Velodrome Suisse
Velodrome-Projektleiter: «Ich habe nur ein Wort als Fazit: Freude»

Seit gut einem Jahr ist die Radrennbahn im Velodrome Suisse in Betrieb – ein Gespräch mit Projektleiter Beat Zbinden.

Oliver Menge
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Beat Zbinden hat sich für das Foto den für ihn bedeutsamsten Ort im Velodrome ausgesucht: Den Zielstrich auf der schnellen Bahn.

Beat Zbinden hat sich für das Foto den für ihn bedeutsamsten Ort im Velodrome ausgesucht: Den Zielstrich auf der schnellen Bahn.

Oliver Menge

Vor 13 Monaten, am 21. Juni 2013, wurde das Velodrome Suisse in Grenchen offiziell eröffnet, dies nach nur 13 Monaten Bauzeit. Seither ist die grosse Halle, welche das Gesicht Grenchens nachhaltig verändert hat, in Betrieb. Wir sprachen mit Beat Zbinden, Präsident des Verwaltungsrats Velodrome Suisse AG und Projektleiter der Stiftung Velodrome Suisse.

Beat Zbinden, inzwischen haben Sie ja keinen Arbeitsplatz mehr im Velodrome wie in den zwei vergangenen Jahren. Wie sieht Ihr persönliches Fazit aus?

Beat Zbinden: Ich habe nur einen Ausdruck dafür: Freude. Nicht «Freude herrscht», wie bei Herrn Ogi. Schlicht: «Freude». Alles, was ich mir zu Beginn dieses Projekts vorgestellt habe, ist eingetroffen.

Gibt es «Highlights, an welche Sie sich erinnern?

Mir kommen ungefähr zehn Bilder in den Sinn, Erlebnisse, die prägend und eindrücklich waren. Wie zum Beispiel, die erste Begegnung mit Andy Rihs, den ich durch Mike Hürlimann, den ehemaligen CEO von BMC, per Zufall kennen lernte und der mich zum Projektleiter machte. Oder wie wir sehr schnell die richtigen Leute für das Projekt fanden, auch die Richtigen, um den Laden später zu führen. Und wir sehen jetzt, dass wir richtig lagen und nun ein Super-Team zusammenhaben. Die Generalversammlung des TV Grenchen, an der es um das Nahbaurecht ging, da gab es grossen Widerstand. Und dennoch stimmte schliesslich eine grosse Mehrheit zu. Ohne dieses Ja würde das Velodrome zwar jetzt auch stehen, aber nicht in Grenchen. Auch das Kick-off-Meeting im Parktheater ist ein starkes Bild in meiner Erinnerung, so wie der Spatenstich, nachdem die Stimmbürger Grenchens den 2 Millionen zugestimmt haben. Ich erinnere mich gut an das flaue Gefühl im Magen, als ich danach von meinem provisorischen Büro auf das Baugelände blickte im Wissen, nur gerade 12 Monate Zeit zur Verfügung zu haben, auch um die Betriebsgesellschaft aufzubauen.

Dann kam der Winter ...

Ja und wie, ein Jahrhundertwinter: Zuerst bauen mit Volldampf und dann Baustopp, ein Monat lang Glatteis auf der Baustelle, die ständige Angst vor Unfällen. Zum Glück ist nichts passiert. Der gravierendste Zwischenfall war eine Bänderzerrung am Fuss, die sich ein Zimmermann von Bahnbauer Lütcken zugezogen hat. Bald darauf die Aufrichtefeier mit Bratwurst und Risotto bei widerlichsten wetterbedingten Umständen: Der Dank gebührte allen, voran den Handwerkern, ohne deren grossen Einsatz dies alles nicht möglich gewesen wäre, und allen um und am Projekt Beteiligten. Die grossen Lastwagen und Sattelschlepper, die mit den riesigen, vorgefertigten Dachelementen aus Holz auffuhren, waren sehr eindrücklich. Der Bau wuchs schnell und war aussen schon fast fertiggestellt. Innen hatten wir immer noch eine teilweise temporäre Baustelle, als bereits der erste grosse Anlass stattfand, die mia.

