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Seit bald zwei Jahrzehnten führt Agnes Chirico ihr Fachgeschäft an der Bettlachstrasse in Grenchen.
«Nächstes Jahr feiere ich mein 20-Jahr-Jubiläum», sagt die Geschäftsfrau, die sich im Jahr 1998 zusammen mit einer Geschäftspartnerin selbstständig machte. Die Team Papeterie war immer an der Bettlachstrasse, früher auf der anderen Strassenseite neben dem chinesischen Restaurant im «Odeon»-Haus. Vor fünf Jahren zog man um an den jetzigen Standort.
Das Thema Gewerbe und Einkaufen im Grenchner Stadtzentrum ist ein Politikum. Ob der Diskussion über die leeren Schaufenster geht rasch vergessen, dass es noch etliche Fachgeschäfte gibt, die sich seit Jahren behaupten. Einige haben wir besucht und mit ihnen über ihre Erfolgsrezepte, aber auch die aktuellen Herausforderungen gesprochen. Fazit: Der Detailhandel in Grenchens Zentrum lebt, wie wir in unserer Serie zeigen.
Bereits erschienen: Back-Caffee, Egli Beck, Gassler Beck und Fotoryf. (rrg)
Seit Beginn wurden in der Team Papeterie Lehrlinge ausgebildet, ein bewährtes Team aus langjährigen Teilzeitmitarbeiterinnen und Aushilfen steht Agnes Chirico zur Seite. Die Team Papeterie ist ein Fachgeschäft, in dem man nicht nur eine grosse Auswahl an klassischen Papeterieartikeln findet, sondern eines, das auch unerwartete Artikel im Sortiment führt. Ein Geschäft mit immer wieder neu gestalteten Schaufenstern, meist themenbezogen, überraschend. Doch davon später.
«Es hat sich viel verändert über die Jahre», sagt Agnes Chirico. «Es ist nicht nur der Online-Handel, der alles viel schwieriger macht. Das gesamte Konsumverhalten hat sich grundlegend verändert.» Zum Glück könne sie auf eine treue Stammkundschaft zählen, zu der sowohl Kunden gehören, die im Laden einkaufen, als auch Firmen, die die Ware telefonisch oder online bestellen und dann direkt beliefert werden. Aber sonst sei es schon viel schwieriger geworden. Insbesondere die jüngere Kundschaft sei mobil und in anderen Städten unterwegs und würde dann eben dort einkaufen, wo sie gerade sind. «Einkaufen am Ort, wo man auch lebt, das ist heute nicht mehr in dem Mass gefragt, wie das früher der Fall war.»
Auch sei die Nachfrage nach Artikeln gesunken, die früher einen gewissen Wert hatten. Wie zum Beispiel ein Schreib-Set, ein Kugelschreiber oder Füllfederhalter mit eingraviertem Namen zur Konfirmation oder ein Kern- Zirkel-Set, bei dem die Schachtel noch mit Samt ausgestattet war zum Lehrbeginn. Nur noch selten wird ein Briefpapier-Set mit Umschlägen aus Büttenpapier oder auch technisches Zubehör wie Rotring-Zeichentuschestifte oder ein Zeichenbrett gekauft. «Heutzutage arbeitet man ja auch in der Schule am Computer. Wozu noch zeichnen?» Agnes Chirico macht aus der Not eine Tugend: Es sei zwar ein ständiger Kampf, den man jeden Tag aufs Neue ausfechten müsse.
Aber: «Ich versuche ständig, mein klassisches Angebot mit überraschenden Artikeln zu ergänzen. Da wir ja in Grenchen nicht ein so grosses Angebot an Geschenken und Fantasie-Artikel haben, versuche ich immer wieder aufs Neue, das Sortiment im Geschenkbereich zu ergänzen.» So habe sie stets eine saisongerechte Auswahl an solchen Dingen im Angebot. Beispielsweise das Grill-Bier-Sortiment, das aktuell sehr gut laufe. Was auch immer wieder sehr gut bei den Kunden ankomme, sei das Sortiment von Ritzenhoff: edle Champagner-, Bier-, Schnaps- oder Grappa-Gläser.
Schon seit einiger Zeit präsentiert Agnes Chirico spezielle Schaufenster, die themenbezogen oder saisonal gestaltet sind. Im Moment ist es ein Sommerfenster mit Sommertaschen, Deko-Gartenblumen sowie Grillartikeln und Picknickkörben. In der Vergangenheit waren es aber auch schon Gartenzwerge, Geldkässeli, schönes Porzellangeschirr aus Portugal. In ihrem zweiten Schaufenster zeigt sie immer Papeterieartikel. Aktuell sind dort Hugo-Boss-Schreiber sowie Aktentaschen und Schreibmappen zu entdecken.
Neuerdings legt die 42-Jährige den Fokus auf Kindersachen, Plüschiges und Bébé-Artikel. «Mit der Ausweitung des Angebots hoffe ich, neue Kunden zu gewinnen.» Nur mit reinen Papeterieartikeln über die Runden zu kommen, sei heute fast unmöglich geworden. Wenn auch das Geschäft mit Karten – Glückwunschkarten zum Geburtstag, zu Hochzeiten, Jubiläen , aber auch Trauerkarten – sehr gut laufe, reiche das nicht, ohne die stete Ausweitung des Angebots mit Artikeln, die es t nur für kurze Zeit gibt. «Das klassische Papeterieangebot will und muss ich im Sortiment führen, weil doch viele Kundinnen und Kunden deswegen in den Laden kommen.»
Die Geschäftsfrau hat einen eigenen Onlineshop eingerichtet – ein notwendiger Schritt, der sich gelohnt hat. «Das Internet und die Online-Bestellungen werden immer wichtiger», stellt sie fest. «Alles, was bis zum Vortag um 15 Uhr bestellt ist, wird am nächsten Tag ausgeliefert. Der Kunde kann die Ware bei uns im Geschäft abholen oder wird durch den hauseigenen Lieferservice innerhalb weniger Tage beliefert. Oder die Ware wird – falls gewünscht – anderntags direkt mit der Post zugestellt.»
Die Team Papeterie hat seit 20 Jahren über Mittag geöffnet, um auch die Nachfrage von Auswärtigen, die in Grenchen arbeiten und genau dann Zeit finden, einzukaufen, befriedigen zu können.
Die Zukunft des Grenchner Gewerbes und ihres eigenen Betriebes sieht Agnes Chirico nicht durch die rosa Brille. Im Gegenteil, sie ist etwas pessimistisch. «Es wäre wünschenswert, dass sich der momentane Trend nicht noch verstärkt. Leere Ladenflächen im Zentrum sind nicht gerade ein Anreiz, um Kunden in die Stadt zu locken.» Dass beispielsweise die Swisscom ihren gut besuchten Laden einfach so dichtgemacht habe, sei für sie unverständlich.
Auch aktive Gewerbler, die bald ins Pensionsalter kommen, stimmen sie nachdenklich. Was geschieht, wenn keine Nachfolgelösung gefunden werden kann? Wenn noch mehr Betriebe schliessen müssen? Sie sei nicht begeistert von der Entwicklung. Vieles sei einfach schlecht konzipiert. «Die Ideen zur Belebung des Zentrums wären ja da, nur geschieht einfach nicht viel. Der Marktplatz wird auch weiterhin ein öder, leerer Platz sein, leider. Damit lockt man keine Kunden an. Zum Glück haben wir am Freitag noch den Gemüse- und Monatsmarkt. Wenigstens dann läuft noch etwas.»