Stadtpolizei Grenchen
Stadtpräsident François Scheidegger: «Der Zug ist bereits am 16. November 2021 losgefahren»

Grenchens Stadtpräsident François Scheidegger wehrt sich gegen Behauptungen der GLP, die Stadt wolle das Volk bei der Stadtpolizei aushebeln. «Planungsbehörde ist nun mal der Gemeinderat», unterstreicht er.

Andreas Toggweiler
Drucken
Kommandant Christian Ambühl beim Bezahlen mit Twint: Die Parkraumbewirtschaftung bleibt Aufgabenbereich der Stadtpolizei.

Kommandant Christian Ambühl beim Bezahlen mit Twint: Die Parkraumbewirtschaftung bleibt Aufgabenbereich der Stadtpolizei.

Oliver Menge / D5

«Wie den Medien entnommen werden konnte, will der Gemeinderat der Stadt Grenchen auf Begehren der Gemeinderatskommission (GRK) die Stadtpolizei Grenchen abschaffen», schreibt die GLP Grenchen-Bettlach-Selzach in einer Medienmitteilung.

«Eine Stadt wie Grenchen braucht eine Stadtpolizei, für diese liegen nämlich die Interessen der Stadt im Fokus. Es kann rasch und unkompliziert gehandelt werden. Das Korps kennt die Stadt und die Menschen am besten», schreibt die GLP. Zukünftige Sicherheitspositive (zum Beispiel für das Grenchner Fest oder die MIA) müssten von den Veranstaltern eingekauft werden. Hohe Kosten und langwierige Prozesse seien zu erwarten.

«Aus der Idee einer Verschlankung des Korps zimmerte die GRK deren Abschaffung», so ein Vorwurf der GLP in der Medienmitteilung. Auch eine anfänglich diskutierte Urnenabstimmung sei von der GRK «eigenmächtig unter den Tisch gekehrt worden». Das sind happige Vorwürfe.

Schlechte Erfahrungen mit dem Kanton

«Das Stimmvolk soll bewusst aussen vor bleiben!», folgert die GLP. Und weiter: Unter dem Vorwand des Sparens werde die Sicherheit der Stadt Grenchen in die Hände des Kantons gelegt. Dabei habe man schon öfters mit dem Kanton schlechte Erfahrungen gemacht. Stichwort Spital oder weitere Amtsstellen.

«Die GLP vertritt dezidiert die Meinung, dass das Begehren zur Abschaffung der Stapo vom Stimmvolk zu entscheiden ist. Wir werden alle politischen und rechtlichen Mittel prüfen und einsetzen, um dem Stimmvolk diese Möglichkeit zu bieten», heisst es in einem konfrontativen Ton am Ende der Medienmitteilung.

Scheidegger: «Das ist Polemik»

«Das ist populistische Polemik», meint Stadtpräsident François Scheidegger. Wer die Vorlage lese, sehe, dass es keinesfalls um die Abschaffung der Stadtpolizei gehe, sondern um eine Redimensionierung. «Die Stadt wird weiterhin ein grosses Spektrum von ortspolizeilichen Aufgaben abdecken und dafür auch Stellen schaffen», betont Scheidegger. Und auch die Sicherheit bleibe gewährleistet, indem das Gros der Grenchner Polizisten von der Kapo übernommen werde. «Sie werden künftig auf einem Posten arbeiten, der in Grenchen noch zentraler gelegen ist.»

Francois Scheidegger, Stadtpräsident Grenchen.

Francois Scheidegger, Stadtpräsident Grenchen.

Hansjörg Sahli

«Es hat einen Grund, warum von den 107 solothurnischen Gemeinden nur noch zwei eine eigene Polizei haben, wobei Olten die ihrige auch nur verkleinert hat und weiterhin hoheitliche Aufgaben ausführt – so wie wir das künftig auch vorhaben», meint Scheidegger weiter. Es gebe nun mal Bereiche, Stichwort Sicherheit und Verbrechensbekämpfung, wo die Kantonspolizei professioneller arbeiten könne. Dies habe das Gros des Grenchner Gemeinderates eingesehen.

Spar-Workshops zeigten Handlungsbedarf

Und dann komme auch noch der finanzielle Aspekt – ein wichtiger Grund, warum die Redimensionierung der Stapo schon früh in den Fokus rückte, wie Scheidegger erklärt. Dies sei auch bereits in den Spar-Workshops im Frühjahr klar gewesen. Denn eine eigene Stadtpolizei mit eigener Ausbildung, Kommando und Infrastruktur koste die Stadt eine grosse Stange Geld, das andernorts fehle. Insbesondere, wenn die Sicherheit eigentlich eine Kantonsaufgabe sei.

Die Unterstellung, man wolle die Polizei-Vorlage am Volk vorbeischmuggeln, will Scheidegger auf keinen Fall gelten lassen. Er betont, dass er persönlich am liebsten eine Volksabstimmung zur Materie durchgeführt hätte, obwohl dies in der Grenchner Gemeindeordnung nicht vorgesehen sei. Der Stadtpräsident erklärt:

«Die Durchführung einer Konsultativabstimmung wurde seitens des Kantons nicht erlaubt, obwohl ich eine Ausnahmebewilligung beantragt hatte.»

Sie wäre insbesondere während des Regimes der Covid-Verordnung möglich gewesen, doch ist diese Regelung heute nicht mehr gültig.

»Der Zug ist abgefahren»

Scheideggers Fazit: «Wenn die Politik den Prozess hätte stoppen wollen, dann wäre der vergangene 16. November der richtige Zeitpunkt gewesen.» Der Rat habe aber mit 13 gegen 2 Stimmen der Kündigung des Zusammenarbeitsvertrages mit der Kantonspolizei zugestimmt.

Der Stadtpräsident unterstreicht einmal mehr, dass der Gemeinderat die Verantwortung trage. «Planungsbehörde ist der Gemeinderat, nicht die Gemeindeversammlung.» In diesem Sinne sei es nicht klar, was mit einer Unterschriftensammlung erreicht werden soll: «Der Zug ist längstens am Rollen und alle waren sich einig, dass der Prozess möglichst rasch gehen soll, damit die Phase der Verunsicherung beim Personal möglichst kurz ist.»

GLP-Ersatzgemeinderat Patrick Crausaz, der als Kontaktperson zur Medienmitteilung bezeichnet ist, betont, es gehe sehr wohl um eine Angelegenheit der Gemeindeversammlung: «Es geht um die Änderung der Gemeindeordnung und hier ist klar die Gemeindeversammlung zuständig.»

Die GLP hat einen einzigen Sitz im 15-köpfigen Grenchner Gemeinderat. Patrick Zberg, der die GLP vertritt, kündet auf Anfrage an, dass er die Vorlage am Dienstag so nicht gutheissen kann. Er werde auf alle Fälle beantragen, dass eine Volksabstimmung stattfindet. «Und falls dies tatsächlich nicht geht, soll mir der Stadtpräsident genau erklären, warum nicht.»

Die komplette Gemeinderatsvorlage, die am Dienstag behandelt wird, finden Sie hier: Stapo Grenchen PDF.