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Der Grenchner Toni Brechbühl wird heute Dienstag 95-jährig. Der ehemalige Galerist und Kunstförderer arbeitet immer noch jeden Tag.
Er ist noch fast jeden Tag für einige Stunden im Künstlerarchiv anzutreffen, erledigt dort weiterhin Archiv- Inventararbeiten, beantwortet Anfragen und freut sich, wenn sich jemand für ein Werk aus dem Fundus des Archivs interessiert. Nein, die gegenwärtige Hitze mache ihm nichts aus, meint Toni Brechbühl, als wir ihn in den «Gemächern» des Archivs an der Wiesenstrasse besuchen.
Heute wird der ehemalige Galerist und unermüdliche Kunstförderer 95-jährig, dies bei beneidenswert guter Gesundheit. Ohne zu übertreiben ist Toni Brechbühl der wohl wichtigste noch lebende Kunstförderer der Uhrenstadt: Er hatte Galerien in Grenchen, Biel, Solothurn und Paris, war Mitbegründer und erster Konservator des Kunsthauses, Mitbegründer der Triennale für Druckgrafik und des Künstlerarchivs. 1987 rief er die Auszeichnung «Chappelitüfel» ins Leben, eine Auszeichnung für «Grenchner Originale».
«Da konnte ich nicht verhindern, dass ich diese Auszeichnung selber auch bekam», erklärt Brechbühl und lacht. Dies war 2002 der Fall. Bereits 1980 erhielt er den Kulturpreis des Kantons Solothurn und 1992 dann denjenigen der Stadt. Er war auch im Kleintheaterverein und in der Literarischen Gesellschaft aktiv.
Seine 1948 gegründete Grenchner Galerie («Bilder-Gilde», später Galerie B) war «eine kulturelle Institution, ein Begegnungsort für schweizerisches und internationales Kunstschaffen», heisst es in einer Festschrift anlässlich des 90. Geburtstages von Brechbühl vor fünf Jahren. Namhafte Autoren wie Rolf Max Kully, André Kamber oder Klaus Fischer würdigten damals Brechbühls Verdienste.
Seit bald 70 Jahren ist Brechbühl mit der künstlerischen Produktion verbunden und er sammelt noch länger selber Kunst. So ist auch manches Werk aus seiner privaten Sammlung inzwischen dem Künstlerarchiv vermacht worden, wo inzwischen rund 3000 Bilder lagern, meist aus Nachlässen von Sammlern und Künstlern selber.
Die Türe zur Kunst habe er sich autodidaktisch geöffnet, erklärt Brechbühl, der in Grenchen aufgewachsen ist, ursprünglich Uhrmacher gelernt hat und sich in der Uhrenindustrie bis zum Prokuristen emporgearbeitet hatte. Die Beschäftigung mit Kunst sei zuerst sein Hobby, später sein Beruf geworden. Dabei habe er sich stets auch als Brückenbauer verstanden, indem er beispielsweise Künstler aus Paris in der Schweiz bekannt gemacht habe und umgekehrt.
Der Mensch, der hinter einem Werk stehe, habe ihn noch mehr interessiert, als ein Kunstwerk selber, gab Brechbühl früher einmal zu Protokoll. Selber hat er sich übrigens auch gelegentlich im Zeichnen versucht. «Doch ich habe zum Glück bald gemerkt, dass andere das viel besser können als ich.»
Die ersten Bilder kaufte er sich mit seinem Taschengeld, als 16-Jähriger: drei Aquarelle des Bielers Paul André Robert (1901–1977), der sich einen Namen als wissenschaftlicher Zeichner machte. Schon damals nahm Brechbühl Kontakt zum Künstler auf, weil er wissen wollte, wer hinter den Insektenzeichnungen steckt.
Reich werden könne man als Galerist nicht – heute schon gar nicht mehr, erklärt Brechbühl. Man habe in der Regel sogar mehr Kosten als Ertrag. Dass beispielsweise Grenchen schon lange keine Galerie mehr hat, hänge vor allem mit den industriellen Rahmenbedingungen zusammen. «Früher haben die Uhrenpatrons oft Kunst gekauft, für sich oder um die Büros zu schmücken. Das ist heute vorbei.»
Wehmut über längst vergangene Zeiten ist allerdings nicht spürbar, hat er doch für «sein» Künstlerarchiv noch viel zu tun. Gesammelt werden nämlich nicht nur Bilder und Plastiken, sondern auch Bücher, Kunstzeitschriften, Postkarten, Abzeichen, Medaillen. Hier hilft Jürg Rüegsegger, ehemaliger Bahnhofvorstand von Grenchen, mit, dass es mit der Erfassung und Archivierung vorwärtsgeht.
Allerdings ist noch nicht klar, wie lange das Künstlerarchiv noch in seinen Räumen, der ehemaligen Mitarbeiterkantine einer Baufirma, bleiben kann. Auf dem Gelände ist nämlich eine grosse Wohnüberbauung geplant (wir berichteten).
Heute ist aber zuerst einmal feiern angesagt. Der Stadtpräsident hat sich zum Besuch angemeldet und heute um 17 Uhr haben die Kollegen vom Kiwanis Club im Jagdhaus Lommiswil ein Festli vorbereitet. Und auch im Rahmen seiner Familie mit Enkeln und Urenkeln wird bestimmt auch noch gefeiert.