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Y-Psilon, die Institution für Demenzkranke in Grenchen, zieht definitiv nicht um an die Solothurnstrasse.
Im Herbst letzten Jahres hätte die Institution Y-Psilon für demenzkranke Menschen von ihren bisherigen Standorten an der Wiesenstrasse und der Centralstrasse in die neu umgebauten Liegenschaften auf dem Areal der ehemaligen Uhrenfabrik Tschui direkt neben der Lidl-Filiale an der Solothurnstrasse umziehen sollen. Die Gebäude wurden von deren Besitzer Franz Wolf im letzten Jahr einer umfassenden Sanierung unterzogen und zum Teil im Innenbereich auch den Anforderungen entsprechend komplett umgebaut.
Inzwischen haben wir schon Mitte Juli 2017, Y-Psilon ist immer noch an den alten Standorten. Aus gut informierter Quelle war ausserdem zu vernehmen, dass die Institution im Hinblick auf das grössere Platzangebot sogar einen Ausbau ins Auge gefasst hatte, zusätzliches Pflegepersonal angestellt und kurze Zeit später wieder entlassen haben soll. Auf die Frage, weshalb der Umzug noch nicht oder nicht stattgefunden habe, wollten die Verantwortlichen zunächst keine Auskunft geben. Es hiess lediglich, das Projekt Solothurnstrasse sei leider gescheitert und dreckige Wäsche waschen wolle man nicht. Aber in Kürze könne man über ein neues Umzugsprojekt informieren.
Die Institution Y-Psilon, die 2015 ihr zehnjähriges Bestehen feiern konnte, wurde von Claire-Lise Leisi gegründet. Sie leitete vorher ein kleines Heim im Kloster Visitation in Solothurn, in dem demenzkranke Bewohnerinnen und Bewohner zusammen mit Nicht-Kranken untergebracht waren. Eine schwierige Situation, wie sie dieser Zeitung gegenüber anlässlich des 10-Jahr-Jubiläums berichtete. Als sie mit der Idee eines Wohnheims für Demenzkranke beim Kanton vorstellig wurde, rannte sie offene Türen ein und erhielt schon bald die Betriebsbewilligung. Das Konzept einer familiären Betreuung und das «Normalitätsprinzip», nach dem der Tagesablauf gestaltet wird – gewohnte Handlungen, welche die Bewohner ihr Leben lang getätigt haben, werden in den normalen Tagesablauf integriert, überzeugte.
Ende 2015 beschäftigte die Institution 35 Mitarbeitende und bot an zwei Standorten 19 stationäre Betten sowie fünf Plätze in einer Tagesstätte. Anouk Leisi, die Tochter von Claire-Lise, ist seit 2015 Co-Leiterin der Institution und hat mehrheitlich die Leitung der Institution übernommen. (om)
Liegenschaftsbesitzer Franz Wolf hingegen gibt die Schuld den Verantwortlichen von Y-Psilon: «Ich war zu gutgläubig». Ursprünglich hatte Wolf das Haus der Stadt als Wohnheim für Uhrmacherlehrlinge angeboten, aber Stadt und Kanton haben sich bekanntlich anders entschieden und ein eigenes Container-Wohnheim südlich des BBZ gebaut. Nach Scheitern dieses Vorhabens sei Y-Psilon als langfristiger Mieter des Gebäudes an der Solothurnstrasse 57 infrage gekommen und die Liegenschaft wurde den Bedürfnissen entsprechend umgebaut.
Die Baubewilligungsverfahren hätten zwar schon etwas länger gedauert als vorgesehen, sagt Wolf, es habe aber auch viele Anforderungen zu erfüllen gegeben. So zum Beispiel auch Bedingungen, die die Selbsthilfeorganisation Procap, der grösste Mitgliederverband von und für Menschen mit Behinderungen in der Schweiz, an den Umbau stellte. «Manche Dinge, wie zum Beispiel die Forderung nach zwei Liften, waren schlicht nicht finanzierbar», sagt Wolf. Ein Lift musste genügen. Lärmgutachten wurden gemacht und schliesslich erhielt Wolf die Baubewilligung.
Aber bei Y-Psilon bekam man offenbar Zweifel. «Sie haben kalte Füsse bekommen. Plötzlich wollten sie gar nicht mehr, fühlten sich gedrängt.» Wolf habe eine resolut abgefasste Absage von den Verantwortlichen erhalten, wie er sagt, für welche diese sich allerdings wenig später entschuldigten und die Bereitschaft signalisierten, das Projekt doch noch in Angriff zu nehmen und die nötige Zeit abzuwarten.
Wolf im Gegenzug forderte auch gewisse Sicherheiten. «Wenn schon eine so grosse Institution bei uns einzieht, gehen wir ein Klumpenrisiko ein, also verlangte ich sowohl Einblick in den Jahresabschluss als auch eine Bankgarantie und die aktuellen Budgetzahlen. Doch das klappte nicht.» Y-Psilon konnte weder eine Bankgarantie vorweisen, noch wollte man sich in die Bücher schauen lassen. «Die Konkurrenz in diesem Bereich ist gross. Andere Institutionen, wie zum Beispiel der Sunnepark im alten Spital, die machen das professionell und arbeiten auch kommerziell», sagt Wolf. Seiner Meinung nach habe man bei Y-Psilon wenig Ahnung vom Kommerziellen oder messe dem wenig Bedeutung zu. «Sie setzen die Prioritäten halt einfach anders.»
Dass man bei Y-Psilon die Prioritäten tatsächlich anders setzt, war für die langjährige Leiterin Claire-Lise Leisi völlig klar, wie sie vor einiger Zeit auf Anfrage sagte. Aktuell wollte aber von Y-Psilon niemand mehr Stellung beziehen. Denn offenbar sind bei diesem Vorhaben Welten aufeinandergeprallt, die komplett verschiedene Auffassungen davon haben, was wichtig und erstrebenswert ist. Franz Wolf habe sich nicht vorstellen können, dass man auch als Non-Profit-Organisation eine sinnvolle Aufgabe erfüllen kann.
Für sie als Leiterin und für den ganzen Vorstand der Institution sei klar, dass eine Institution wie Y-Psilon, bei der die individuelle und intensive Betreuung der demenzkranken Menschen im Zentrum stehe, keinen «Gewinn» erwirtschaften könne. Auch die zuständigen Ämter beim Kanton hätten das begriffen und ihnen in den letzten zehn Jahren immer wieder die Bewilligung erteilt.
Nun sollen laut Wolf die fast fertig umgebauten Liegenschaften an der Solothurnstrasse einer neuen Bestimmung zugeführt werden. «Wir wollen im weitesten Sinn einen Para-Hotellerie-Betrieb aufziehen. Das heisst, ein Hotel, das nur ein geringes Mass an Service bietet, beispielsweise nur Frühstück.» Wolf ist überzeugt, dass in Grenchen das Bedürfnis nach einem solchen Angebot durchaus besteht.
Wohin und wann Y-Psilon umzieht, wollen die Verantwortlichen nicht mitteilen. Man sei etwas gebrannt nach dem letzten Mal und gebe gerne Auskunft, aber erst, wenn wirklich alles unter Dach und Fach sei, hiess es.