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Sogar im Frühling konnten Kurse stattfinden. Die Volkshochschule Region Grenchen (VHS) ist ungewöhnliche Wege gegangen und blickt vor der neuen Saison zuversichtlich in die Zukunft.
Gymnastik im Wohnzimmer statt Aquafit im Schwimmbad und Französisch parlieren vor dem Computer. Für Heidi Eggimann, Leiterin der VHS-Grenchen-Geschäftsstelle, beinhaltete die erste Jahreshälfte die strengste Zeit mit der meisten Büropräsenz ihrer 18-jährigen Karriere.
Gerade die Distanzverordnungen haben ihr gezeigt, dass die VHS Grenchen ein Netzwerk mit grossem Zusammengehörigkeitsgefühl und starker Solidarität ist. Entsprechend erfreulich lässt sich der Start ins zweite Semester (August bis Januar) an. Freie Plätze gibt es noch in verschiedenen Bereichen.
Wie ist die Volkshochschule durch die Coronazeit gekommen?
Heidi Eggimann: Besser als erhofft. Die Sprachkurse, ausser Deutsch für Anfänger und die meisten Bewegungskurse wie Turnen und Yoga haben wir online durchführen können. Sogar für unsere treuen und langjährigen Aquafitgruppen haben wir mit einer Gymnastiktrainerin eine Lösung gefunden: Bewegungsübungen daheim auf dem Frotteetuch. Die meisten waren mit Feuereifer dabei. Es ist berührend, wie viel Dankbarkeit und Anerkennung uns die Teilnehmenden für das Engagement ausgesprochen haben. Für die Leute stellte ihr VHS-Kurs eine wichtige Verbindung zur Aussenwelt dar.
Und das alles mit der Geschäftsstelle im Homeoffice.
Das dachten wir zuerst auch. Doch es kam anders. Meine Kollegin Gaby Tissot und ich waren mehr im Büro als vorher. Das hat sich besser bewährt als die Arbeit von daheim aus. Nie zuvor in meinen 18 Jahren habe ich so viel Überzeit im Büro angehäuft wie jetzt. Meistens haben wir uns abgewechselt, doch ein Tag pro Woche waren wir beide da. Für die Zusammenarbeit ist das entscheidend, gerade wenn sonst nichts normal läuft.
Und wie sieht es finanziell aus?
Den Online-Unterricht für die durchgeführten Bewegungskurse haben wir den Teilnehmenden nicht verrechnet. Denn manche konnten mangels Mikrofon oder Kamera nur eingeschränkt teilnehmen. Für ausgefallene Kurse gibt es eine Vergütung respektive Gutschrift. Als wir das kommuniziert hatten, hat eine grosse Welle der Solidarität eingesetzt. Viele verzichten teilweise oder sogar ganz auf die Vergütung. Dennoch müssen wir auf unsere Reserven zurückgreifen. Als kleine Schule, die sich, abgesehen von Bildungsbeiträgen der Gemeinden, selbst tragen muss, hat uns die Krise empfindlich getroffen. Die Abrechnung des ersten Semesters ist noch im Gang. Doch zum Glück sieht es besser aus, als wir zuerst befürchtet hatten.
Können verpasste Kurse nachgeholt werden?
Wir haben uns seit den ersten Lockerungen im Mai bemüht, möglichst viele Kurse über den Sommer nachzuholen. Doch da stossen wir an Grenzen. So sind zum Beispiel noch immer nicht alle Hallenbäder wieder zugänglich, die wir fürs Aquafit benötigen.
Werden die Online-Aktivitäten künftig verstärkt?
Unsere Stärke besteht im Miteinander vor Ort. Die Teilnahme am Kurs ist ein soziales Erlebnis. Deshalb wäre ein Ausbau der digitalen Schiene nicht im Sinn unserer Kundschaft. Aber als es im Frühling nicht anders ging, haben selbst Leute, von denen wir das nie erwartet hätten, sich der digitalen Welt mutig gestellt und davon profitiert. Vertreten waren alle Altersgruppen von 20- bis über 80-jährig. Zentral für uns war eine Lösung, bei der die Kursteilnehmenden keine App installieren, sondern nur einen Link im E-Mail öffnen mussten. Deshalb haben wir auf Jitsi Meet gesetzt. Einzelne haben wir am Telefon angeleitet, bis sie ihre Gruppe auf dem Bildschirm hatten, und das hat gut geklappt.
Gab es aufgrund des Ausnahmezustands programmatische Anpassungen für das zweite Semester?
Nein, das Programm wurde so zusammengestellt wie immer. Bewegung und Persönlichkeitsentwicklung sind immer beliebt. Das gilt auch für Vorsorgefragen. Auch einen Unterschied zu früher konnten wir bei den Anmeldungen bisher nicht feststellen.
In welchen Bereichen gibt es neue Kurse?
Ein Beispiel ist der Abbau von Lampenfieber beim Auftritt vor einer Gruppe. Das wird von einer bewährten Kursleiterin angeboten und kommt gut an. Auch Rechtsfragen für Konkubinatspaare stossen auf grosses Interesse.
Wie viele Kurse werden jeweils angeboten, und was geschieht, wenn ein Angebot zu wenig Interesse weckt?
Pro Semester sind es etwa 120. Ungefähr 90 Prozent der Angebote kommen zustande, auch weil wir flexibel sind. Wenn die Gruppe kleiner ist als erwartet, können wir oft mit den Teilnehmenden reden und die Kursgebühr leicht erhöhen oder die Anzahl der Termine reduzieren. Manchmal kommt es vor, dass Themen, die anderswo der Renner sind, hier niemanden interessieren. Zum Beispiel Burn-out. Vielleicht hat das mit unserer kleinräumigen Struktur zu tun, und die Leute haben deshalb Hemmungen.
Ein Dauerbrenner ist das Kochen. Wie hat sich dieser Bereich in den letzten Jahren entwickelt?
Sehr gut. Die Leute probieren gern Neues aus – und besinnen sich auf Altbewährtes. So hätten wir im Frühling den Urdinkel-Brote-Kurs gleich mehrfach führen können. Dafür finden diese Kurse nun im Herbst statt.
Profitiert die VHS Grenchen vom Austausch mit anderen Volkshochschulen?
Mit der VHS Solothurn arbeiten wir gut zusammen. Sie führen in Grenchen im Auftrag des Kantons die Integrationskurse durch, was gelegentlich zu einer kleinen Verwirrung bei den Kursadressen führt. Auch die Unterstützung des VHS-Verbandes ist sehr hilfreich. Gerade in der Krise haben sie uns in Organisationsfragen sehr geholfen.
Hinweis: Das neue Programm wurde vor einigen Tagen in den Haushalten verteilt.