Grenchen
Uhrenzulieferer investierte wegen Swissness-Gesetz – nun droht Verzögerung

Der Grenchner Uhrenzulieferer Blösch ist sauer, weil Politiker versuchen, die Inkraftsetzung der neuen Swissness-Gesetzes mit härteren Swiss-Made-Regeln zu verschieben. Eigentlich will er zudem seine Kapazitäten ausbauen.

Franz Schaible
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Peter Blösch will «weiterhin in der Schweiz produzieren».

Peter Blösch will «weiterhin in der Schweiz produzieren».

Hanspeter Bärtschi

Peter Blösch versteht die Welt nicht mehr. «Im Sommer 2013 haben National- wie Ständerat die verschärften Swissness-Regeln mit grosser Mehrheit gutgeheissen», sagt der Unternehmer, der mit seinem Bruder Erich das Familienunternehmen Blösch in Grenchen in zweiter Generation leitet, unter anderem ein typischer Zulieferer der Uhrenindustrie. Das Referendum gegen das Gesetz sei nicht ergriffen worden und sogar die Gewerkschaften stünden dahinter. Und jetzt versuchten Politiker, die Inkraftsetzung zu verschieben. «Darunter leidet die Glaubwürdigkeit der Politik.» Und: «Für mich ist das nicht nachvollziehbar.»

Blösch meint damit namentlich die Rechtskommission des Nationalrates, welche Ende Mai mit Stichentscheid des Präsidenten eine Motion unter dem Titel «Eine praxistaugliche Swissness» einreichte. Darin wird die Aussetzung des Inkrafttretens des Gesetzes gefordert. Die Motion wird in der am Montag beginnenden Herbstsession im Nationalrat behandelt. Eine ähnliche Forderung wurde im Ständerat im Frühling abgelehnt, und der Bundesrat hat sich dagegen ausgesprochen, die Vorlage aufs Eis zu legen. Er hat diese Woche sogar die Verordnungen zur Swissness-Vorlage verabschiedet und die für die Uhrenbranche speziell geltende Verordnung in die Vernehmlassung geschickt.

Gegen schärfere Swissness-Bestimmungen wehren sich schon seit Jahren die IG Swiss Made, eine Gruppierung von 30 kleinen und mittelgrossen Uhrenfirmen, und der Schweizerische Gewerbeverband. Ihre Begründung: Zum Erreichen der höheren Hürde müssten mehr teurere Komponenten in der Schweiz eingekauft werden. Die Uhren im niedrigeren und mittleren Preissegment würden zu teuer, die Umsätze schrumpfen und Arbeitsplätze sind in Gefahr. Hinzu komme der Frankenschock, welcher die Uhrenfirmen zusätzlich massiv belaste. Und selbst wenn Uhrenfirmen mehr Teile in der Schweiz einkaufen wollten, wäre das schwierig. Es fehle die unabhängige Zulieferindustrie, welche die Uhrenhersteller mit Komponenten versorgt.

Wie schon zuvor die Grenchner Zeigerfabrik Estima (wir berichteten) wehrt sich nun auch Peter Blösch gegen diese Aussagen. Die Umsetzung des Gesetzes sowie der starke Franken seien zwar grosse Herausforderungen für die Uhrenzulieferer. «Aber wir sind bereit, für einen allfälligen Mehrbedarf die Kapazitäten auszubauen», sagt der bald 64-jährige Unternehmer. Es sei durchaus möglich, eine unabhängige Zulieferindustrie aufzubauen. Drei Jahre lang wurde über das neue Gesetz debattiert, in zwei Jahren soll es in Kraft treten mit einer zweijährigen Übergangsfrist. Tatsächlich werde die neue Regelung also erst ab 2019 Wirkung zeigen.

Die Tochterfirma W. Blösch AG produziert Zifferblätter und veredelt Uhrengläser und -gehäuse sowie weitere Uhrenbestandteile. «Im Hinblick auf mehr Swissness haben wir bereits höhere Summen in den Ausbau in der Schweiz investiert und beispielsweise die vor dem Konkurs gestandene Bieler Zifferblattfabrik Mérusa teilweise übernommen.» Eine Verschiebung des Gesetzes würde nach dem Wegfall der Wechselkursuntergrenze die Planungssicherheit noch weiter gefährden. Rund 65 Prozent erwirtschaften die Grenchner mit der Uhrenindustrie. Der Rest entfällt auf die Medtechbranche und die Präzisions- und Maschinenindustrie. Die in der Gruppe Blösch Corporation Inc. (BCI) zusammengefassten Firmen beschäftigen rund 450 Mitarbeitende, davon 250 im Grossraum Grenchen-Biel. In Tschechien betreibt BCI seit 25 Jahren zwei Fabriken mit 200 Angestellten, die vor allem für den tschechischen Markt Beschichtungen und Komponenten anbieten.

Der Geschäftsgang 2015 sei schwieriger geworden. Bislang sei man ohne Stellenabbau oder Kurzarbeit durchgekommen. «Wir wollen weiterhin in der Schweiz produzieren.» Deshalb befürwortet er vehement schärfere Regeln für die Swissness. «Eine starke und glaubwürdige Marke Schweiz nützt sowohl den Uhrenherstellern wie den Zulieferern. Swissness ist ihr Kapital, das es zu schützen gilt.» Dass ein Zifferblatt «Made in Switzerland» teurer sei als ein in Asien produziertes Teil, sei aufgrund der Arbeitskosten logisch. Letztlich entscheide der Konsument. Dieser sei laut Studien bereit, für ein Schweizer Produkt bis zu 20 Prozent mehr zu bezahlen. «Aber dann darf das Swiss-Made-Label nicht auf Uhren stehen, die – wie mit der heutigen Gesetzgebung möglich – mehrheitlich im Ausland gefertigt werden.»