Der Detailhandel macht schwere Zeiten durch. Auch in Grenchen. Können «Pop-Up-Stores» die Probleme lösen? Erste Akteure preschen vor und auch die Stadt hat das neuere Phänomen auf dem Radar. Ob es Erfolg bringt, muss sich aber erst noch zeigen.
Das Modegeschäft Sergio, der Ex Libris, das Geschäft vom Goldschmied Leuenberger: Nur leere Schaufenster sind von diesen Läden übrig geblieben. Diese Liste könnte man noch eine Weile fortsetzen. Die Krise des Detailhandels hat auch Grenchen fest im Griff. Und Besserung ist auch im eben angebrochenen Jahr nicht in Sicht. Zu stark ist die Konkurrenz des Online-Handels.
«Wir haben dieselben Probleme wie alle anderen Städte auch.» Damit bringt Heinz Westreicher, Präsident des Grenchner Gewerbeverbandes, die Gemütslage im Gewerbe direkt auf den Punkt. Insbesondere im Detailhandel sei die Ausgangslage schwierig. Mit entsprechender Vorsicht schaue man auf das kommende Jahr.
Der drohenden Schliessung von weiteren Geschäften will man nicht tatenlos zusehen. Hand in Hand bekämpfen der Gerwerbeverband und die Stadt die leeren Schaufenster. Gleich mehrere Projekte würden noch dieses Jahr spruchreif werden, so Westreicher. Konkreter wird Remo Bill. «Unser Ziel muss es sein, möglichst attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen», so der Vize-Stadtpräsident. In dieser Hinsicht sei für 2019 einiges geplant. Die Massnahmen reichen von einer geplanten, grosszügigen Bestuhlung des Marktplatzes über die Einrichtung eines offenen Bücherschrankes bis hin zur Überprüfung des kompletten Verkehrs- und Parkplatzregimes in der Innenstadt.
«Die Stadt kann natürlich nur Rahmenbedingungen schaffen», so Bill, «direkt in die Privatwirtschaft einzugreifen, ist schwierig.» Das Einzige was in dieser Hinsicht übrig bleibe, sei die Leute zu motivieren, zu investieren. So würden etwa viele Gebäude in der Innenstadt Banken gehören, die am Wochenende geschlossen bleiben. «Wenn wir uns dort mit den Liegenschaftsbesitzern einigen könnten, das Erdgeschoss attraktiv zu nutzen, etwa mit einem Café, würde dies schon viel helfen.» Alles in allem gibt sich Bill, trotz Krise, sehr zuversichtlich. Es brauche halt einfach Massnahmen und dann Zeit.
Zur einer möglichen Waffe im Kampf gegen leere Schaufenster könnten sogenannte «Pop-Up-Stores» werden. Räumlichkeiten, in die sich Geschäfte kurzfristig zu günstigen Konditionen einmieten können. Der Gedanke dahinter: Ein Geschäft kann auf die Schnelle Waren loswerden und günstig Werbung in eigener Sache machen. Volle Schaufenster auf der anderen Seite sollen vermehrt Leute auf die Strasse locken, die dann im besten Falle wiederum Gewerbler anziehen. Am Ende profitiert der gesamte Standort.
An diesem Konzept versucht sich momentan etwa Blackout, beziehungsweise die Jeans Fritz Schweiz AG, die das Konkurs gegangene Modelabel übernommen hat. Vor zwei Jahren noch musste Blackout seine Zelte an der Marktstrasse abbrechen, Mitte November letzten Jahres dann die Rückkehr in die Uhrenstadt. Im Untergeschoss des Coop Centers versucht sich das Kleiderunternehmen mit einem eben solchen «Pop-Up-Store».
«Versucht» ist dabei wörtlich gemeint. Das Engagement von Blackout ist vorerst auf ein Jahr befristet, wie Willi Kissling, Assistent der Geschäftsleitung, erklärt. Im Sommer wolle man die Lage dann analysieren und prüfen, ob man den Betrieb des Ladens nach Ablauf der Testphase aufrechterhält.
Der Start sei aber schon einmal geglückt, meint Kissling. Am Tag der Neueröffnung hätten sich doch tatsächlich Schlangen vor dem Geschäft gebildet. Zahlen gibt Blackout zwar keine bekannt, dass Weihnachtsgeschäft sei aber «gut gelaufen», so Kissling. Und auch die Prognose fürs anstehende Jahr fällt positiv aus. Während Detailhändler grundsätzlich düstere Wolken am Horizont sehen, scheint das Konzept von Blackout aufzugehen. Dank der eigenen Unternehmenskultur und dem strategisch guten Standort könne man optimistisch sein, so Kissling.
Dass «Pop-Up-Stores» einige der Probleme des Detailhandels lösen könnten, ist auch der Stadt nicht entgangen. In einem einjährigen Projekt unter Federführung von Wirtschaftsförderin Karin Heimann, welches letztes Jahr abgeschlossen wurde, hat sich die Stadt mit der Credit Suisse darauf geeinigt, die Räumlichkeiten am ehemaligen Standort der Bank günstig an Jungunternehmer zu vermieten. Und im Erdgeschoss wollte man «Pop-Up-Stores» unterbringen. Dies sei gelungen, so Heimann. Drei unterschiedlichen Läden habe man während dem Projekt eine Verkaufsfläche bieten können. Einer Kinderkleiderbörse, einem Geschäft für Marken-Design-Kleider und einem Schneider für Massanzüge.
Auf diesen Erfahrungen will die Stadt nun aufbauen. Denn eines scheint klar zu sein: Das Modell «Pop-Up-Store» dürfte Zukunft haben. «Wir sind nun auf der Suche nach fixen Räumlichkeiten, die wir günstig an Gewerbler vermieten können», erklärt Heimann die geplanten Schritte. Und damit nicht genug. Sämtliche Hürden, die einen Betreiber eines Geschäftes abschrecken könnten, sollen abgebaut werden. Ein Grenchner Start-Up wird extra damit beauftragt. Dieses würde etwa die Schlüsselübergabe regeln, dafür Sorge tragen, dass trotz regem Wechsel die Räumlichkeiten in gutem Zustand bleiben und ganz grundsätzlich möglichst unkomplizierte Bedingungen für Gewerbler schaffen.
Sämtliche Probleme werden damit natürlich nicht aus der Welt geschafft. Das Grundproblem, dass sich Detailhändler aufgrund von fehlendem Umsatz die Mieten nicht leisten können, bleibt bestehen. Dies gesteht sich auch Heimann ein. Und langfristig auf den Goodwill von Liegenschaftsbesitzern zu hoffen, sei keine Option. Doch im Moment sei es einfach wichtig, leere Schaufenster zu vermeiden. Und schliesslich schwingt die Hoffnung mit, dass volle Schaufenster mehr Leute auf die Strasse locken, die dann wiederum den Grenchner Geschäften das Leben erleichtern.