Hier gab es im Nachgang ja ziemlich grosse Kritik, die Sie einstecken mussten?

Wir haben alles eingehalten, was versprochen war. Die Verantwortlichen wussten vor Messebeginn, dass sie mit einem Strom-, Wasser- und Heizprovisorium rechnen mussten. Denn es wurde noch immer gebaut, die offizielle Eröffnung fand ja erst nach der mia am 21. und 23. Juni 2013 statt.

Und doch zog man seitens der mia-Verantwortlichen die Konsequenzen und verzichtete darauf, nochmals eine Messe im Velodrome durchzuführen. Stattdessen wurde die Grega aus der Taufe gehoben. Zufriedenstellend für Sie?

Dass die mia-Verantwortlichen das Handtuch geworfen haben, bedaure ich. Aber die Anzeichen dafür waren früher schon da. Wir haben schon im Vorfeld die Fühler ausgestreckt und wurden rasch fündig. Die Grega ging dann gut über die Bühne, aber wir haben – wie überhaupt bei allen Veranstaltungen – noch Verbesserungs- und Optimierungspotenzial. Sei es gastronomisch, im Bereich von Dienstleistungen etc.

Heisst das, Sie sind nur mässig zufrieden?

Nein im Gegenteil. Die Strategie ist ja aufgegleist und gegeben und als VR-Präsident schaue ich nur noch übers Geländer und bin operativ nicht mehr tätig. Wir stehen bei rund 90% unseres Potenzials diesbezüglich, und das ist sehr gut.

Wie sieht es finanziell aus?

Vom Bau her ist alles bezahlt, bis auf wenige Posten, für die noch keine Rechnung gestellt wurde. Vom Betrieb her haben wir für das erste Betriebsjahr einen kleinen Verlust budgetiert. Aber wir haben aus diversen Gründen, auch aus pendenten steuerlichen Vorabklärungen, noch keinen Abschluss machen können, doch es sieht so aus, als machten wir ein kleines Minus. Man muss aber bedenken, dass wir, durch die terminliche Verzögerung, bereits für Löhne, Infrastrukturkosten, Strom und anderes bezahlt haben, als das Velodrome noch im Bau war, und dies während eines Langjahres, das vom Herbst 2012 bis Dezember 2013 dauerte. Für die Zukunft sieht es befriedigend bis gut aus.

Das heisst, auch für die Stadt Grenchen lohnen sich die investierten 2 Millionen?

Auf jeden Fall! Viele haben finanziell zum Velodrome beigetragen, die Stadt, die Sportförderung, der Kanton Solothurn, der Bund (Baspo) und einige private Donatoren, allen voran Andy Rihs. Ihnen gebührt ein sehr grosser Dank. Man darf aber nie vergessen: Nach Berechnungen der Wirtschaftsförderung schaffen wir für die Region eine Wertschöpfung von rund 8 Millionen Franken pro Jahr, sei es durch Aufträge ans Gewerbe, Dienstleistungen, die wir beziehen oder liefern und Veranstaltungen, die im Velodrome durchgeführt werden können. Und es wurden rund 30 Arbeitsplätze im Velodrome geschaffen, die es ohne das Velodrome nicht gäbe. Das darf die Stadt Grenchen auch gerne zur Kenntnis nehmen.

In gewissen Bereichen musste man kräftig aufrüsten, Stichwort: miserable Akustik und mangelnde Beschallung. Verursachte das zusätzliche, nicht kalkulierte Kosten?

