die Instrumentalunterricht nehmen.

Nadine Schmid
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Die 1944 neu gegründete Knabenmusik Grenchen präsentierte 1954 an einem Knabenmusiktreffen in Solothurn ihre Uniform
12 Bilder
Wilhelm Steinbeck und das Schülerorchester am Schülerkonzert 1959
Vortragsübung
Spendenübergabe 2001
Konzert 2004
So wurde früher musiziert - die Musikschule Grenchen feiert dieses Jahr ihr 100-Jahre-Jubiläum
Perkussionsensemble beim Auftritt im Parktheater
Musikschulleiterin Christa Vogt und Jugendorchesterleiter Ueli Steffen
So bläst man die Querflöte
Musizierstunde 2011
Kammermusik im Bachtelensaal
Aus dem Grenchner Jahrbuch 2001

Die 1944 neu gegründete Knabenmusik Grenchen präsentierte 1954 an einem Knabenmusiktreffen in Solothurn ihre Uniform

diverse Bildautoren

Früher sah die Musikschule noch anders aus. Dies ergaben Recherchen von German Vogt, Historiker und Journalist. Auf Anfrage von Musikschulleiterin Christa Vogt, seiner Tochter, übernahm dieser die nicht gerade leichte Aufgabe, in den alten Schulkommissionsprotokollen des Gemeindearchivs zu graben und die Geschichte der Musikschule herauszuarbeiten.

Anlässlich des Umzugs der Musikschule in ein eigenes Gebäude an der Sternengasse verfasste er für die Ausgaben des Grenchner Jahrbuchs 2001 und 2002 je einen Artikel zu seinen Ergebnissen.

Wer vor hundert Jahren die Musikschule besuchen wollte, brauchte Talent. Deswegen konnten im ersten Jahrgang von zunächst 68 angemeldeten Schülern nur 40 bleiben. Gegründet wurde die Schule, da der Orchesterverein (heutiges Stadtorchester) und der Musikverein Helvetia einen Dirigenten benötigten und ebenso vorsahen, dass jener sich um den Nachwuchs kümmerte.

Die Wahl fiel auf Emil Irrgang, ehemaliger Musikdirektor aus Leipzig. In den ersten Jahren nahmen bis zu fünf Schüler gemeinsam an einer Unterrichtsstunde teil. Erst unter Nachfolger Karl Bock (1919 bis 1954 an der Musikschule) wurde der Einzelunterricht eingeführt.

Das Zusammenspiel verlor jedoch nie an Wert. Im Angebot standen Violine, Viola, Cello, Flöte und Klarinette. Die Schüler und Schülerinnen erlernten Werke von älteren und neueren Klassikern.

Man teilte die Schüler in zwei Gruppen ein: in eine «Bessere» und eine «Schwächere», wobei die «Bessere» zusätzlichen Unterricht in Musikgeschichte und -theorie erhielt. Damals stand der Musikschule nur ein Raum im Schulhaus III zur Verfügung.

Der Musikunterricht kostete im Jahr 10 Franken. Später wurde auf 100 Franken erhöht, als mehrere Angebote die Schule aufwerteten: Die Lehrerschaft wuchs, man hatte mehr Zimmer zur Verfügung und mehr Instrumente.

1986 wurde die Schule «modern»

Relativ spät, Mitte achtziger Jahre kam der Klavierunterricht dazu. Gleichzeitig gab es einen Wechsel, der den Weg für die moderne Musikschule öffnete: Ab 1986 war jeder Lehrer für ein Instrument zuständig.

Doch nur kurz darauf geriet die Musikschule wegen der Rezession in den neunziger Jahren in Existenznot. Anstatt die Schule zu schliessen, beschloss der Gemeinderat, den noch heute gültigen Sozialtarif einzuführen: Der Steuerbeitrag der Eltern war für den Preis, den die Eltern für ihr musizierendes Kind bezahlen mussten, entscheidend.

Damit wurden die Kosten massiv erhöht, was für einen tiefen Einschnitt sorgte: Innerhalb weniger Jahre sank die Schülerzahl von über 450 auf 321 Musikschüler. Christa Vogt, die seit 1999 die Musikschule Grenchen leitet, vermutet, dass dieser Tarif auf manche abschreckend wirke, denn die Musikschule sei sehr kostspielig: Eltern, die zwischen 3001 bis 3500 Franken Steuern zahlen, müssen pro Kind beispielsweise 645 Franken beitragen.

Doch auch weitere Faktoren könnten mitspielen, weshalb nicht mehr ganz so viele Kinder musizieren. «Seit der Einführung von Frühenglisch und Frühfranzösisch wird von den Eltern der volle Stundenplan als Grund angegeben», erklärt Vogt.

Generationen verschmelzen

Für ihr Jubiläum verfolgt die Musikschule Grenchen ein Motto: «Klein und Gross» sollen gemeinsam musizieren. Mit diversen Anlässen will man dies umsetzen: Vor einigen Wochen fand ein Generationenkonzert statt.

Die Jubiläumsmatinée vom 23. März ist die nächste Veranstaltung: Neben den Bläserensembles (Beginners Band, Juniors Band, Jugendmusik) werden auch weitere Musikschüler mitmischen.

Der Höhepunkt des Jubiläumsjahres bietet das Konzert im kommenden November: Das Stadtorchester wird gemeinsam mit aktiven und ehemaligen Musikschülern auftreten. Für diesen Anlass können sich ehemalige, interessierte Musikschüler beim Stadtorchester oder der Musikschule wenden.

Das Jubiläum regt auch an, über die Zukunft nachzudenken. Die Musikschule würde ihr Angebot gerne aufstocken, denn es zeichnet sich ein neuer Trend ab: «Es gab vermehrt Anfragen, ob wir auch Erwachsene unterrichten könnten», verrät Vogt.

In diversen Musikschulen, so auch in Luzern, existiere diese Form bereits. «Es wäre schön, wenn wir den Erwachsenenunterricht realisieren könnten.» Dazu bräuchte es allerdings die Zustimmung der Gemeinde.

Am kommenden Sonntag, 23. März, findet um 10.15 Uhr im Parktheater die Jugendmusik-Matinee statt. Freier Eintritt