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René Mühlethaler und Pius Kaufmann haben sich auf den Unterhalt von Flugzeug-Veteranen spezialisiert. Teil 1 unserer Serie Arbeitsplatz Flughafen.
Auf dem Flughafen Grenchen sieht ein Hangar aus wie der andere. Nur selten erhascht man einen Blick ins Innere der grossen Gebäudefronten. Absolut lohnend ist dabei ein Augenschein im Hangar der Firma Aerotec. Die beiden Flugzeugmechaniker René Mühlethaler und Pius Kaufmann haben sich auf die Wartung von Flugzeugen spezialisiert, die man am Schweizer Himmel nicht mehr so oft sieht.
Der Flughafen ist für Grenchen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. In unserer Serie «Arbeitsplatz Flughafen» stellen wir verschiedene Menschen, Firmen und Tätigkeiten vor, die man auf dem Flughafenareal antrifft. Heute sind wir zu Besuch in der Flugzeugwerkstatt von René Mühlethaler und Pius Kaufmann.
So beispielsweise die Maschinen des Typs Cessna 340. Die schnittigen zweimotorigen Modelle des amerikanischen Herstellers sind schnell und elegant und mit einer Druckkabine (vgl. Kasten «Fliegerlatein») ausgestattet. Sie wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren hergestellt und gelten somit bereits als Oldtimer. Von den acht Maschinen, die in der Schweiz fliegen, sind sechs in Grenchen stationiert. Dies ist nicht zuletzt dem Engagement von René Mühlethaler zu verdanken, der sich mit all seinem Fachwissen um die schönen Flieger kümmert, die auch aus diesem Grund in Grenchen hangariert sind. Er selber nennt auch ein Exemplar sein eigen.
Zurzeit arbeitet Mühlethaler an einer Cessna 340 II mit Jahrgang 1980. Die sechsplätzige Maschine mit (zurzeit noch) britischer Immatrikulation hat er für eine Kundin in England aufgetrieben und unterzieht sie einer Generalüberholung. Diese wird wohl mehr als ein Jahr dauern. Die Maschine erhält eine komplett neue Avionik, wird neu bemalt und erhält eine neue Innenausstattung. Natürlich werden auch Mechanik, Hydraulik und die beiden je 335 PS starken Motoren auf Vordermann gebracht. Danach wird die Cessna unter Schweizer Kennzeichen fliegen – ebenfalls von Grenchen aus.
Um in grosser Höhe fliegen zu können, wo es wirtschaftlicher und infolge geringerer Turbulenzen auch einiges komfortabler ist, sind Flugzeuge ab einer gewissen Grösse (insbesondere Verkehrsflugzeuge) mit Fluggastkabinen ausgerüstet, in denen sich der Luftdruck regulieren lässt. Druckkabinen sind aufwendige, luftdichte Konstruktionen und erlauben den Passagieren eine normale Sauerstoffzufuhr auch in grosser Höhe. Sie erhöhen aber aufgrund ihrer stabilen Konstruktion das Gewicht des Flugzeuges. Die Cessna 340 von René Mühlethaler kann dank ihrer Druckkabine bis 9000 Meter hoch fliegen. (at.)
Vor drei Jahren ist Mühlethaler mit seiner eigenen Cessna 340 zusammen mit einem Kollegen über den Atlantik geflogen – über Schottland, Island, Grönland, Kanada, New York bis in die Nähe von Milwaukee und wieder zurück. «Innerhalb von gut zwei Wochen sind wir 57 Stunden und 29 Minuten geflogen», berichtet er. Dabei gabs allerhand zu sehen: Gletscherabbrüche in Grönland oder die Stelle am East River in New York, wo Captain «Sully» Sullenberger 2009 seine legendäre Notlandung eines Airbus A320 auf dem Hudson River vollbracht hat.
Das nächste Abenteuer winkt schon: Am 25 Juli sei ein Flug in den hohen Norden, nach Spitzbergen, geplant. Mit der über 400 km/h schnellen Maschine mit einer Reichweite von 1800 km kein Problem.
