Gemeinderat Grenchen
Schlappe für Schulen und Eltern: Kein Kindergarten für Kids im Lingeriz

Die Kinder aus dem Westen der Stadt Grenchen brauchen zwar einen eigenen Quartierkindergarten. Gebaut wird nach dem Entscheid des Gemeinderats aber lediglich einer im Zentrum. Weil er günstiger ist.

Patrick Furrer
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Der Lindenpavillon im Zentrum soll anstelle eines Modulbaus im Lingeriz als 14. Kindergarten dienen.

Der Lindenpavillon im Zentrum soll anstelle eines Modulbaus im Lingeriz als 14. Kindergarten dienen.

Oliver Menge

Die Stadt Grenchen bekommt im dritten Anlauf ihren 14. Kindergarten – allerdings nicht den, den sich die Eltern und Kinder im Westen der Stadt wünschen würden. Der Gegenwehr der SP trotzend, genehmigten SVP, FDP und CVP an der Gemeinderatssitzung vom Dienstag statt eines neuen Quartierkindergartens an der Lingerizstrasse den Ausbau des Lindenpavillons an der Lindenstrasse.

Zum ersten Mal in den Gemeinderat kam das Geschäft «14. Kindergarten» im März. Damals von der Baudirektion vorgeschlagen wurde eine Variante Kindergarten Lingeriz, als Ergänzung zu den bestehenden «Ruffini» und «Bodenrain«. Hauptargument: Sie wäre im Einzugsgebiet gelegen, während alle Alternativvorschläge mit einem längeren und damit gefährlicheren Schulweg verbunden sind. Gegenargument: die Kosten von 470 000 Franken.

Die Variante Lingeriz wird von der Verwaltung, Schulen und der SP als die beste erachtet, blieb aber chancenlos. Stattdessen wurde von den Bürgerlichen vorgeschlagen, im zerfallenden Schulhaus 1 im Zentrum den Kindergarten einzurichten. Andere, weitere Standorte waren nach vorgängigen Diskussionen verworfen worden.

Ein Entscheid musste her, da die Schulen die Zuteilungen für die Kindergartenkinder machen müssen. Die Baudirektion stellte drei Varianten zur Auswahl: Lingeriz (470 000 Franken Investition), Schulhaus 1 (90 000 Franken) und Lindenpavillon ( 255 000 Franken). Die neue Variante Lindenpavillon als Ausbau mit Garderoben und Toiletten wurde als vermeintliche Kompromisslösung gegen die Minderheit der SP bei 9 : 6 Stimmen genehmigt. Einen Kompromiss stellt sie aus Sicht der Schulen aber allerhöchstens aus finanzieller Sicht dar. Der Entscheid kommt einem Schnitt mit der Tradition der Quartierkindergärten gleich.

Die Warnungen der Sozialdemokraten verhallten ungehört. «Auch das Lingeriz gehört zu Grenchen, und ein Standort für diese Kinder im Zentrum ist falsch», sagte Remo Bill. SP-Parteikollege Alexander Kaufmann meinte, dass die Stadt eine Chance verpasse, wenn sie den Quartierkindergarten Lingeriz nicht umsetze. SP-Fraktionschef Urs Wirth warnte, dass man nicht aus Sparwahn eine Minderheit benachteiligen dürfe.

Schnell klar wurde zwar, dass die frühere Variante Schulhaus 1 nicht mehr zur Diskussion stand, da selbst Ivo von Büren (SVP) zugab, dass das Gebäude bei näherer Betrachtung «viel lausiger» sei, als er gedacht hätte. Die neue Variante Lindenpavillon hingegen gefiel. Auch Aldo Bigolin von der FDP: «Die Variante ist gut und nachhaltig.» Thomas Marti (CVP) pflichtete bei. «Der Lindenpavillon ist die beste Variante, weil in ein Gebäude der Stadt investiert wird.»

Es gibt also keinen Kindergarten für das Lingeriz. Enttäuscht zeigte sich Marc Widmer von der Geschäftsleitung der Schulen Grenchen, der überzeugt ist, dass der Kindergarten im Zentrum die Bedürfnisse der Familien nicht abdeckt. Er sei nicht glücklich mit dem Entscheid, sagte Widmer, auch wenn er den Entscheid des Gemeinderates akzeptieren müsse. Vorprogrammiert seien die Einsprachen der Eltern, deren Kinder nun den weiten Weg vom Lingeriz zum Lindenpavillon gehen müssen. Auch die anwesenden Kindergartenlehrerinnen erklärten, sie seien sehr enttäuscht. Wer nun das Nachsehen habe, seien die Kinder.

Zwar kündigte die SP noch an, mittels Unterschriftensammlung eine Petition für den Quartierkindergarten im Lingeriz zu starten, ob diese aber überhaupt eingereicht wird, ist fraglich. Sie würde die Umsetzung eines 14. Kindergarten wahrscheinlich weiter verzögern. Ohnehin wird es zur Herausforderung für die Schulen, die neuen Kindergartenkinder bis zur Fertigstellung des Anbaus beim Lindenpavillon im Herbst/Winter an einem geeigneten Standort unterzubringen. Momentan werden die Kids aus dem Westen provisorisch im Schulhaus Eichholz unterrichtet, das aber gesamtsaniert werden muss.