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Der Grenchner Stadtpräsidentent François Scheidegger hielt am Jahresrapport der Stadtpolizei einen flammenden Appell gegen die Einheitspolizei.
Anlässlich des Jahresrapportes der Stadtpolizei hielt Stadtpräsident François Scheidegger ein Plädoyer für die Beibehaltung der Stadtpolizei. Die Stadtpolizei aufzugeben, wie das unlängst die Stadt Olten beschlossen hat, ist für Scheidegger keine Option. «Wir sollten aus den Fehlern, die andere Kantone mit der Einführung einer Einheitspolizei machten, die nötigen Lehren ziehen», meinte der Stapi.
Eine lokale Verankerung der Polizeikräfte sei je länger je wichtiger; einerseits, weil die Polizistinnen und Polizisten mit allen Gegebenheiten vor Ort vertraut seien. «Sie kennen jeden Winkel und auch die meisten Pappenheimer.» Anderseits werde eine Vernetzung mit anderen Gemeindeaufgaben immer wichtiger: mit den Sozialen Diensten, mit der Bauverwaltung oder mit den Schulen. «Denken wir nur an die Drogenproblematik, Jugendgewalt oder Cybermobbing.»
Die Polizei werde so zu einem integrierenden Bestandteil des städtischen Lebens. Die kleinstmögliche Distanz zwischen politischer Führung und Bevölkerung führe zu grösstmöglicher Bürgernähe, weil die politisch Verantwortlichen für ihre Entscheide unmittelbar geradestehen müssen und den Schwarzen Peter niemandem zuschieben könnten. Das gelte auch für die Führung der Polizei.
Auch ein Blick über die Kantonsgrenzen zeige, dass die Berner Gemeinden mit der Einheitspolizei nicht zufrieden seien. «Die Stadt Biel hat den Vertrag mit der Kantonspolizei Biel gekündigt, und auch der Gemeindepräsident von Lyss hat sich mir gegenüber kritisch geäussert: die polizeilichen Dienstleistungen seien teuer, vor allem habe man als Gemeinde kaum mehr Einfluss auf die Polizeiarbeit.»
Anderseits habe sich der Kommandant der Solothurner Kantonspolizei Thomas Zuber lobend über die Zusammenarbeit der Kapo mit der Stapo Grenchen geäussert. Dies sei nicht zuletzt ein Verdienst von Kommandant Robert Gerber, denn gute Zusammenarbeit sei eine Führungsaufgabe.
Der Polizeikommandant, der im abgelaufenen Jahr sein 25-Jahre-Jubiläum bei der Stadtpolizei (davon 20 Jahre als Kommandant) feiern konnte, meinte demgegenüber, er sei «einer der glücklichsten Polizeikommandanten im Land. Denn ich muss keine Budgets für Bussen aufstellen, wie das inzwischen vielerorts gang und gäbe ist.»
Aus Anlass seines persönlichen Jubiläums blickte Gerber auf die Polizeiarbeit vor 25 Jahren zurück, als Polizisten noch schwarze Lederjacken und einen steifen Hut trugen, kein Handy hatten, das Fahndungsregister ein monatlich erscheinendes Buch war (der sogenannte «Zeller») und Polizeirapporte mit drei Durchschlägen auf der Schreibmaschine geschrieben wurden. Littering sei damals praktisch nicht vorgekommen und der Ausländeranteil der Stadt betrug 1989 18,6 Prozent (heute 32,5). Gerber betonte, dass das «Produkt Sicherheit» nicht für alle dasselbe bedeute. Trotz einer Entwicklung zur 24-Stunden-Gesellschaft sei aber Grenchen insgesamt eine sichere Stadt geblieben. Dank grosser Präventionsanstrengungen hätten gewisse Delikte sogar abgenommen. Der sprunghafte Anstieg der Einbrüche nach Eröffnung der Autobahn sei inzwischen Geschichte. Für 2014 verzeichne man rund 130 Einbruchdelikte (2006 waren es 220).
Hugo Kohler, Kommandant stv., präsentierte weitere (provisorische) Zahlen zur Grenchner Polizeiarbeit. So wurden 2014 384 Strafanzeigen wegen Verkehrsdelikte gezählt, davon 132 wegen Geschwindigkeit, 40 wegen Alkohol, 11 wegen Drogen und 7 wegen PW-Entwendung. Die gemeldeten Fahrzeugdelikte (Velodiebstähle) haben von 30 auf 40 zugenommen. In der Region wurden 28 Verkehrsunfälle aufgenommen.
Im Sicherheitsbereich wurden 418 Strafanzeigen registriert, davon 108 wegen Diebstahl, 69 Einbrüche, 58 Sachbeschädigungen, 24 Tätlichkeiten, 22 Einschleichdiebstähle, 21 Fahrzeugaufbrüche und 17 Drohungen; ferner 28 Betäubungsmitteldelikte, 20 wegen Trunkenheit oder Ruhestörung, 16 Verstösse gegen das Wirtschaftsgesetz und 3 im Bereich Tierschutz;
46 Personen wurden in Polizeigewahrsam genommen, 26 fürsorglich untergebracht; dazu kamen 31 Gefährdungsmeldungen Kesb und 14 Einsätze wegen Häuslicher Gewalt. 21 Mal wurden Personen weggewiesen, vor allem Bettler. Im Präventionsbereich führte die Polizei verschiedene Anlässe durch, so zum Thema Skimming, gegen Jugendgewalt, diverse Quartiersprechstunden und mit Zauberer Orsani zum Thema Trickdiebstähle.
Stadtpräsident François Scheidegger konnte am Rapport ferner drei Polizisten befördern: Kilian Messerli zum Wachtmeister mit besonderen Aufgaben, Marco Regolo zum Wachtmeister mit besonderer Verantwortung und Sandro Pestoni zum Gefreiten. Neu im Polizeikorps angestellt wurden Thomas Gerber und Christoph Rüegger.
Als Referent konnte die Polizei Markus Gygax, Kommandant der Schweizer Luftwaffe von 2009 bis 2012 verpflichten. Dieser erläuterte die Aufgaben der Luftwaffe in Friedenszeiten, insbesondere das Abfangen von nicht identifizierten Luftfahrzeugen, die von der zivilen Luftraumüberwachung gemeldet werden. Ferner erklärte er, mit welchen Mitteln die Sicherheit am Weltwirtschaftsforum WEF in Davos gewährleistet wird.