Grenchen
Stadtpolizei kämpft mit aggressiven Bettlern und steigenden Anforderungen

Beim Korpsrapport der Polizei Stadt Grenchen weist Kommadant Robert Gerber auf wachsende Anforderung hin und kritisiert gleichzeitig die Bundespolitik.

Patrick Furrer
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Gastreferent Jürg Noth vom Grenzwachtkorps war früher selbst Polizist und kennt deren Sorgen. HP. Bärtschi

Gastreferent Jürg Noth vom Grenzwachtkorps war früher selbst Polizist und kennt deren Sorgen. HP. Bärtschi

«Jeder macht, was er am besten kann», tadelte Stadtpolizeikommandant Robert Gerber am Korpsrapport vom Dienstag die Politiker auf Bundesebene. Weil die Ressourcen nicht entsprechend zunähmen, müsse die Polizei heute teils undankbare Prioritäten setzen. Zuvor hatte Gerber ausgesuchte Polizeimeldungen aus den Medien präsentiert, in denen es um steigende Kriminalität im Asylbereich ging. «Damit haben wir zu tun.» Und was machten National- und Ständerat? «Sie kümmern sich lieber um das Verbot der Plastiksäcke», mahnte er.

Dass auf lokaler Ebene die Polizei aber genügend politischen Rückhalt geniesse, betonte Stadtpräsident Boris Banga in seiner Rede. Die Polizei Stadt Grenchen geniesse zurecht hohes Ansehen in der Bevölkerung. Er sei froh, dass man im Budget 2013 im Bereich Sicherheit nicht allzu stark kürzen musste.

Diebische Bettler unterwegs

Gegen 40 Gäste und 20 Korpsangehörige nahmen an der zweistündigen Versammlung teil. Darunter Kantonsratspräsidentin Susanne Schaffner, Hans Kübli (Gemeindepräsident Bettlach), oder auch François Scheidegger (FDP-Stadtpräsidentkandidat) und die Mitglieder der Gemeinderatskommission.

Polizeichef-Stellvertreter Hugo Kohler blickte auf die Polizeiarbeit im vergangenen Jahr zurück: Gesamthaft 964 Strafanzeigen wurden erfasst, wobei die definitiven Zahlen noch nicht ausgewiesen sind. Im Bereich Verkehr sind die Anzeigen zurückgegangen, während sie im Bereich Sicherheit von 542 auf 561 zugenommen haben – was auch darauf zurückzuführen ist, dass die Polizei ihre Prioritäten geändert hat.

In letzter Zeit wurden vermehrt «aggressive Fälle von Betteln» beobachtet, sagte Kohler. Oftmals steckten Osteuropäer dahinter. Die Polizei vermutet einen Zusammenhang mit einer Reihe von Trickdiebstählen. Insgesamt 143 Diebstähle zählte die Stadtpolizei 2012. Im Weiteren: 67 Sachbeschädigungen, 29 PW-Aufbrüche, 28 Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz, 20 Schlägereien und ebenso viele Verstösse gegen das Ausländergesetz, schliesslich 14 Drohungen. Es gab 403 Strafanzeigen wegen Verkehrsdelikten, die meisten davon gehen auf Verkehrsunfälle und Fahren ohne Führerschein zurück.

Eine interessante Zahl präsentierte auch Kommandant Robert Gerber. Es wurde festgestellt, dass die Gesamtkriminalität in Grenchen durch den Autobahnanschluss um 20 Prozent gestiegen ist. Veränderungen in der Gesellschaft fordern die Polizei immer stärker. Prävention bleibt wichtig. Regelmässig veranstaltet die Stadtpolizei daher Präventionsanlässe.

Kampf an der Grenze

Das Gastreferat hielt Jürg Noth, Komandant des Schweizerischen Grenzwachtkorps und Herr über rund 2000 Grenzwächterinnen und Grenzwächter. Noth lieferte nebst grundsätzlichen Infos zu Aufgabe und Arbeit der Grenzwache auch aktuelle Informationen. Ein Ausschnitt: Fast 20000 Widerhandlungen gegen das Zollgesetz wurden innerhalb eines Jahres verzeichnet.

Eine enorme Zunahme habe man gerade in letzter Zeit bei der illegalen Einfuhr von Potenzmitteln festgestellt. Der Stoff, aus dem gute Krimis sind. Im Dezember beispielsweise wurde am Genfer Flughafen ein Mann ertappt, der in der Doppelwand seines Rucksackes 3 Kilogramm Kokain schmuggeln wollte. Genf sei momentan ein Hotspot.

Schmuggel, Kriminalität und illegale Einreisen sind für das Grenzwachtkorps fast überall an der Tagesordnung. Im Tessin herrsche eine Migrationswelle, wegen der er die Truppen habe verstärken müssen, erklärte der Chef Grenzwachtkorps. Froh sei er über die Unterstützung des Bundes und die gute Zusammenarbeit mit den Kantonspolizeien, wobei er die Kapo Solothurn speziell herausstrich.

Zu Schengen und dem «Sonderfall Schweiz» schliesslich meinte Jürg Noth, er sei grundsätzlich für Schengen – aber nur, wenn sich die Situation nicht weiter verschlechtere. Schon heute hat das Grenzwachtkorps aufgrund der offenen Grenzen in den Nachbarländern grosse Probleme, die Landesgrenze vor Eindringlingen zu schützen.