Grenchen
Spontane und spezielle Begegnungen im Narrenhaus

Ober Thomas Meister verbrachte die Nächte während der Fasnacht in einem Hüttli am Grenchner Marktplatz. Viele Menschen statteten dem Fasnächtler einen Besuch ab.

Daniel Trummer
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Der Obernarr hat’s gemütlich. tru

Der Obernarr hat’s gemütlich. tru

Vor der Chesslete wurde die Bleibe für den Obernarren hingepflanzt, ein Gartensitzplatz auf Kunstrasen eingerichtet und mit einem Gartenzaun umfriedet. Das 1-Zimmerhaus ist spartanisch eingerichtet und nicht wirklich bequem. Eine Sanitätsliege dient als Schlafstätte und Kostüme lassen sich immerhin an den Nagel hängen. «Schlafen ist ein anderes Wort», sagt Thomas Meister, wenn er an die kurzen «Power-Naps» zurückdenkt, klagt aber keineswegs und Müdigkeit ist ihm kaum anzusehen.

Begeistert zeigt sich Meister von seiner exponierten Wohnlage, von Begegnungen und Spontaneität. Immer wieder tauchte Besuch auf. Der Fahrer des Schneeräumungsfahrzeugs schaute vorbei, die Polizeistreife machte bei ihm Pause und nie vergessen wird er das nächtliche Fondue, das die Schuelschwänzer ihm kredenzten. Es war vier Uhr am Morgen, als sich die Gugger in seinem Garten zu schaffen machten.

Über einem Campingkocher blubberte bald die Käsespeise und spontan gesellte sich ein Mann aus dem Balkan zur Runde. Er hatte solch rührende Momente bis an nicht gekannt und griff dann auch kräftig zu. «Die Fasnacht hat eben auch einen Integrationsaspekt», sagt der Obernarr schmunzelnd.

«Bueb, wie gsehsch du us?»

Das OK-Team des «Bettlä Gwöschs» machte seine Aufwartung, Marktleute wunderten sich über den neuen Nachbar und Stephie Born entführte ihn zum Mittagessen. Verantwortlich für das Loft am Marktplatz zeichneten die Wagenbauer der Faschingszunft, allen voran Res Lüthi. Sie hatten das Wehklagen des Obernarren satt. Weil er in Hagneck wohnt, wünschte er sich eine Bleibe, um nicht regelmässig bei Muttern am frühen Morgen den Satz zu hören «Bueb, wie gsehsch du us?».

Sein Fazit zur Fasnacht 2012 fällt positiv aus. «Wienerwalzer und Damentour sind passé», stellt Meister fest und findet Veränderungen in der Fasnachtslandschaft ok. Goschenight, Wetterglück bei den Umzügen und der erstmalige, gelungene Auftritt der Dolce-Vita Zunft am Plausch erfüllen ihn mit Genugtuung. Vier Jahre sind genug, deshalb will er als Obernarr zurücktreten. Als Zunftmeister will er aktiv bleiben und Begonnenes weiterführen.

Viel Kreativität

Als Ober der Vereinigten Fasnachtszünfte Grenchen waren ihm vor allem Nachwuchsnarren ein Anliegen. In einigen Zünften haben junge Wagenbauer das Zepter übernommen und die Schuelschwänzer haben heimatlose Chappeli-Tüüfle integriert. «Viel Kreativität hat die heurige Fasnacht ausgezeichnet, auch wenn sie anders geworden ist. Neuen Ideen soll Raum gegeben werden. Wenn die Fasnacht die Öffentlichkeit weniger berührt als früher, steigert sie sich zu einem In-Anlass, der Freude macht und in der Uhrenstadt erfreuliche Früchte hervorbringt».