Grenchen
Pro Natura und Nachbarn machen Einsprachen gegen geplante Überbauung am Waldrand

In Grenchen soll zuoberst am Stadtrand eine neue Überbauung entstehen. Der Gestaltungsplan wurde bereits vom Gemeinderat genehmigt. Jetzt wurden Einsprachen gegen die Überbauung gemacht. Sie argumentieren damit, die Bauten seien zu nahe an der Waldgrenze.

Andreas Toggweiler
Drucken
Die Anwohner oberhalb wehren sich gegen die geplante Überbauung «Südhang»

Die Anwohner oberhalb wehren sich gegen die geplante Überbauung «Südhang»

Oliver Menge

Im vergangenen Sommer genehmigte der Gemeinderat grossmehrheitlich einen Gestaltungsplan für eine Wohnüberbauung am oberen Stadtrand. Das Projekt wurde dabei ausdrücklich als hochwertig gelobt. Es entspricht auch der neuen Philosophie der Stadt, vermehrt Wohnraum des gehobenen Segments anzubieten. Der private Bauherr hatte sogar eine «Ideenkonkurrenz» (Projektwettbewerb) durchgeführt, was ebenfalls lobend erwähnt wurde.

Zwei Einsprachen gegen die Nutzungspläne

Schon damals gab es einerseits Widerstand von Nachbarn, die um ihre Aussicht fürchten. Vier Bewohner der Liegenschaft Altweg 11 haben denn auch gegen die Nutzungspläne Einsprache erhoben. Ebenso hat die Naturschutzorganisation Pro Natura eine Einsprache eingereicht. Pikantes Detail: Unterschrieben ist die Einsprache von Gemeinderätin Nicole Hirt (GLP), welche auch Pro-Natura-Präsidentin ist. Hirt hatte anlässlich der Behandlung des Gestaltungsplanes anfangs Juni 2019 als einzige gegen die Überbauung gestimmt.

Sie argumentierte, das Projekt weise einen zu geringen Abstand zum Wald auf und könne deshalb nicht bewilligt werden. Es werde ein unzulässiges Präjudiz geschaffen. Gesetzlich ist es allerdings möglich, in Ausnahmefällen einen reduzierten Waldabstand zu genehmigen. Die Baubehörden hatten dies ins Feld geführt zusammen mit dem Umstand, dass das Grundstück von seiner Form her ansonsten unbebaubar werde.

10 Meter sind für Pro Natura zu wenig

Pro Natura ist aber eine Reduktion des Waldabstandes von 20 auf 10 Meter zu gross. Eine formelle Genehmigung durch die zuständige Behörde fehle zudem, argumentiert Pro Natura. Verdichtung dürfe nicht auf Kosten des Waldes erfolgen.

Die Nachbarn, welche bei ihrer Überbauung seinerzeit noch den gesetzlichen Waldabstand einzuhalten hatten, argumentieren in ihrer 20-seitigen, von einer Rechtsanwältin verfassten Einsprache ebenfalls primär mit der Waldabstandsproblematik.

Ausstand für Stadtplaner gefordert

Denn in Sachen verbaute Aussicht hätten sie das fragliche Grundstück schon erwerben müssen, bzw. eine vertragliche Lösung finden, um eine Überbauung zu verhindern. Schliesslich fordern sie auch, dass sich der Stadtplaner in den Ausstand begebe, da dieser in der Phase des Projektwettbewerbs bereits die Interessen der Stadt einbrachte.

Rat soll die Einsprachen ablehnen

Klar ist, dass anlässlich der Behandlung des Geschäfts in der heutigen Gemeinderatssitzung Pro Natura-Präsidentin Nicole Hirt in den Ausstand treten muss. Die Baudirektion empfiehlt dem Gemeinderat, beide Einsprachen abzulehnen.

Eine Ausstandspflicht von Stadtplaner Fabian Ochsenbein sei überdies nicht gegeben. So sei es allgemein üblich, dass Projektentwicklungen, welche einem Gestaltungsplanverfahren vorangehen, durch den Stadtplaner begleitet werden. Es seien sogar Vertreter des Amtes für Raumplanung im Prozess der Ideenkonkurrenz involviert gewesen. Die Auswahl des Siegerprojektes sein indessen ausschliesslich durch den Grundeigentümer erfolgt.

Was die Frage des Waldabstandes betrifft, schreibt die Baudirektion: «Es war stets klar, dass eine Waldabstandsreduktion nur mit einem Projekt ermöglicht werden soll, welches diesem Aspekt die nötige Sorgfalt beimisst.» Dies sei bei diesem Projekt der Fall. «Es sind gerade diese Interessenabwägungen des Projektes, welche auch von den kantonalen Behörden im Rahmen der Projektentwicklung und der Vorprüfung gewürdigt wurden und dies eben als Begründung für eine Waldabstandsreduktion anerkannt haben.»

Weiterzug schon in Aussicht gestellt

Was die Aussicht der Bewohner der Liegenschaft Altweg 11 betreffe (der Einsprecher also), werde diese durch den Gestaltungsplan nicht mehr beeinträchtigt als durch eine Baute nach bisherigem Recht. Der neue Gestaltungsplan bewirke diesbezüglich keine Schlechterstellung.
Gegen den Entscheid des Rates können die Einsprecher innert 10 Tagen Beschwerde beim Regierungsrat einlegen, was dem Vernehmen nach für den Fall der Ablehnung der Einsprachen bereits angekündigt wurde.
Öffentliche Gemeinderatssitzung am Dienstag um 17 Uhr im Ratssaal des Parktheaters. Weitere Traktanden unter www.grenchen.ch.