Stiftung Schmelzi
Stiftungspräsident: «Psychische Erkrankungen können jeden treffen»

Ein Blick hinter die Kulissen der Stiftung Schmelzi, der Institution für Menschen mit psychischen Einschränkungen. Dort werden 160 Menschen mit einer psychosizialen Einschränkung von 100 Mitarbeitenden betreut.

Patric Schild
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Stiftungsratspräsident Lukas Bäumle im Garten der «Villa Grimm» in Grenchen.

Stiftungsratspräsident Lukas Bäumle im Garten der «Villa Grimm» in Grenchen.

Patric Schild

Mit gerade einmal 16 Wohnplätzen nahm im Jahre 1996 der Verein Wohnheim Schmelzi, der zwei Jahre zuvor gegründet worden war, seinen Betrieb in der alten «Grimm-Villa» an der Schmelzistrasse 21 in Grenchen auf. Heute, fast 20 Jahre später, ist der einst kleine Verein von damals zu einer grossen Institution für Menschen mit einer psychosozialen Einschränkung herangewachsen.

160 Insassen werden an sechs verschiedenen Standorten in Grenchen und einer Aussenstelle in Zuchwil von rund 100 Mitarbeitenden betreut. Aus diesem Grund erfolgte 2011 auch die Umwandlung in eine Stiftung, da dies juristisch besser abgesichert ist.

«Es kann jeden treffen»

Doch der junge Verein stiess zu Beginn nicht nur auf Gegenliebe. So hatte die Stadt bedenken, dass, durch das Wohnheim Schmelzi und die mit ihm hierherziehenden Klienten, die bereits strapazierten Ausgaben im Sozialbereich noch weiter belastet werden. Aber auch unter der Bevölkerung gab es Skepsis, wenn auch aus ganz anderen Gründen. «Die Leute fragten sich, weshalb unsere Patienten so «schön» wohnen sollten», erklärt Stiftungspräsident Lukas Bäumle.

Serie Strippenzieher

In einer Serie berichten wir über für Grenchen wichtige Institutionen, welche kaum Schlagzeilen machen, weil sie meistens im Hintergrund wirken, heute über die Stiftung Schmelzi, die sich um Menschen mit psychosozialen Einschränkungen kümmert.

Frühere Beiträge: Jugendkommission (13. Oktober), Bachtelen-Verein (25. August), Girard-Stiftung (20. August), Genossenschaft Parktheater (12. August), Bau- und Planungskommission (4. August), Stiftung Museum
(23. Juli), Kulturkommission (14. Juli).

Dass psychisch erkrankte Menschen gerade in einer ehemaligen Villa eines Uhrenbarons untergebracht wurden, empfanden damals viele Bürger als unnötig übertrieben. Doch auch mit anderen Vorurteilen hatten die neuen Bewohner zu kämpfen. «Anders als beispielsweise bei körperlich behinderten Menschen, sieht man den psychisch Erkrankten ihre Einschränkungen nicht an», erklärt der Stiftungspräsident. So wurde schnell auch der Ruf laut, dass diese Menschen doch normal arbeiten gehen könnten. Dabei wird gerne eine Tatsache ausser Acht gelassen: «Es kann jeden treffen», sagt Bäumle.

Mehr psychische Erkrankungen

Doch was sind das für Leute, welche durch die Stiftung betreut werden? Es sind Menschen, welche aus verschiedenen Gründen aus dem «sozialen Netz» gefallen sind. Stress, Scheidung, Alkohol, Drogen oder Arbeitslosigkeit sind dabei die häufigsten Ursachen.

Und die Tendenz zu solchen psychischen Erkrankungen sei dramatisch steigend, sagt der Stiftungspräsident, denn in der heutigen Welt muss immer alles schneller gehen. Es wird eine hohe Flexibilität gefordert und die Erreichbarkeit soll zu jeder Zeit gewährleistet sein. Die Konsequenzen daraus sind, dass es vielen Menschen nicht mehr gelingt ihre Arbeit auszublenden und sich zu regenerieren.

Selbstständigkeit fördern

Dies hat zur Folge, dass die Betroffenen ambulant oder stationär betreut werden müssen. Die Aufgabe besteht dann darin, die Klienten möglichst schnell zu rehabilitieren, also wieder in die Gesellschaft einzugliedern.

Dabei zeigen die neusten Entwicklungen, dass der Weg weg führt vom Stationären und hin zum Ambulanten. «Es soll nicht das Ziel sein, irgendwo im Grünen ein Haus zu errichten und die Patienten dort einzusperren und rund um die Uhr zu betreuen», sagt Bäumle.

Vielmehr soll selbstständiges Wohnen verbunden mit begleiteter Betreuung den gewünschten Erfolg bringen. Das ist nicht nur effizienter, sondern auch kostengünstiger. Trotzdem, der Kostenpunkt ist nicht zu unterschätzen, auch wenn das Wohnheim durch Beschäftigung im zweiten Arbeitsmarkt mit eigenen Arbeitsgruppen viel selbst zu erwirtschaften vermag.

Günstiger als in der Klinik

So betreibt die Stiftung Schmelzi beispielsweise die Wäscherei im APH Sunnepark. «Natürlich ist die ganze Sache nicht gerade billig, doch was wären die Alternativen?», fragt Bäumle. Der Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik käme den Steuerzahler pro Tag und Patient um ein vielfaches teurer als im Wohnheim. Ebenso wenig ist es eine Option die Betroffenen sich selbst zu überlassen, denn dann würden sie früher oder später auf der Strasse landen, was von der Gesellschaft genau so wenig goutiert werden würde.

Es hat sich viel getan seit der Gründung des kleinen Vereins von damals und der grossen Institution von heute. Nächstes Jahr soll das 20-Jahr-Jubiläum gefeiert werden. Doch noch immer befindet sich die Stiftung Schmelzi in einem stetigen Wandel und Prozess der Weiterentwicklung. «Das Schlimmste, was man machen kann, ist, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen», sagt der Stiftungspräsident.

Noch bis zum 11. November laufen die «7. Aktionstage psychische Gesundheit» im Kanton Solothurn. In Grenchen findet nach der Veranstaltung über psychisch belastete Eltern im Zentrum Sunnepark von gestern Abend noch eine weitere Veranstaltung der Aktionstage statt: «Männergesundheit: Eine vernachlässigte Perspektive» heisst eine Diskussionsveranstaltung mit Referat, die am 9. November um 19 Uhr im Heilpädagogischen Zentrum Bachtelen stattfindet. Weitere Anlässe: