Grenchen
Vom Plattenspieler bis zur Wohnung: Im Pfandleihaus ist fast alles zu haben

Seit eineinhalb Jahren können in Grenchen Gegenstände gepfändet werden. Dort befindet sich eines der wenigen Pfandhäuser der Schweiz.

Simon Berger
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Stefan Gautschi und Bruno Megaro betreiben eines der wenigen Pfandhäuser der Schweiz in Grenchen an der Centralstrasse.

Stefan Gautschi und Bruno Megaro betreiben eines der wenigen Pfandhäuser der Schweiz in Grenchen an der Centralstrasse.

Tom Ulrich

Ein Pfandleihhaus. Kling erst mal altmodisch. Und doch ist die Dienstleistung immer noch gefragt. Man braucht kurzfristig Geld und hat einen Gegenstand in petto, den man zurzeit nicht benötigt. Dieser Service ist seit eineinhalb Jahren in Grenchen zu finden. Die Firma «Pfandbox» in Grenchen ist eines der wenigen Pfandhäuser in der Schweiz.

Das Geschäft führen Stefan Gautschi und Bruno Megaro. Ein früherer Spediteur und ein Brockenstubenbesitzer. «In Deutschland und Österreich gibt es viele Pfandhäuser. Warum also nicht in der Schweiz?», stellten sich die beiden die Frage. Sie starteten das Geschäft in Biel, zogen aber aufgrund des schlechten Standortes nach Grenchen. «Zu Beginn war die Hemmschwelle der Leute sehr gross», stellt Gautschi im Nachhinein fest. Doch nach und nach begann das Geschäft zu laufen. Heute hätten sie viele Stammkunden. Nicht nur Grenchner, sondern Leute aus der ganzen Schweiz. Geschäftsleute, Arbeiter, Familienmütter. «Unsere Kunden kommen querbeet von überall», sagt Gautschi. Querbeet sind auch die Gegenstände, welche verpfändet werden. Betritt man den Laden an der Centralstrasse 96, findet man sich in einer Art Brockenstube wieder. Flachbildfernseher, Schrankmöbel, Plattenspieler, ein Coiffeurstuhl für Kinder. Alle erdenklichen Gegenstände sind hier zu finden.

Schnelles Geld zu tiefen Zinsen

Und wie funktioniert die Dienstleistung genau? Benötigt man Geld, gibt man den zu pfändenden Gegenstand im Laden ab. Dort wird der Wert der Ware geschätzt. «Die Wertgegenstände, die wir entgegennehmen, müssen einen reellen Verkaufswert haben», sagt Bruno Megaro. Danach erhält der Kunde 20-40 Prozent des vorher festgelegten Wertes Bar auf die Hand. In den nächsten drei Monaten – oder nach Absprache über einen längeren Zeitraum – wird der Gegenstand vom Pfandhaus aufbewahrt. Auf den ausgehändigten Geldbetrag werden monatlich 1 Prozent Zinsen, sowie 2.5 Prozent Bearbeitungs- Lager- und Versicherungsgebühren verrechnet. Der Kunde kann jederzeit den Betrag zurückgeben und den Gegenstand wieder nach Hause nehmen.

Je leerer der Laden, desto besser

«Fünfundzwanzig bis dreissig Prozent unserer Kunden bringen das Geld jedoch nicht mehr zurück», sagt Gautschi. Deren verpfändeten Gegenstände werden somit im Laden zum Verkauf angeboten oder im Internet versteigert. Dies gestalte sich oft als schwierig. «Wenn ich beispielsweise eine Drohne im Laden habe, kann ich diese für gutes Geld verkaufen. Kommt jedoch ein neues Modell auf den Markt, sinkt der Wert rapide», stellt Gautschi fest. Somit sei das Geschäft enorm von den Launen des Marktes abhängig. Je leerer der Laden der beiden Herren, desto runder läuft das Geschäft. «Im besten Fall kommen die Kunden nach drei Monaten wieder vorbei, geben den Beleihungsbetrag plus Zinsen zurück und nehmen den Gegenstand wieder mit», sagt Gautschi. «Das ist das Ziel, das wir anstreben.»

Schon beim Entgegennehmen des Gegenstandes werde dem Kunden klar gemacht, dass sich eine Pfändung nur für kurze Zeit lohnen würde. Denn auf lange Zeit wird es immer teurer. «Wir wollen fair sein zu unseren Kunden. Am Schluss sollen alle zufrieden sein», sagt Megaro. Beim Schätzen des Wertes der Gegenstände müsse man pragmatisch bleiben. Auch wenn dies hin und wieder nicht leicht falle. «Man hat manchmal auch mit Schicksalen zu tun», sagt Gautschi und erzählt von einer Frau, welche verzweifelt mit ihren zwei Kindern in den Laden gekommen sei, um ein Mobiltelefon zu pfänden. «In diesen Situationen würde man am liebsten viel Geld geben.»

Für die Zukunft sind die beiden Besitzer des Pfandleihhauses optimistisch. «Wir besetzen ganz klar eine Nische», sagt Gautschi. Von keiner Bank erhalte man so kurzfristig und günstig einen Kredit. Zudem lerne man von Tag zu Tag mehr, welche Geschäfte man eingehen soll und welche nicht. Teuerstes Objekt bisher: eine Eigentumswohnung.