Die finanzielle Situation der Grenchner Uhrenfirma Eterna bleibt bedrohlich. Nun werden einzelne Abteilungen bei der Schwesterfirma Corum integriert — die Uhrwerkfertigung bleibt aber in Grenchen.
Bei der 1856 gegründeten Uhrenfabrik Eterna AG in Grenchen rumort es weiter: Nach dem Abgang an der Firmenspitze im vergangenen Herbst, einer führungslosen Phase und unbezahlten Rechnungen in Millionenhöhe kommt es nun in Grenchen zu einem Stellenabbau und Entlassungen in gröberem Ausmass.
Der neue, erst kurz vor der Baselworld eingesetzte CEO, Davide Traxler, spricht von «einer dramatischen Situation». Während der letzten Jahre habe Eterna regelmässig Millionenverluste geschrieben, im vergangenen Jahr sei es mehr als kritisch geworden. «Eterna allein hat 2016 bei einem Umsatz von 9 Millionen einen Verlust von 11 Millionen Franken erlitten», so Traxler. Darin nicht enthalten seien Verluste der Tochterfirma Eterna Movement Company. Die vor wenigen Jahren in Betrieb genommene Herstellerin von Uhrwerken sei aber als Langfristinvestition angelegt und es werde noch dauern, bis hier schwarze Zahlen resultierten.
Angesichts der desaströsen Entwicklung hat die Citychamp Group – der chinesische Konzern hat Eterna 2011 übernommen – im letzten Herbst die Notbremse gezogen und alle Zahlungen sistiert und eben Traxler an Bord geholt. Dieser wiederholt nun frühere Aussagen und bestätigt, dass bis Ende Mai alle entsprechenden Verpflichtungen in der Höhe von über vier Millionen Franken bezahlt sein werden. Der 48-Jährige arbeitete bei Bulgari und während 13 Jahre beim Luxusuhrenhersteller Chopard in Genf und in Italien.
Seit Herbst 2015 ist er CEO der ebenfalls den Chinesen gehörenden Uhrenfirma Corum mit rund 100 Mitarbeitenden in La Chaux-de-Fonds. Diese hat laut Traxler 2016 den Umsatz um 38 Prozent auf 50 Millionen Franken gesteigert, erzielte nach etlichen Verlustjahren einen Betriebsgewinn von 1,9 Millionen Franken und schaffte auf Stufe Reingewinn den Break-even. Denselben Weg will Traxler, der nun beide Firmen in Personalunion führt, bei Eterna einschlagen. Er will in Grenchen bis Ende Jahr schwarze Zahlen auf operativer Ebene schreiben.
«Die Situation bei der Eterna zwingt uns, die Personalkosten zu senken», sagt Traxler. Um das Synergiepotenzial zwischen den beiden Firmen optimal zu nutzen, sei die Integration von IT-Abteilungen, Verkauf, Marketing, Logistik und Produktion im Gang. Und zwar offensichtlich in La Chaux-de-Fonds. Dabei würden aber Eterna und Corum am Markt weiterhin getrennt als Marken auftreten. Ende April seien insgesamt 22 Personen bei Eterna beschäftigt gewesen, davon 7 in der Abteilung Service après-vente, sprich Reparaturdienst. «In wenigen Monaten wird diese Abteilung die wichtigste Aktivität der Eterna AG in Grenchen sein», hält Traxler vage fest.
Konkrete Zahlen über das Ausmass der Massnahmen will er nicht nennen. Dieser Zeitung vorliegende Informationen aus der Belegschaft zeigen, dass offenbar bereits seit Monaten ein stetiger Abbau von Arbeitsplätzen am Standort Grenchen stattfindet. So sei schon im November/Dezember 2016 sechs Personen gekündigt worden und Mitte April sei das Team Marketing/Design und Verkauf mit insgesamt sieben Personen freigestellt worden. Bestätigt wird von den Belegschaft, dass einzig der Bereich Service après-vente mit 7 Angestellten in Grenchen verbleibe.
Wird sich Eterna also mittelfristig aus Grenchen verabschieden? Nein, sagt Traxler. Dies insbesondere deshalb, weil die Eterna Movement Company (EMC) mit rund 35 Beschäftigten von den Restrukturierungen «unangetastet» bleibe. «Wir haben sehr hohe Beträge in die hauseigene Uhrwerkproduktion investiert.» Basierend auf einem Grundwerk können bis 80 unterschiedliche Modelle entwickelt und gefertigt werden. Die Uhrwerke kommen bei höherpreisigen Eterna-Uhren sowie bei Corum zum Einsatz. «Die Zahl der Drittkunden nimmt zu.» Im vergangenen Jahr habe EMC bei einer aktuellen Kapazität von gegen 20 000 Uhrwerken rund 7000 Stück produziert. «Das Herz der Eterna schlägt in Grenchen, und das wird auch so bleiben.»
Trotz der derzeitigen Uhren-Absatzflaute gibt sich Traxler optimistisch. «Kleinere Uhrenmarken sind jeweils weniger stark als die grossen Player betroffen.» Es gebe auch in schwierigen Zeiten Marktlücken für die kleineren Uhrenfabrikanten. Im laufenden Jahr will Traxler nicht nur die Kosten senken, sondern auch den Absatz ankurbeln. Zahlen will er aber keine nennen. Im vergangenen Jahr hat Eterna nach eigenen Angaben rund 18 000 Uhren verkauft.
Die Distribution beider Marken werde in gewissen Ländern zusammengelegt. Erste Erfahrungen in Spanien seien sehr positiv. Auch im Vertrieb will Eterna neue Wege gehen. «Künftig verkaufen wir die Uhren in Deutschland, Spanien und Italien über den Online-Händler Amazon», sagt Traxler. Es gebe zwei Kundentypen; sie kaufen die Uhr im Fachgeschäft oder bestellen sie online. «Das ist eine Realität.» Amazon sei dafür der beste Vertriebskanal mit der grössten Erfahrung. Wichtig sei, dass der Online-Kunde nicht bevorzugt werde. «Er bezahlt genau gleich viel für die Eterna-Uhr wie im Fachgeschäft.»
Künftig will sich Eterna auf die Märkte Europa sowie Nord- und Südamerika konzentrieren. Die beiden wichtigsten Märkte seien Deutschland und die Schweiz mit rund 30 Prozent. Obwohl die Eigentümer in China beheimatet sind, habe das Riesenland vorerst keine Priorität. «China ist ein sehr, sehr schwieriger Markt.» Angepeilt werden soll ferner eine jüngere Kundschaft. Traxler nennt die an der Baselworld präsentierten vergleichsweise günstigeren Modelle der Kontiki-Reihe. Die klassischen Uhren würden aber beibehalten.