Grenchen
Rettungsdienst hat mehr als 300'000 Franken eingespart

Eine ergiebige Sparaktion fürs Jahr 2016 macht die Verantwortlichen des Rettungsdienstes zuversichtlich. «Jetzt warten wir auf die Tarifanpassung, und da sind wir zuversichtlich», sagt der betriebswirtschaftliche Leiter des Rettungsdienstes.

Daniela Deck
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Der Rettungsdienst informierte bei diversen Anlässen über sein Wirken, so an einem Familientag des TCS.

Der Rettungsdienst informierte bei diversen Anlässen über sein Wirken, so an einem Familientag des TCS.

Oliver Menge

Der Rettungsdienst Grenchen hat auf dem Weg zur ausgeglichenen Rechnung einen grossen Schritt getan. Mindestens 300'000 Franken hat er 2016 im Vergleich zum Vorjahr eingespart. Nun müssen noch die hängigen Tarifverhandlungen der Solothurner Spitäler AG mit dem Krankenkassenverband «tarifsuisse» zu einem guten Abschluss kommen.

«Sparen ist im Rettungswesen sehr schwierig. Denn ein Abbau bei der Qualität steht nicht zur Debatte», sagt Oliver Reisten, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Solothurner Spitäler AG (soH). «Aus diesem Grund ist die faire und kostenbasierte Abgeltung der Rettungsdienstleistungen für uns von höchster Priorität.»

Landesweit gehören die Solothurner Tarife zu den niedrigsten, wie eine Zusammenstellung des Preisüberwachers zeigt: Während pro Ambulanzeinsatz (mit Notarzt) in Solothurn nur 895 Franken vergolten werden, sind es in St. Gallen beispielsweise 1881 Franken.

Schwierige Verhandlungen

Die soH führt die Verhandlungen mit dem Verband tarifsuisse, dem 45 Krankenkassen angehören. Letzten Frühling führten diese Gespräche nicht zu einer Einigung. Daraufhin verfügte der Regierungsrat auf der Basis der bisherigen Abgeltungen provisorische Vergütungen. In den nächsten Wochen sollen nach Aussage von soH-Sprecher Eric Send die Verhandlungen mit tarifsuisse erneut aufgenommen werden. Bereits geeinigt hat sich die soH mit den Kassen Helsana, Sanitas und KPT (HSK, siehe Kästchen).

Die Tarife wären bekannt

Die Solothurner Spitäler AG (soH) hat mit den Krankenkassen Helsana, Sanitas und KPT (HSK) ein Tarifsystem für Rettungsdiensteinsätze ausgehandelt, an dem man die derzeit hängigen Verhandlungen mit tarifsuisse orientieren möchte.

Grundpauschale: 800 Franken (bisher 690 Franken)

kleine medizinische Leistung: 80 Franken.

mittlere medizinische Leistung (Medikamentation, Infusion): 150 Franken

grosse medizinische Aufwendung & Sachaufwand (erweitertes EKG): 240 Franken

komplexe medizinische Aufwendung & Sachaufwand (wie Reanimation): 350 Franken. (dd)

Send blickt der neuen Verhandlungsrunde zuversichtlich entgegen: «Dass sich die soH mit den neuen Tarifen durchaus im Rahmen bewegt, zeigt die rasche Einigung, die wir mit HSK schliessen konnten.»

Sparauftrag der Politik

Der Rettungsdienst Grenchen betreut im Auftrag der soH den westlichen Kantonsteil und die angrenzenden Dörfer im Berner Seeland mit einer Ambulanz rund um die Uhr. Ebenso wie die soH ist der Rettungsdienst Grenchen vom Interverband für Rettungswesen Schweiz (IVR) zertifiziert und hält sich an dessen geltende Standards.

In der Rechnung 2015 fuhr der Rettungsdienst Grenchen ein Defizit von fast 480'000 Franken ein. Daraufhin verpflichtete ihn der Gemeinderat dazu, bis 2017 die Rechnung ins Lot zu bringen. Wie ist es dem Rettungsdienst gelungen, ein umfassendes Sparpaket zu schnüren – und innerhalb eines Jahres umzusetzen?

Personal überqualifiziert?

Die Antwort hat viele Facetten. Die Wichtigste – mit Einsparungen von ca. 250'000 Franken: Das Personal in den Ambulanzen ist mit vorwiegend Rettungssanitätern besser ausgebildet als vorgeschrieben. Nun soll «ein gesundes Mass» zwischen Rettungssanitätern und «günstigeren» Transportsanitätern erreicht werden.

Der betriebswirtschaftliche Leiter des Rettungsdienstes, Mario Wiesenthal, erklärt: «Es gab Änderungsverträge und Kündigungen. Die fünf Betroffenen waren keine Festangestellten, sondern Freelancer. Zwei von ihnen konnten wir übrigens erneut einstellen. Effektiv abgebaut wurden 20 Stellenprozente in der Administration.»

Per Ende 2016 beträgt der Personalbestand 11,5 Stellen, verteilt auf neun Vollzeiter (davon zwei Auszubildende) und fünf Teilzeiter. Wiesenthal präzisiert: «Vonseiten der Stadt wären 13,5 Stellen bewilligt, ein Bestand, der aber seit Jahren nicht mehr erreicht wird.»

Neue Lieferanten, günstigere Abos

Jedes einzelne Konto sei «durchgestrählt» worden, betont Wiesenthal. Zugunsten günstigerer Angebote seien Abos gekündigt und Lieferanten gewechselt worden. Die budgetierte Neumöblierung des Stützpunktes sei verschoben worden. Ein Einsatzfahrzeug (Pw) sei an die Stadtpolizei abgetreten worden. Ersparnis materialseitig: ca. 55'000 Franken.

Erklärtes Ziel bei den verbleibenden drei Fahrzeugen, eine berggängige Einsatzambulanz und zwei voll ausgestattete Einsatzfahrzeuge (Ambulanzen), gekauft 2010 und nun vollständig abgeschrieben: Reduktion auf zwei Fahrzeuge im Jahr 2018.

Damit kommt für 2016 eine Reduktion der Ausgaben zusammen, die Mario Wiesenthal mit «mindestens 300'000 Franken» beziffert. «Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht», ist er überzeugt. «Jetzt warten wir auf die Tarifanpassung, und da sind wir zuversichtlich.»

Zu Ertrag und Aufwand des letzten Jahres kann der Rettungsdienst Grenchen noch keine Angaben machen, weil die Rechnung noch nicht vorliegt. Budgetiert sind Erträge von 1,385 Mio. Franken (bei einem Aufwand von 1,768 Mio. Franken), was ein Defizit von 383 000 Franken bedeuten würde. Dank dem Sparpaket dürfte das Defizit nun viel kleiner ausfallen. Kommentar rechts