Die Firma Aerotec, die nach einer ersten Beteiligung der beiden im Jahr 1999 nun seit 2003 Mühlethaler und Kaufmann gemeinsam gehört, wurde 1972 gegründet und arbeitete damals primär für die Flugschule Grenchen. Flugzeugmechaniker wurden sowohl Mühlethaler – er lernte einst Maschinenmechaniker – als auch Kaufmann, ein gelernter Automechaniker, durch Weiterbildungen. Im Laufe der Jahre haben sie sich immer mehr auf spezielle Flugzeugtypen konzentriert, die meisten von ihnen Oldtimer und Modelle, die nicht mehr gebaut werden – so wie die zweimotorigen Cessnas.
Alle 50 Flugstunden oder mindestens einmal jährlich ist bei Flugzeugen ein Werkstattbesuch angesagt. Beim Auto entspräche die 50-h-Kontrolle einem «kleinen Service«, die Jahreskontrolle einem «grossen Service«. Die Wartung von Flugzeugen ist aber aus Sicherheitsgründen hoch reglementiert. «Eigentlich darf man keinen Handgriff am Flugzeug machen, wenn man nicht als Mechaniker und auch als Unterhaltsbetrieb dafür lizenziert ist», berichtet Pius Kaufmann.
Er ist einer der letzten in der Schweiz, der sich um DC-3-Oldtimer kümmern darf. So ist er momentan auch daran, einen der beiden DC-3-Sternmotoren auswechseln, der am 24. Juni an der Maschine von Hugo Mathys seinen Geist aufgegeben hat. Dieselbe Maschine hatte er bereits Mitte der 1990er-Jahre gewartet – damals jedoch noch für den alten Operator Classic Air, der die «Grand Old Lady» schweizerisch immatrikuliert als HB-ISC betrieb.
Wie kommt man zu einem Flugzeugmotor einer Maschine aus dem Zweiten Weltkrieg? Die Antwort lautet: durch Beziehungen. Kaufmann war Teil des Serviceteams anlässlich des Weltumrundungsfluges der damals 77-jährigen «Breitling DC-3» im vergangenen Jahr und hat die Maschine anlässlich eines verlängerten Stopovers in Singapur gewartet. «Francisco Agullo, der Besitzer der Maschine, hat in seinem Heimathangar in Frankreich noch zwei, drei Motoren», erzählt Kaufmann augenzwinkernd.
Kundenkontakte spielen bei Aerotec überhaupt eine wichtige Rolle. So spricht sich herum, wer von diesem oder jenem Flugzeugtypen etwas versteht. Und wenn Mühlethaler mit seiner schnittigen Cessna einen Kunden mitnimmt, ist dieser mitunter auch begeistert. So an die 200 000 Fr. müsste man aber parat haben für eine Occasions-Maschine dieses Typs; die aber neu einst dreimal mehr kostete – mindestens.
Die Firma Areotec mit heute sechs Angestellten sei zurzeit ausreichend ausgelastet, heisst es weiter. Einzig der Platz im Hangar werde für die rund 500 Aufträge pro Jahr manchmal ziemlich eng.
Was wünschen sich Mühlethaler und Kaufmann für die Zukunft des Flughafens? «Zunächst einmal, dass der Abbau bei der Flugsicherung nicht stattfindet», meint Mühlethaler. «Ein Flughafen wie Grenchen braucht eine Flugsicherung, sonst wird es gefährlich», ist er überzeugt. Es könne sich unmittelbar auf den Erfolg der Firma auswirken, wenn diesbezüglich verunsicherte Kunden ausblieben. Eine Pistenverlängerung für mehr Sicherheit wäre ebenfalls zu begrüssen sowie mehr Hangarplätze. «Damit könnte Grenchen seine Vorteile noch besser ausspielen, denn von hier aus fliegen ist unkompliziert und deshalb attraktiv.»