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Im Gegensatz zu anderen Wäldern im Kanton verzeichnet man in Grenchen wenig Schaden. Revierförster Patrik Mosimann führt dies auf zwei Gründe zurück.
Die Bürgergemeinde Grenchen ist mit 970 Hektaren Wald der zweitgrösste Waldbesitzer im Kanton. Kein Wunder, stellt sich nach den verheerenden Berichten aus dem ganzen Kanton auch hier die Frage, wie arg der Wintersturm «Burglind» den Grenchner Wald geschädigt hat.
Revierförster Patrik Mosimann zieht Bilanz: «Wir sind glimpflich davongekommen». Zum Glück habe es das Waldgebiet oberhalb von Grenchen nur an vereinzelten Stellen getroffen. «Wir haben sogenannte Streuschäden von rund 200 Kubikmeter Holz, das heisst rund 100 bis 150 Bäume liegen vereinzelt am Boden.»
Weshalb der Grenchner Wald weitgehend intakt geblieben ist, dafür sind laut Mosimann zwei Gründe hauptverantwortlich: Seit Jahren wird der Grenchner Wald als Dauerwald bewirtschaftet. Das heisst, man rodet nicht grossflächige Stellen komplett, sondern nimmt die Bäume einzeln heraus. «Werden ganze Flächen kahlgerodet, entstehen an den Seiten diese scharfen Waldkanten, die eine ausgezeichnete Angriffsfläche für den Wind bieten.»
Der zweite Grund sei ganz einfach der Schutz, den die Juralage biete. «Je näher der Wald am Jura liegt, desto geschützter ist er.» Das sei schon bei Lothar so gewesen, auch damals sei man mit einem blauen Auge davon gekommen. Und nicht zuletzt sei auch eine gehörige Portion Glück mit dabei: «Man weiss eben nie, wo der Wind durchgeht und wo die heftigsten Böen auftreten.»
Im Grenchner Wald wurden fast ausschliesslich Schäden westlich der Holzerhütte registriert. Und die grössten Schäden verzeichnet Mosimann im unteren Teil des Bergs, entlang der neuen Bergstrasse und der Romontstrasse. In der Stadt selber sind in erster Linie Bäume im Schildpark an der Calvinstrasse betroffen (siehe Box).
In der Stadt selber wütete «Burglind» sehr lokal. In erster Linie sei der alte Baumbestand im Schildpark an der Calvinstrasse arg betroffen, sagt Mosimann, der sich auf Wunsch der Besitzerin Marieluise Schild schon länger um die Bäume dort kümmert. «Sechs Rottannen sind umgerissen worden, alle zwischen 80 und 100 Jahre alt.»
Das sei so eine Sache mit diesen alten Fichten. Diese wüchsen nämlich ständig weiter. Dadurch böten sie dem Wind eine immer grössere Angriffsfläche und einen grösseren Hebel. Und weil es sich um Flachwurzler handle, sei die Chance, von einer Böe umgeworfen zu werden, umso grösser, je älter ein Baum sei. Eine der Rottannen sei an einem anderen Baum hängengeblieben und man habe ihn noch rechtzeitig zurückziehen können, bevor er ein Gartenhäuschen zerschlagen konnte.
Er werde der Besitzerin empfehlen müssen, den ganzen Baumbestand auf der Südseite des Parks zu entfernen, die Gefahr sei einfach zu gross, dass dort durch umstürzende Bäume grosse Schäden entstehen. Andernorts waren einzelne Bäume umgefallen, die Schäden seien aber vergleichsweise gering. «Wir hatten grosses Glück», so der Revierförster. (om)
Das Fallholz kann noch verwertet werden, zum Teil hat es aber an Wert verloren, weil es gebrochen, zersplittert oder gerissen ist. «Der untere Teil des Stamms ist am wertvollsten, bis zu der Höhe, wo die Äste beginnen. Und oft sind die Stämme genau dort gebrochen mit Rissen, die meterweit gehen. Solches Holz kann man nur noch häckseln und fürs Heizen verwenden.»
Die Rüstkosten pro Kubikmeter, die der Bürgergemeinde entstehen, normalerweise zwischen 50 und 70 Franken, erhöhen sich um rund 20 Franken, weil die gefallenen Bäume weit auseinander liegen und man jeweils die ganzen Maschinen dorthin bewegen muss. Ausserdem seien die ohnehin tiefen Holzpreise jetzt umso mehr unter Druck, schätzt Mosimann. «Das Holz wird entwertet und es kommt eine grosse Menge auf den Markt. Das heisst, der Holzpreis sinkt höchstwahrscheinlich.» Beim Holz sei es wie bei anderen Naturprodukten: Nicht der Anbieter bestimme den Preis, sondern der Kunde.
Den Grenchner Wald kann man – ganz im Gegensatz zu Wäldern im Wasseramt und Niederamt – mehr oder weniger gefahrlos betreten. «Grundsätzlich besteht eine geringe Gefahr, dass irgendetwas passiert. Und doch sollte man die Augen offen halten und einen grossen Bogen um schiefstehende oder gebrochene Bäume machen.
Denn insbesondere noch stehende Bäume, auf die andere Bäume gestürzt sind, stehen unter einer unglaublichen Spannung und können urplötzlich brechen – Zeit, davonzuspringen, bleibt da keine», sagt Mosimann. Das mache übrigens auch die Aufräumarbeiten so aufwendig. Man müsse sehr genau darauf achten, wo man mit den Arbeiten beginne, um sich nicht selber zu gefährden. Grundsätzlich gelte, das Betreten des Waldes erfolge immer auf eigene Verantwortung.
Schon jetzt seien die Sägereien in erster Linie scharf auf Fichtenholz. Die Fichte – fälschlicherweise oft auch Rottanne genannt – ist laut der Internetseite «woodvedia.ch» mit 39 Prozent die häufigste Baumart in der Schweiz und wurde früher wegen ihres geraden Wuchses, ihres raschen Wachstums und ihrer geringen Ansprüche an den Standort häufig angepflanzt.
Das Holz ist weich, gut zu bearbeiten und doch sehr belastbar. Aus diesem Grund wird hierzulande die Fichte als «Brotbaum» der Holzindustrie bezeichnet. Nur kommt der Baum des Jahres 2017 mit den klimatischen Veränderungen nicht zurecht. Die Fichte erträgt Trockenheit und Hitze schlecht, auch längere Nassperioden setzen ihr zu. Sie werde anfällig für den Borkenkäfer und häufig seien die Bäume innen verfault.
Ein mächtiges Exemplar liegt beispielsweise auf halber Höhe zwischen der Holzerhütte und der Ampelanlage neben der Bergstrasse. Nur gerade die Aussenhülle ist intakt, rund vier Fünftel im Innern sind verfault, der Stamm knapp über der Wurzel gebrochen. «Die Fichte stammt ursprünglich aus dem hohen Norden aus dem Gebirge und gehört nicht wirklich hierhin», sagt der Revierförster.
Aber auch andere Bäume sind akut gefährdet, durch Schädlinge geschwächt und fallen bei solchen Stürmen schnell einmal um. Beispielsweise Eschen, die grossflächig von einem tödlichen Pilz befallen sind und von denen laut Mosimann höchstens ein Prozent überleben werde, Ulmen, denen wegen eines anderen aus Asien eingeschleppten Pilzes das gleiche Schicksal drohe, sowie Schwarzföhren, die auch unter Pilzbefall leiden.
Überhaupt konstatiere er, dass Unwetter in der Häufigkeit zugenommen hätten. Es gebe vermehrt Klimaextreme, viel Regen oder Nassschnee, der auch zu Schäden im Wald führe, im Sommer lange Trockenphasen, die dem Wald zusetzten. Es gebe viele kleine Sturmschäden, hier mal zehn Bäume, da mal drei – «wir springen ständig solchen Dingen nach».