Nein, das war keine Überraschung für uns: Man hatte bereits im Vorfeld akustische Vorabklärungen gemacht, hatten aber keinen Benchmark zu einer vergleichbaren Halle, und wir wussten, dass Kosten zwischen 600 000 Franken und 1,4 Mio. auf uns zukommen werden. Aber wir haben beschlossen, zuerst einmal den Bau fertigzustellen und erst dann die notwendigen definitiven Berechnungen und Installationen vorzunehmen. Wir hatten, vom akustischen Standpunkt betrachtet, tatsächlich unzureichende Veranstaltungen. Im Tribünenbereich wurden 12 Lautsprecher, im Hallenbereich 28 Lautsprecher montiert. Dazu wurden an der Decke 150 Akustiksegel angebracht und die Nord- und Südseite innen mit Dämmplatten versehen. Kostenpunkt insgesamt: 600 000 Franken. Wir liegen also am unteren Ende der Vorausberechnungen und es sieht zudem noch hübsch und hell aus. Das Ergebnis ist heute sehr gut.

Wie sind die Aussichten für das Velodrome?

Gut, sehr gut sogar: Für 2014 ist man auf Kurs, wir haben sehr gute Buchungen, liegen zum Beispiel auch mit den Abos für Hobby-Fahrer über Budget. Dazu kommen die wiederkehrenden Veranstaltungen: Die Swatch hat bereits zugesagt, auch ihre nächste Generalversammlung im Velodrome abzuhalten, die Grega will wiederkommen, die Landi wird zwei Mal im Jahr ihre interne Verkaufsveranstaltung hier durchführen. Der Kanton wird auch in Zukunft das Lehrlingsturnen hier durchführen. Und Highlight in Sachen Radsport ist sicherlich die Track Cycling Challenge vom 27. und 28. August: 20 Nationen werden in Grenchen antreten. Es freut mich ausserordentlich, dass unsere Leute es in so kurzer Zeit geschafft haben, das Velodrome auch international zu etablieren. Zudem zeigt das Nationalkader (Swiss Cycling) der Bahnfahrer auf internationalem Parkett hervorragende Ergebnisse mit vielen Medaillengewinnen, wie in der vergangenen Woche an der EM in Portugal. Dies ist sicher auch auf die guten Trainingsbedingungen im Velodrome zurückzuführen.

Wie sieht Ihre eigene Zukunft im Velodrome aus?

Ich bin Verwaltungsratspräsident mit Freude, aber kein Sesselkleber. Wenn jemand mit besseren Ideen kommt, den Stiftungsrat von einem Wechsel überzeugt, dann kann ich gut loslassen. Aber bis jetzt steht man von der Stiftung her hinter mir. Und dieses Mandat verträgt sich auch gut mit meinen anderen Engagements in meiner Consultingfirma. Aber ein Projekt steht noch aus: Zusammen mit dem ehemaligen BMX-Weltmeister Roger Rinderknecht (Swiss Cycling) werde ich noch die BMX-Strecke in der Nähe der Tennishalle realisieren. Momentan sind das Projekt und der Antrag bei der Stadt in der Vernehmlassung. Wir erwarten bald eine Zusage. Kommt diese nicht, dann wäre das ein Super-GAU: Wir haben eine Million vom Bund (Baspo) zugesprochen erhalten, unter der Voraussetzung, dass wir diese BMX-Strecke noch bauen. Bauen wir sie nicht, fehlt auch die Million im Stiftungs-Budget Velodrome. Das Ziel ist es, im Frühling 2015 zu eröffnen.

Haben Sie noch andere Projekte?

Im Fürstentum Liechtenstein ist ebenfalls eine Radrennbahn geplant, ähnlich wie das Velodrome in Grenchen. Dort steht man momentan gerade am Punkt der Verhandlungen über den Boden, auf dem gebaut werden soll. Ich werde dort nur teilweise in beratender Funktion tätig sein, falls gebaut wird. Der Entscheid fällt voraussichtlich Ende Jahr. Dann gibt es noch zwei Mandate, die ich mit meiner Consultingfirma betreue. Und sonst hole ich das nach, was ich die letzten zweieinhalb Jahre verpasst habe: Wenn ich jetzt abends ins Bett gehe, dann bin ich müde vom Velo, auf das ich mich bei jeder Gelegenheit setze, nicht mehr vom Projekt Velodrome.