Der Gemeinderat Grenchen hat in Sachen Planung eines neuen Verwaltungsgebäudes abrupt die Handbremse gezogen. Er sprach kein Geld, um das Siegerprojekt eines Architekturwettbewerbes weiter zu verfolgen.
Im Juni wurden die Resultate eines Architekturwettbewerbs an einer Ausstellung in der Aula Eichholz präsentiert. Das junge Zürcher Architekturbüro Zimmer Schmidt Architekten GmbH obsiegte dabei mit dem Projekt «remis», das einen separaten, zurückgesetzten Neubau neben dem bestehenden Hôtel de ville vorsieht. Für die Weiterbearbeitung des Projektes wurde zu Lasten der Investitionsrechnung 2015/2016 bereits ein Kredit von 300 000 Franken beschlossen, der nun aber nicht ausgelöst werden kann.
Zu gross war die Angst der bürgerlichen Mehrheit, die Projektkosten könnten steigen und steigen. Denn die in dieser frühen Phase geschätzten Kosten des Neubaus übersteigen mit 13,6 Mio. Franken den angestrebten Zielwert von 10,5 Mio. Franken bereits bei Weitem.
Eine Sparvorlage
Da nützte es auch nichts, wenn Stadtpräsident François Scheidegger und seine Chefbeamten von einer Sparvorlage sprachen. Das Ziel der Stadt ist es nämlich, mit dem Projekt Mietkosten für die verstreute Stadtverwaltung einzusparen. «Mieten ist doppelt so teuer wie kaufen», zitierte der Stapi dazu einen Titel in dieser Zeitung. Zugleich könne man auch das alte Stadthaus wieder auf Vordermann bringen. Nach neuster Datenlage ist offenbar auch geplant, die Kantonspolizei im neuen Gebäude einzuquartieren.
«Da bauen wir allein auf das Prinzip Hoffnung, einen wankelmütigen Kanton und tiefe Zinsen», meinte FDP-Fraktionssprecher Alexander Kohli. In der Tat hatte sich der Kanton schon einmal aus dem gemeinsam angedachten Projekt zurückgezogen. Wenn man jetzt 300 000 Franken für weitere Planungen ausgebe, komme man an einen «Point of no return», meinte auch CVP/GLP-Fraktionschef Andreas Kummer. «Deshalb jetzt lieber ein Ende mit Schrecken.» Ivo von Büren (SVP) kritisierte zudem, dass kein Architekturbüro aus Grenchen den Wettbewerb gewonnen hat. Die SVP bezweifle zudem die angekündigten Synergien.
SP-Fraktionschef Remo Bill wandte demgegenüber ein, dass nur weitere Planungen überhaupt die Möglichkeit böten, das Projekt zu redimensionieren, was zweifellos möglich sei. Vizepräsident Urs Wirth (SP) rief auf, visionärer zu denken. «Gerade in Krisenzeiten hat die Stadt immer wieder investiert und ist damit richtig gefahren.» Und Alexander Kaufmann (SP) rief auf, den Stimmbürgern wenigstens eine Wahl zu geben. «Das Projekt muss nämlich an eine Urnenabstimmung.»
Dass die Fraktionen relativ kurzfristig über die Vorlage entscheiden mussten, wie FDP-Fraktionschef Hubert Bläsi bemängelte, ist eine Tatsache, wurde es doch erst letzte Woche in der Bapluk behandelt. Nach einem von den Bürgerlichen eingeforderten Time Out stand der Vorschlag im Raum, 50 000 Franken zu bewilligen für eine Art «Abspeckplanung.» Das sei nicht mehr seriös, gab Clivia Wullimann (SP) zu bedenken und auch Stadtbaumeister Daniel Gäumann äusserte Zweifel, ob dieser Betrag für eine Überarbeitung wirklich genüge. Der Vorschlag von Clivia Wullimann, die Behandlung als erste Lesung zu betrachten, brachte da die rettende Lösung, die von einem diskussionsmüden Rat dankbar ergriffen wurde. Ob sie nur eine Scheinlösung für das zaudernde Gremium ist, wird sich allerdings zeigen müssen.
«Allerweltsheilmittel» 2. Lesung?
Schon zwei Stunden vorher hatte er sich nämlich mit 9 gegen 5 Stimmen bei 1 Enthaltung dieses neuentdeckten «Allerweltsheilmittels» bedient. Er war nicht willig, eine gute Million für neue Schulzimmerausstattungen zu sprechen, darunter 98 elektronische Wandtafeln à 13 000 Franken das Stück. Auch hier bleibt eine Entscheidung somit pendent, denn etliche zweifelten am Nutzen dieser Einrichtung, welche zudem von manchen Lehrkräften nur widerwillig genutzt werde. Wie eine überarbeitete Vorlage aussehen soll, blieb indes weitgehend offen.
Kein Systemwechsel
Klar mit 10 gegen 5 Stimmen war das Nein des Rates zu einem Systemwechsel bei der speziellen Förderung (vgl. Samstagausgabe). Jaqueline Bill, Ressortverantwortliche Spezielle Förderung, rief den Rat vergeblich auf, «nach pädagogischen Gesichtspunkten» zu entscheiden. In der überwiegenden Mehrheit der Gemeinden sei die integrative Förderung umgesetzt und akzeptiert, Grenchen werde sich anpassen müssen. Richard Aschberger (SVP) und Nicole Hirt (GLP) bezeichneten eine erneute Vorlage hingegen als Zwängerei. Der Rat werde nicht ernst genommen.