In Grenchen geht der Flugverkehr weiter zurück. Der Flughafen hat letztes Jahr rote Zahlen geschrieben. Die Zukunft der Flugsicherung ist ungewiss.
Mit 63'747 Flugbewegungen (Starts und Landungen), ist der Flugverkehr auf dem Flughafen Grenchen weiter im Krebsgang. Die Abnahme gegenüber dem Vorjahr betrug beträchtliche 7 Prozent. Dies ist dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht 2018 des Regionalflugplatzes Jura-Grenchen AG zu entnehmen. «Zusammengefasst war das Geschäftsjahr eine grosse, permanente Herausforderung – sachlich, finanziell, rechtlich und medial», schreibt Flughafen-Verwaltungsratspräsident Erich Blösch im Vorwort zum Jahresbericht.
Die Agenda des Uvek bezüglich Zukunft der Flugsicherung auf Regionalflugplätzen geht langsam in die entscheidende Phase. Erst letzte Woche fand in Grenchen eine mehrstündige Sitzung mit den Stakeholdern der Fliegerei in Grenchen statt - mit gemäss Informationen dieser Zeitung nicht weniger als fünf Vertretern des Bundesamtes für Zivilluftfahrt Bazl. «Jegliche Transparenz wird uns dabei vorenthalten – entgegen gegenteiliger Zusicherung der vormaligen Departementschefin selber», so Blösch weiter. Im Detail geht es um Angaben, auf welchen Grundlagen Skyguide ihre Rechnungen stellt und in welchen Bereichen Grenchen Leistungen verrechnet werden, die der Flughafen gar nicht beansprucht oder selber günstiger erbringen könnte.
Dies geht so lange gut, als der Bund die Rechnungen der Skyguide zahlt. Doch dies ist eben in Zukunft höchst unsicher. «Ob und mit wie viel Subventionen wir in Zukunft noch berücksichtigt werden, wird sich demnächst entscheiden», so Blösch. Der bereits stark reduzierte Flugsicherungsdienst, die fremdbestimmten Auflagen sowie die dem Flughafen übertragene Finanzierungsverantwortung zwischen Skyguide und Bazl hätten Grenchen besonders stark zu schaffen gemacht. «Wir mussten alles in Bewegung setzen, um den Flugbetrieb zu gewährleisten , den Instrumentenflug ausserhalb der ATC-Zeiten (Fluglotsenbetrieb) aufrecht zu erhalten und die Bazl-Beiträge zur Finanzierung der Skyguide-Rechnungen zu sichern.» Dies habe am Ende auch das Tagesgeschäft tangiert.
Obwohl die Flugbewegungen im vergangenen Jahr markant abgenommen haben, sind die Kosten für die Flugsicherung noch markanter gestiegen. Sie stiegen von 5,7 Mio. Fr. im 2017 auf 7,4 Mio. Fr. im Jahr 2018. Für Flughafenchef Ernest Oggier ist damit offensichtlich: «Die von Skyguide berechneten Kosten haben mit der Realität wenig zu tun. Sie werden pauschal, also unabhängig von der Anzahl Starts und Landungen erhoben und sind völlig intransparent, was wir schon seit Jahren monieren.» Man sei dieser Entwicklung mehr oder weniger ausgeliefert. Weil der Bund künftig nur noch Subventionen für Flugsicherung «im Bundesinteresse» leisten will, ist die Kostenentwicklung für den Flughafen nicht voraussehbar. Man hoffe, dass zumindest die Flugbewegungen zur Ausbildung von Piloten als subventionsrelevant angeschaut würden. Zwei Drittel aller Flugbewegungen in Grenchen sind nämlich Ausbildungsflüge.
Ein Beispiel, wie kompliziert der Anflug auf Grenchen geworden ist, erläutert Flughafen-Geschäftsführer Ernest Oggier: Seit 1973 ist der Airport Grenchen in der Schweiz ein beliebter Trainingsflugplatz, um die Kommunikation mit der Flugsicherung aktiv zu üben. «Nach der Einführung einer Radio Mandatory Zone RMC 2017 und einem täglichen Regimewechsel zwischen CTR und RMZ wurden wir durch Bestrebungen der Kostenreduktion in der Flugsicherung gezwungen, im Frühjahr 2018 zusätzlich den Flight Information Zone FIZ einzuführen», so Oggier. Die drei Abkürzungen CTR, RMZ und FIZ stehen dabei für drei Kontrollregimes. «Die Durchmischung von drei verschiedenen Lufträumen mit anderem Pilotenverhalten waren eindeutig zu viel», folgert Oggier. Mit anderen Worten: der komplizierte Luftraum über Grenchen hält die Piloten ab, den Flughafen anzufliegen. «Vor allem die von auswärts anfliegenden Flugschulen fehlen seit Frühjahr 2018 und beeinflussen den Geschäftsgang negativ.»
Dazu kamen Personalprobleme bei Skyguide selber. Obwohl beim Dienstleistungsprovider im Frühjahr zwei Flugverkehrsleiter für den Platz die Ausbildung aufgenommen hätten, sei es im Juni zu einem weiteren Abgang gekommen . «Im Juli und August waren wir gezwungen, am Sonntag und Montag ganztags den Airport ohne Flugsicherung zu betreiben», so Oggier weiter. Trotzdem habe man Spitzentage mit bis 380 Flugbewegungen und einem Verkehrsmix von Motor- Segel- und Helikopterflügen ohne nennenswerte Probleme bewältigt.
Bei den Flugbewegungen hat übrigens der Segelflug als einziger erneut leicht zulegen können und liegt nun mit rund 3000 Starts- und Landungen wieder auf dem Niveau von 2012. Stark zurückgegangen sind die Helikopterflüge auf etwa rund 1200. Die Passagierzahlen sanken insgesamt ebenfalls stark von 58'287 im Jahr 2017 auf noch 50'670.
Verkehrsmässig wurden die meisten Flugbewegungen in den Monaten April, Juli, August und September gezählt. Die Spitzen werden regelmässig in den Sommermonaten erreicht. Die Zahl der Instrumentenflugbewegungen betrug 4844.
Der Flughafen sieht aber auch einige Lichtblicke: Erich Blösch nennt dabei eine positive Entwicklung bei den Flugschulen, insbesondere bei der «European Flight Academy», der Ausbildungssparte der Lufthansa-Gruppe, welche in Zukunft fast doppelt so viele Flugschüler ausbilden werde. Auch die Zusammenarbeit mit der Rega, welche diesen August in Grenchen eine Ausbildungsbasis eröffnen will gehört zu den Highlights sowie die Aktivitäten der Elektrofliegerei, welche sich dieses Jahr wieder zur Smartflyer Challenge einfinden wird.
Finanziell schliesst der Flughafen mit einem Defizit von gut 85'000 Fr. ab, nach einem Gewinn von 34'000 Fr. im vergangenen Jahr. Der Deckungsbeitrag konnte, trotz weniger Flugbewegungen, um 48'000 Fr. oder 1.9% gesteigert werden. Dazu haben alle Bereiche wie Flugbetrieb, Treibstoffe und Mieten beigetragen. Demgegenüber musste eine deutliche Zunahme von 151'000 Fr. oder 9% im Bereich des Betriebsaufwands verzeichnet werden. Der Personalaufwand inklusive Flughafenassistenten stieg um 94'000 Fr. und der Verwaltungsaufwand um 54'000 Fr. Aufgrund der Investitionen von 585'000 Fr. liegen die Abschreibungen um 21'000 Fr. höher als im Vorjahr.