Industrie- und Handelsverband Grenchen
Verband feiert 77 Jahre - auf dem Podium bietet Maushart Wobmann Paroli

Der Industrie- und Handelsverband Grenchen und Umgebung feiert 77 Jahre. Dies, da man das 75-Jahr-Jubiläum verpasst hatte. «77 Jahre sind aber auch eine originelle Zahl», so Präsident Erwin Fischer.

Andreas Toggweiler
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Podiumsdiskussion mit (von links) Josef Maushart, Walter Wobmann, Werner De Schepper und Sven Zybell.

Podiumsdiskussion mit (von links) Josef Maushart, Walter Wobmann, Werner De Schepper und Sven Zybell.

Hansjörg Sahli

Erwin Fischer (Lengnau), der Präsident des Industrie- und Handelsverbands Grenchen und Umgebung (IHVG), gab es unumwunden zu: «Ich habe es als damals frisch gewählter Präsident vor zwei Jahren verpasst, das 75-Jahr-Jubiläum speziell zu begehen», sagte er anlässlich der nun nachgeholten Jubiläums-Generalversammlung. 77 Jahre seien aber auch eine originelle Zahl, weshalb man am Donnerstagabend ins Parktheater zu einem Jubiläumsakt einlud.

Immerhin bietet auch die aktuelle politische Entwicklung reichlich Gelegenheit, um das Szenario der IHVG-Gründung im Jahr 1937 in einer Podiumsdiskussion wieder aufzunehmen. Nebst der Diskussion mit den Gewerkschaften, «könnte man gewisse Themen von damals unbesehen auch heute auf die Traktandenliste nehmen», meinte Fischer nach einem Blick in die damaligen Protokolle. Hätten doch Fachkräfte und das Abwerben von «Spezialisten und Technikern von auswärts, gar aus dem Ausland» offenbar eine wichtige Rolle gespielt.

Die Industriellen beschlossen jedenfalls am 23. September 1937, die Probleme gemeinsam und körperschaftlich organisiert anzugehen. Dies war die Geburtsstunde des IHVG. Er hatte 46 Mitglieder (heute 87) und Adolf Schild war der erste Präsident.

EU wichtigster Exportmarkt

«Spannungsfeld Werkplatz Schweiz und EU» lautete denn auch die Affiche der Podiumsdiskussion mit den beiden Wirtschaftsführern Sven Zybell, Leiter Grenchen/Bettlach von DePuy Synthes, und Josef Maushart, CEO der Bellacher Fraisa SA und Präsident des Industrieverbands Solothurn Inveso, sowie mit SVP-Nationalrat Walter Wobmann. Die Fragen stellte der Journalist Werner De Schepper.

Maushart stellte dabei die besondere Rolle, welche der europäische Markt für die Schweiz spielt in den Mittelpunkt. «Die Schweiz tätigt 60 Prozent ihrer Auslandgeschäfte mit der EU», umriss er die Ausgangslage. Dies komme nicht von ungefähr, teile man doch eine gemeinsame Geschichte der Entwicklung von Rechtsstaatlichkeit. «Die Schweiz hat das europäische Gedankengut von allen europäischen Staaten am konsequentesten umgesetzt.»

«Aber mit dem Unterschied, dass bei uns das Volk immer das letzte Wort hat», wandte Walter Wobmann ein. Die EU exportiere mehr in die Schweiz als umgekehrt, begann Wobmann mit Zahlen zu operieren. «Aber für die EU bedeutet der Export in die Schweiz 1 Prozent der Wirtschaftsleistung, für die Schweiz sind es hingegen 20 Prozent», wusste Maushart geschickt zu parieren. Überhaupt glänzte der Unternehmer mit bayrischen Wurzeln mit grosser Faktenkenntnis und stringenter Argumentation. Die grösste Gefahr für die Schweiz ortet er ohnehin in der Währungssituation. «Wie lange kann die Nationalbank ihre Bilanz weiter so aufblasen, um den Franken zu stützen?»

Wobmann relativierte demgegenüber wiederholt die Bedeutung des EU-Raumes und empfahl, vermehrt mit Asien und Übersee zu geschäften.

Synthes behält alle Lehrlinge

Sven Zybell brachte die Sicht des internationalen Konzerns ein, dem diese Überlegungen nicht gerade einerlei, jedoch von untergeordneter Bedeutung sind. Zentral für dePuy Synthes seien Qualität und Effizienz in der Produktion und die Verfügbarkeit von Fachkräften. «40 Prozent unserer Mitarbeiter sind Ausländer», stellte er gleich zu Beginn klar. Eine Herausforderung für ihn ist, seine amerikanischen Chefs von der Lehrlingsausbildung zu überzeugen, was inzwischen mehrheitlich gelungen sei. «Zum ersten Mal können wir dieses Jahr auch alle Lehrabgänger in der Firma behalten.»

Die Lehrlingsausbildung war auch ein wichtiger Punkt in der vorangehenden 77. Generalversammlung. So wurde unter anderem einstimmig beschlossen, aus den Aktiven des IHVG 50 000 Franken ins Stiftungskapital zu transferieren, nachdem Stiftungspräsident Reto Kohli den Erfolg der regionalen Berufsbildungsmesse «IBLive» erläutert hatte, der allerdings auch ein Loch in die Kasse reisst. Die von Kassier Roland Schaller präsentierte Rechnung und das Budget wurden genehmigt. Verabschiedet wurde Renato Cervini, längjähriges Mitglied in der Personalkommission, sowie alt IHVG-Präsident Walter Sahli, der sich aus dem Vorstand zurückzog. Dieser wurde im Übrigen in globo bestätigt.