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Die ehemalige Fabrikantenvilla am Höhenweg 11 in Grenchen wurde unter kantonalen Denkmalschutz gestellt. Dies hat den Grenchner Lokalhistoriker German Vogt veranlasst, in Archiven Material zur «Lambertvilla» auszugraben.
Der Regierungsrat hat die «Lambertvilla», die wohl schönste Herrschaftsvilla in Grenchen aus der Epoche des Jugendstil, unter kantonalen Denkmalschutz gestellt. Das hat den Grenchner Lokalhistoriker german Vogt veranlasst, in seinen Archiven Material zum opulenten Gebäude, bzw. zur Familiengeschichte des Erbauers, «auszugraben», nicht zuletzt, weil Vogt auch persönliche Erinnerungen mit dem Gebäude verbindet.
«Die Villa Lambert spielte in meinen Primarschuljahren eine nicht unwichtige Rolle, denn ich war aus familiären Gründen öfters Gast am Mittagstisch meiner Tante Elisabeth Lambert-Vogt, der Schwester meines Vaters», berichtet German Vogt. Als Primarschüler habe er stets den pompösen Südeingang und die geräumigen Zimmer bewundert: Das spezielle Raucherzimmer, das Billardzimmer, das grosse Eisenbahn-Spielzimmer für Kinder, die geräumige Küche mit dem grossen Kühlschrank. «Das war damals eine Rarität, die sich nur gut situierte Leute leisten konnten» erinnert sich Vogt.
Manchmal war er auch im Garagentrakt, wo sich auch ein Hühnerstall befand. «Gross war die Freude, als ich jeweils am Nachmittag die frisch gelegten Eier aus dem Nest holen konnte.» Reitseil, Reck und Trapez sowie das Erklettern der Tannen im Park sorgten für Bewegung. «Im Park bestaunte ich die kunstvoll gestaltete Grotte mit einer kleinen Kapelle und das Bassin mit einer sitzenden Frauenfigur sowie das stattliche Gartenhaus mit seinen zwei Gemälden.»
Auch die Firma spielte in German Vogts leben eine Rolle. Als er kurz nach der A-Matura im Herbst 1948 «wegen einer langen, mysteriösen Krankheit» das erste Semester an der Uni Basel verpasst hatte und bis zum Frühlingssemester 1949 trotz langer Suche keine Arbeit fand, erhielt er in der renommierten Maschinenfabrik Lambert eine Stelle als Schleifer. «Die Anlernzeit war kurz, etwa zehn Minuten, die Beschäftigung langweilig», erinnert er sich.
Nach drei Tagen kam die Erlösung aus dem Erziehungsdepartement in Solothurn: «Ich konnte eine Stellvertretung als Lehrer einer sechsten Klasse übernehmen, die dann an der Aufnahmeprüfung zur Bez sogar am besten abschloss.»
Im Grenchner Jahrbuch 1979 hat German Vogt über den Park der Villa Lambert einen Artikel publiziert. Zum Villenerbauer Seraphin Lambert schreibt Vogt: «1853 als Sohn eines Kleinlandwirtes geboren, verlor er mit acht Jahren seinen Vater, mit 14 die Mutter. Er konnte nur die Primarschule besuchen und musste nach Beendigung der Schulpflicht seinen Lebensunterhalt selbst verdienen, zuerst als Kommissär der Seidenfabrik Büsserach, dann als Mäster eines Viehmastbetriebes in Bärschwil.
Mit 18 Jahren konnte er in Delsberg eine dreijährige Mechanikerlehre absolvieren. 1877 nahm er Verbindung mit dem Grenchner Fabrikanten Niklaus Müller auf, Inhaber eines Geschäftes für Mühlen- und Sägebau. Dieser erkannte sofort die Begabung des jungen Mechanikers und engagierte ihn. Bald war Seraphin Lambert Chefmechaniker. Er erkannte die Bedürfnisse der sich schnell entwickelnden Grenchner Uhrenindustrie und begann für sie und für die Schraubenindustrie Automaten von Weltruf zu konstruieren.
1918 würdigte die Bürgergemeinde Grenchen die Verdienste Lamberts mit dem Ehrenbürgerrecht. 1887 hatte Lambert die Witwe seines verstorbenen Patrons, Elisabeth Müller, geheiratet. Die beiden führten während 29 Jahren eine harmonische Ehe, der eine Tochter und ein Sohn entsprossen. Dieser war als Maschinenfabrikant ebenso tüchtig wie sein Vater. Seraphin Lambert starb 1928. (gvg, at.)