Stadtbummel
Krimineller Umgang mit dem offenen Bücherschrank

Der offene Bücherschrank ist keine Abfallhalde, meint der Stadtbummler.

André Weyermann
André Weyermann
Drucken
Bücher sorgen für Emotionen - auf diese oder andere Weise.

Bücher sorgen für Emotionen - auf diese oder andere Weise.

Kevin Roth

Haben Sie in der vergangenen Woche auch versucht, im wunderschönen Bücherschrank am Marktplatz einen Krimi zu ergattern? Sie werden wohl, wie der Stadtbummler auch, kaum fündig geworden sein. Den Täter beziehungsweise die Täterin ausfindig zu machen, war dabei um einiges einfacher, als sie in den Büchern des Genres oftmals zu eruieren sind: Es war das Krimifestival. Dieses hat ganz offensichtlich die Grenchnerinnen und Grenchner so bewegt, dass sie vermehrt lesend auf Tätersuche gegangen sind. So schön, so gut.

Bleiben wir beim Bücherschrank: und hier muss sich der Schreibende, obwohl er sich sonst wahrlich nicht wirklich als ausgesprochener Moralapostel gebärdet, eine scharfe Rüge anzubringen: Noch immer wird viel zu viele unbrauchbare Ware einfach deponiert, die von freiwilligen Helferinnen und Helfern dann in mühseliger Arbeit entsorgt werden muss. Der Bücherschrank ist keine Abfalldeponie.

Es wäre doch anzunehmen, dass die Personen, die sich am Bücherschrank gütlich tun, auch des Lesens mächtig sind und demzufolge die angebrachten «Verhaltensregeln» verstehen sollten. Natürlich ist es eine Minderheit, die den Sinn dieser «Bücherausleihe» nicht verstehen oder verstehen wollen. Schön wäre es, wenn es in naher Zukunft diese Minderheit gar nicht mehr geben würde.

Wenden wir uns Erfreulicherem zu: Dem ebenfalls erst kürzlich eingeweihten Schweizer Krimiarchiv Grenchen. Der Stadtbummler staunte nicht schlecht, als er dort auch auf einen gewissen «Georges Simenon» stiess. Was hat der belgische Vielschreiber bei den helvetischen Autorinnen und Autoren zu suchen? Die Antwort von Gründer Paul Ott fiel einfach aus. Aufgenommen wurden auch Krimiliteraten die in der Schweiz gelebt und gearbeitet haben. Wie der Erfinder von «Maigret:» eben, der viele Jahre am Genfersee lebte und schliesslich auch dort starb.

Donna Leon wird ebenfalls vertreten sein. Allerdings wird sie auch im Untergeschoss der Stadtbibliothek nicht in italienischer Sprache gelesen werden können. Die gebürtige US-Amerikanerin weigert sich noch immer standhaft, obwohl in Hunderte von Sprachen übersetzt, die Einwilligung zur Publikation in Brunettis Sprache zu geben. Sie wird wissen weshalb.

Ein Rundgang durch das Archiv lohnt sich auf jeden Fall: Originaltexte stehen neben Sekundärliteratur und Sammelstücken: eine Inspiration für alle Krimifreunde. Sie werden bestimmt auf die eine oder andere Perle stossen: «Es muss ja nicht immer Kaviar sein.» Dessen Qualität ist schliesslich höchst umstritten.

Mehr zum Thema