An der Bahnrad-Veranstaltung der höchsten Klasse bekam das Publikum alles geboten, was das Herz begehrt: hochstehenden Sport, Spannung und Emotionen.
Grosses, emotionales Kino wurde dem Publikum gegen Schluss der zweitägigen Track Cycling Challenge, einer Bahnrad-Veranstaltung der höchsten Klasse des internationalen Radsportverbandes, im Tissot Velodrome geboten. Tristan Marguet, 22-facher Schweizermister, zweifacher Medaillengewinner an Europameisterschaften (unter anderem auch 2015 an gleicher Stätte) trat zu seinem letzten Rennen an. Im Zweier-Mannschaftsfahren (Madison) galt es, sich zusammen mit seinem langjährigen Partner Robin Froidevaux der starken Konkurrenz zu stellen.
Diese hatte dem Abtretenden zuvor noch mit einem Spalier die Ehre erwiesen, auf der Piste aber wurde man noch einmal zu sportlichen Kontrahenten. Zehn Runden vor Schluss des auf 120 Runden angesetzten Bewerbes lagen die Publikumslieblinge Kopf an Kopf mit dem zweiten Schweizer Paar Simon Vitzthum/Valère Thiébaud an der Spitze.
Dahinter lauerten die ungemein endschnellen Engländer Ethan Vernon/Oliver Wood sowie die Dänen Rasmus Pedersen/Matias Malmberg, die immerhin vor einigen Monaten Silber an Olympia und Gold an der EM in Grenchen geholt hatten. Nach dem Motto «Angriff ist die beste Verteidigung» zeigte Tristan Marguet in seiner typischen Art, tief über den Lenker gebeugt, wieso er den Übernamen «The Rocketman» trägt. Er bretterte mit Hilfe seines Partners und unter dem Jubel der zahlreichen Zuschauenden als Erster über die Ziellinie.
Sympathieträger Tristan Marguet erfuhr auch neben der Rennbahn einen würdigen Abschied. Franco Marvulli, Gegner, Partner und Freund, würdigte ihn als Spitzenathleten ebenso wie als zuvorkommenden, nahbaren Menschen. Das Velodrome-Team hatte einige Geschenke und Überraschungen bereit: etwa die Videobotschaften von ehemaligen Weggefährten wie dem Olympiazweiten und mehrfachen Weltmeister (zusammen mit Franco Marvulli) Bruno Risi.
Der 34-jährige Tristan Marguet wird zukünftig den Trainerstab von Swiss Cycling verstärken und somit weiterhin im Tissot Velodrome anzutreffen sein. Diesem wurde übrigens die Austragung der Europameisterschaft 2023 übertragen, wie am Rande der Veranstaltung zu erfahren war. Schon wieder, wird sich die eine oder der andere fragen. Dazu Velodrome-CEO Peter Wirz: «Wir hatten uns bewusst für 2023 zu unserem 10-Jahr-Jubiläum beworben und nun auch den Zuschlag erhalten.» Bekanntlich ist das Schweizer Nationalstadion dieses Jahr zusätzlich und kurzfristig für Minsk eingesprungen.
Zurück zur Track Cycling Challenge: Die Austragung stand wegen der anhaltenden Pandemie auch schon mal auf der Kippe, besonders als der Bund während einiger Zeit eine Quarantänepflicht bei der Einreise verhängt hatte. «Wir haben des Öfteren diskutiert in unserem Team. Uns war es wichtig, den Athletinnen und Athleten die bestmöglichen Bedingungen zu ermöglichen. Zum Glück hat das dann auch funktioniert», meinte Peter Wirz.
Die knapp 170 Fahrerinnen und Fahrer – davon etliche der Weltklasse – aus 26 Nationen von A wie Algerien bis U wie USA bedankten sich mit hochstehendem Sport und hielten die Zusehenden im stimmungsvollen Oval stets bei Laune. Sie kamen in den Genuss von dramatischen Duellen, taktischen Finessen, atemberaubenden Sprints, bekannten Siegesgesichtern wie spannenden Neuentdeckungen.
Dominant trat dabei das britische Team auf. Bei den Damen überragte die Schottin Neah Evans. Die Olympia-Silbermedaillen-Gewinnerin von Tokio (Mannschaftsverfolgung) gewann an Tag eins gleich alle vier Bewerbe, die sie bestritt (Punktefahren, Ausscheidung, Scratch und Madison) und war auch tags darauf in der Vielfältigkeitsprüfung Omnium nicht zu schlagen. Der 21-jährige Engländer Ethan Vernon (WM-Dritter Mannschaftsverfolgung) holte sich den Sieg im Omnium, im Elimination Race und im Scratch-Rennen.
Grandios die Leistung der erst 19-jährigen Marie-Divine Kouamé Taky. Die Französin gewann das Keirin-Rennen gegen stärker eingeschätzte und bereits mit Medaillen an Grossanlässen dekorierte Konkurrenz und im Sprint unterlag sie erst im Final der Italienerin Miriam Vece. Stark trat auch die Schweizer Delegation auf: Insbesondere Simon Vitzthum und Léna Méttraux begeisterten die Zuschauenden mit diversen Podestplätzen.