Die Stadtbummlerin erinnert sich an eine bemerkenswerte Begegnung mit der Krimiautorin Milena Moser.
Wenn ich aus dem Wohnzimmerfenster auf unseren Grillplatz schaue, so türmt sich vor diesem ein hohes Maisfeld auf. Ein sehr hohes, in der Dämmerung fast bedrohlich wirkendes Maisfeld. Und obwohl die Krimitage in Grenchen vorbei sind, kommt mir denn doch der Hitchcock-Film «der unsichtbare Dritte» in den Sinn. Da rennt der Roger Thornhill alias Cary Grant durch ein ebensolches Maisfeld um sein Leben. Also stelle ich mir vor, wie vom Flughafen Grenchen her ein kleines Flugzeug startet und ich aus der Luft beschossen werde und mir genau wie dem Roger keine andere Wahl bleibt, als die Flucht durchs Maisfeld. Und genau wie er komme ich mit dem Leben davon, ramponiert zwar, aber immerhin, dem Mais sei Dank.
Ich erinnere mich auch an eine Lesung vor vielen Jahren im Postmarkt in Grenchen. Da hatten wir, die damalige Literarische Gesellschaft, den Philip Maloney zu Gast. Wunderbar hat der Michael Schacht dessen Rolle gespielt mit whiskyrauer Stimme und zusammen mit dem Polizisten Hugentobler hat er souverän einen Mord aufgeklärt. Gar schaurig hallte seine Stimme im seinerzeit noch fast leeren Gebäude. «Na Maloney» und «die Welt ist aus den Fugen Maloney» auf diese nach wie vor so oft zutreffenden Worte freue ich mich immer noch jeden Sonntag nach 11 Uhr auf SRF3, sofern sich die Gelegenheit dazu bietet.
Aber wenn ich schon in kriminellen Erinnerungen schwelge, dann gehört die folgende zu meinen schönsten. Im Jahr 2007 wurde der zweite Band «Tatort Schweiz» veröffentlicht. Er enthält 23 kriminelle Geschichten aus der viersprachigen Schweiz. Und eine Geschichte hat Milena Moser geschrieben. Eine Geschichte, die im Grenchner «Frohheim» spielt und den Titel: «Die Rache der Hausfrau» trägt.
Seinerzeit wohnte ich am Traubenweg mit Sicht auf das «Frohheim» und viele von uns haben sich damals dafür eingesetzt, dass dieses geschichtsträchtige Gebäude nicht abgerissen wurde, sondern Grenchen erhalten blieb. Milena Moser besuchte mich zusammen mit der damaligen Leiterin des Amtes für Kultur, Anna Messerli. Anna und ich wollten Milena das «Frohheim» zeigen, das leider schon ein wenig von seinem ursprünglichen Charme eingebüsst hatte und da und dort Spuren der Verwahrlosung trug. Viele der ursprünglichen Bewohner waren ausgezogen, neue Mieter mussten erst noch gefunden werden, bevor das Haus wieder zum Leben erwachen konnte. Aber wäre das nicht die ideale Kulisse für eine Krimi-Kurzgeschichte?
Erst einmal tranken Anna und ich mit Milena gemütlich Kaffee, assen Schokolade, erzählten und lachten und bald einmal machten wir uns auf zum «Frohheim». Gingen die Treppen hoch durch die verwunschenen Gärten, riefen im Treppenhaus «hallo, ist da jemand?». Leider war da niemand, kein einziger Mensch war zu sehen, noch irgendwas zu hören. Fast ein wenig gruselte es uns und auf einmal war es völlig klar. Milena Moser wusste, wo sich ihre Geschichte abspielen würde: «Im Frohheim».
Die Lesung derselben sollte nach der Veröffentlichung des «Tatort»-Bandes ebenfalls in Grenchen stattfinden und ein grosses Publikum war im Parktheater-Foyer anwesend. Noch heute freue ich mich, wenn ich an die Begegnung mit Milena Moser zurückdenke und erst kürzlich habe ich die Geschichte wieder gelesen und fand sie immer noch spannend. Ich kann nur allen raten, das Krimi-Archiv aufzusuchen, den Band 2 «Tatort Schweiz» zur Hand zu nehmen und auf Seite 119 die kleine Grenchner Krimi-Geschichte ebenfalls zu lesen und zu geniessen.
Milena Moser treffe ich leider nur noch, wenn ich ihre Kolumnen im Sonntags-Blick lese. Ich habe mir jedoch vorgenommen, ihr demnächst einmal einen Brief zu schreiben. Ob sie sich noch an die vergnüglichen Stunden mit Anna und mir erinnert? Vielleicht wird das Maisfeld, wenn dieser Text erscheint, schon abgeerntet sein und meine Sicht wieder freier und unverstellter. In die Vergangenheit, auf die Gegenwart und in die noch verborgene Zukunft – mit Popcorn!