Startseite
Solothurn
Grenchen
Die Swatch-Generalversammlung ist der mit Abstand grösste jährliche Anlass in Grenchen. Sechs BGU-Busse transportierten 2987 Fahrgäste von den Bahnhöfen und 946 Personen vom Parkplatz zum Velodrome. Hier feierte die Firma, dass es wieder rund läuft in den Fabriken und Büros des grössten Uhrenkonzerns. Schweinisch rund.
Jedes Jahr sind es einige mehr. Diesmal waren es 3562 Aktionärinnen und Aktionäre der Swatch Group, die sich im Tissot Velodrome mit Nick und Nayla Hayek zusammen freuten, dass es der Uhrenindustrie und insbesondere der Swatch Group wieder gut geht. Zum fünften Mal fand die GV in Grenchen, dem «Maschinenraum» des Uhrenkonzerns statt, wo seit der Inbetriebnahme der Riesenhalle auch genug Platz für solche Anlässe ist.
Schon früh am Morgen holen jeweils die ersten Aktionäre ihr Geschenk, eine Swatch Uhr, ab, ohne an der GV teilzunehmen. Ab halb neun spuckt der Südbahnhof im Halbstundentakt grössere Menschenmengen aus, die sich zu Fuss auf den kurzen Marsch ins Velodrome machen oder vom BGU mit Sonderfahrten bis vor den Eingang chauffiert werden. Auf der Autobahnausfahrt stauen sich unterdessen die Fahrzeuge, die vom Verkehrsdienst stracks auf die Staadstrasse dirigiert und aufgereiht werden. Und wo ebenfalls ein BGU-Shuttle wartet. Inzwischen hat man den Grossanlass im Griff.
Viele Aktionäre kommen Jahr für Jahr, viele sind Pensionäre. Eine deutlich jüngere Dame studiert derweil die Auslagen der beleuchteten Schaukästen, wo die Swatch-Firmen ihre Produkte vorstellen. Während die meisten die Luxusuhren von Breguet & Co oder Bijoux von Harry Winston bewundern, betrachtet sie die Uhrwerke der ETA. «Mein Mann arbeitet eben hier als Mechanikermeister», erklärt Cornelia Kauz (50) aus Wyssachen im Oberaargau.
«Uhren sind einfach etwas Faszinierendes und hier stimmen Qualität, Leistung und Preis.» Sie gehe jedes Jahr an die Generalversammlung und finde gut, dass diese in Grenchen sei. Die Aktionärs-Swatch kommt in ihre Sammlung, die schon ziemlich umfangreich ist, wie sie durchblicken lässt.
Als Verwaltungsratspräsidentin Nayla Hayek um zehn Uhr vors Mikrofon tritt, strömen immer noch Leute herein. So voll war das Velodrome noch nie. Doch Pünktlichkeit muss sein, bei einer Uhrenfirma. Die GV verläuft reibungsloser als auch schon. Keine Diskussionen über Dividenden, Management-Vergütungen oder die elektronische Abstimmungsanlage. Diese möchten die Aktionäre offenbar nicht mehr missen, wie die Testfrage zeigt.
Hayek philosophiert – passend zum Sujet der Aktionärs-Swatch – über Sterne und ihren Einfluss auf das Schicksal. Dieses hat es gut gemeint mit der Firma und ihren 34 000 Angestellten, geht es doch seit gut einem halben Jahr wieder deutlich bergauf. So habe man im vergangenen Dezember den zweitbesten Monat in der Unternehmensgeschichte geschrieben, meinte die Verwaltungsratspräsidentin. – «Und 2018 geht es im gleichen Stil weiter. Wir werden ein gutes Jahr haben, umsatz- und auch gewinnmässig», sagte CEO Nick Hayek.
Wenn Grenchen der Maschinenraum der Swatch Group ist, ist Biel die Brücke. Dort wurde im vergangenen November der neue, spektakuläre Hauptsitz von Omega eröffnet und der Hauptsitz der Swatch AG werde Anfang 2019 folgen. «Das wäre ein Anlass, um einmal ein Aktionärsfest durchzuführen», stellte die Chefin in Aussicht.
183 Patente habe die Swatch Group 2017 eingereicht, ein Mehrfaches der Konkurrenz, berichtete der CEO weiter. Doch die Aktionäre interessierten sich primär für die nicht eingereichten Patente: diejenigen des Batterie-Entwicklers Belenos, auf dem grosse Hoffnungen ruhen. «Es braucht Zeit», vertröstete sie Nick Hayek.
Dafür konnte er die erste von einem Schwein designte Swatch-Kollektion ansagen (kein Witz!). «Pigcasso» heisst diese sinnigerweise und der Videobeweis folgte. Ob da die illustren bisherigen Swatch-Gestalter so glücklich darüber sind, bleibe dahingestellt. Doch das ist typisches Swatch-Marketing: verspielt und respektlos.
Nachdem einem besorgten Aktionär das Recycling seiner Renata-Hörgeräte-Batterie durch den Swatch-Chef persönlich versprochen war, alle Vergütungsmillionen durchgewunken und die Verwaltungsräte wiedergewählt, steckte sich Nick Hayek seine obligate Zigarre an und der Apéro riche winkte. «Eigentlich ist er ja ein schlechtes Vorbild mit seiner Zigarre», meinte ein Aktionär dazu.