Lesung mit Usama Al Shahmani in der Stadtbibliothek und Diskussion mit Islamwissenschafterin und Publizistin Amira Hafner-Al Jabaji.
Auf Einladung von Granges Mélanges und der Literarischen Gesellschaft las der 2002 aus dem Irak in die Schweiz geflüchtete Autor, Dolmetscher und Kulturvermittler Usama Al Shahmani in der sehr gut gefüllten Stadtbibliothek aus seinem vielgelobten Erstling «In der Fremde sprechen die Bäume arabisch». Im Gespräch mit der Islamwissenschafterin und Publizistin Amira Hafner-Al Jabaji äusserte er sich danach zu seinem Werk, seinem Schreiben, zu Heimat und zu seinen neuen Projekten.
Durch sein spannendes und packendes Vorlesen fesselte Al Shahmani die Zuschauenden, führte sie durch sein Buch, welches als Spagat zwischen seinem belastenden Asylverfahren in der Schweiz und den chaotischen bis unmenschlichen Zuständen im Irak bezeichnet werden kann: insbesondere als sein geliebter Bruder Ali in Bagdad verschwindet.
Usama Al Shahmani schreibt gezielt, meist in kurzen Sätzen. Das Buch ist flüssig zu lesen, auch wenn einem manchmal der Atem stockt, wenn die barbarischen Zustände im Irak zur Sprache kommen. Er berichtet in Prosa und doch fühlt sich das Buch ungemein poetisch an. Seine eingestreuten Aphorismen suchen ihresgleichen. Trotz der Belastungen, welcher der Ich-Schreiber, bei dem vieles, aber nicht alles autobiografisch ist, ausgesetzt ist, kommt man nicht umhin, hie und da zu schmunzeln.
Vor allem, wenn er «gut eidgenössische» Sitten aus seiner Sicht beschreibt oder wenn er erklärt, wie er, der «Geh-Muffel», zum begeisterten Wanderer wird und in der Natur immer wieder Ruhe, Zuversicht und die wohl von der Grossmutter geerbte Hoffnung findet. Der 51-Jährige steht zudem in der grossartigen Tradition der arabischen Geschichtenerzähler, die es mit ihrer Fabulierkunst verstehen, nahtlos verschiedene Orte und Geschehnisse miteinander zu verweben.
«In der Fremde sprechen die Bäume arabisch» ist ein sanftes Buch, obwohl es durchaus beklemmende Themen anspricht. Der Autor tut sich mit seinem Schicksal nicht immer einfach, aber er setzt dem Unvermeidlichen seine Sprache und seine Zuversicht entgegen, versucht Themen wie Flucht, Integration, Identität greifbar zu machen.
Im Gespräch mit Amira Hafner-Al Jabaji schimmert seine Liebe zur Philosophie durch, etwa wenn er sagt: «Ich bin meine Sprache. Es gibt keine Muttersprache, wohl aber die Sprache der Mutter.» Und weiter: Ich schreibe, weil ich nicht anders kann». Schön, denn damit ist noch einiges zu erwarten vom neuen Mitglied des «Literaturclubs» im Schweizer Fernsehen. Ein zweiter Roman ist bereits erschienen: «Im Fallen lernt die Feder fliegen». Dazu hat er einen Lyrikband in Aussicht gestellt (Arabisch-Deutsch).
Ohne jeden Zweifel ein Muss für Lesebegeisterte, auch wenn der in Frauenfeld wohnhafte Usama Al Shahmani bescheiden erklärt: «Schon als Student lachte ich innerlich, wenn jemand behauptete, eine Sprache zu beherrschen. Im Meer der Sprache bin ich ein Sandkorn, das davon träumt, eine Perle zu sein.»