Heinz Westreicher
Präsident des Grenchner Gewerbeverbands: «Der Detailhandel hat es nicht einfach»

Der Gewerbeverbandspräsident Heinz Westreicher sieht ein weiteres schwieriges Jahr auf die Läden zukommen. Er ruft zu Solidarität mit dem einheimischen Gewerbe auf.

Andreas Toggweiler
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Hansjörg Sahli

Wo steht das Grenchner Gewerbe im Januar 2018 und wie beurteilen Sie die Aussichten?

Heinz Westreicher: Die Handwerks- und und auch viele Dienstleistungsbetriebe florieren gut, insbesondere die baunahen Handwerker können sich aufgrund des anhaltenden Baubooms nicht über Auslastung beklagen.

... und wie sieht die Situation beim Detailhandel aus?

Hier ist die Lage schwieriger, was aber kein Grenchen-spezifisches Problem ist. Insbesondere die Fachgeschäfte im Non-Food-Bereich leiden unter dem Internethandel und dem Einkaufstourismus. Hier fürchte ich, dass auch 2018 keine Trendwende bringen wird. Die Detailhändler werden gefordert bleiben.

Wie kann der Gewerbeverband sie dabei unterstützen?

Wir sind – im Vergleich zu anderen Gewerbevereinen – ein durchaus aktiver Verband und lancieren auch immer wieder neue Ideen, welche Kundenkontakte ermöglichen. Ich denke zum Beispiel an den letztes Jahr erstmals durchgeführten «Wühltag», der insbesondere dem Detailhandel zugutekam. Der Anlass war ein Erfolg und soll auch dieses Jahr wieder durchgeführt werden. Auch die Kino-Nacht ist ein Renner und wurde letztes Jahr mit einem Apéro riche ergänzt, was Anklang fand. Es gibt sicher heuer auch wieder eine Kinonacht. Dazu kommen saisonale Aktivitäten an Ostern, Muttertags- und Weihnachtsaktionen oder der Cüpli-Samstag. Und diverse Anlässe und Projekte, bei denen der GVG mithilft. Ich denke, ich kann sagen, dass diese Aktivitäten von unseren Mitgliedern wahrgenommen und geschätzt werden. Die Mitgliederzahl steigt jedenfalls wieder an. Wir zählen heute 120 Mitglieder.

Heuer ist wieder ein Grenchner Fest, ist das Gewerbe auch wieder dabei?

Ja, sicher, sofern sich genug Interessenten finden. Man muss auch immer bedenken, dass eine solche Ausstellung Ressourcen benötigt von den beteiligten Firmen das heisst, Personal fürs Geschäft, das ja weiter offen sein muss, wie auch für einen Ausstellungsstand.

Das wird ja oft auch als Entschuldigung gesagt, dass einheimische Firmen nicht an die mia gehen. Dieses Jahr gäbe es nochmals eine Chance, auch wenn erneut ein auswärtiger Organisator sein Glück versucht ...

Christian Riesen kann man nicht als Auswärtigen bezeichnen. Er ist in Grenchen bestens vernetzt und ich möchte ihm und Grenchen eine erfolgreiche mia gönnen. Denn ich denke, heuer ist für die mia das Jahr der letzten Chance. Wenn es diesmal nicht klappt, so befürchte ich, wird es nie mehr eine mia geben. Der GVG steht jedenfalls voll hinter dieser mia und hilft, wo er kann.

Warum gibt es kaum Grenchner Gewerbler an der mia?

Ich habe es schon angetönt: Aus denselben Gründen, wie es schon schwierig war, eine Gewerbeausstellung im Eusebiushof durchzuführen oder genug Aussteller am Grenchner Fest zu finden: viele können nebst dem Tagesgeschäft nicht auch noch einen Messebetrieb stemmen.

Unsere Serie «Einkaufen in Grenchen» hat gezeigt, dass es auch in Grenchen noch eine ganze Anzahl attraktiver Fachgeschäfte gibt. Ist dieser Umstand zu wenig bekannt? Machen die Geschäfte zuwenig Werbung oder am falschen Ort?

Das kann man nicht so sagen. Die Geschäfte kennen ihre Kunden gut genug, um zu wissen, wie sie den Werbefranken am effektivsten ausgeben. Wenn aber der Umsatz dauernd zurückgeht, bleibt auch weniger Geld für Werbung, das gibt eine Negativspirale. Deshalb mein Aufruf: Wer nicht beim Grenchner Gewerbe einkauft, schneidet sich ins eigene Fleisch und treibt diese Negativspirale an. Wenn Geschäfte verschwinden, leidet die Attraktivität der Stadt und das macht es für die Verbliebenen immer schwieriger.

Die Frage ist auch, sind die Geschäfte innovativ genug, um sich an die Kundenbedürfnisse anzupassen?

Eine durchaus berechtigte Frage. Ich glaube, viele sind es, wenn ich an die Kundenanlässe einer Carmen Leimer oder die Kurse von Markus Arnold denke. Statt ein Geschäft ganz zu schliessen, kann man sich auch zusammentun und so die Ladenmiete aufteilen, wie ich das verschiedentlich beobachtet habe. Auch wir vom GVG wollen innovativ sein und haben die Homepage neu gestaltet und einen Shop integriert. Hier wird man schon bald gezielt auch im Internet nach Produkten und Dienstleistungen aus Grenchen für Grenchen suchen können. Denn mein Aufruf gilt speziell auch für Grenchner Gewerbetreibende. Nur schon wenn alle Grenchner Gewerbetreibende in Grenchen einkaufen würden, wäre viel gewonnen.

Und die Stadt? Sie hat sich ja auch eine Attraktivierung der Innenstadt auf die Fahnen geschrieben. Tut sie das Richtige?

Ich glaube, sie ist auf dem richtigen Weg. Es wurde das Projekt «Lebendige Innenstadt» lanciert, mit verschiedenen Arbeitsgruppen, in denen das Gewerbe auch vertreten ist. Ich denke, da wird sicher dieses Jahr mit konkreten Resultaten zu rechnen sein. Lassen wir uns überraschen.

Seit Kurzem kann man mit einer App 15 Minuten gratis in der Stadt parkieren. Eine gute Idee?

Auf alle Fälle. Ich glaube allerdings, es gibt noch eine gewisse Hemmschwelle. Die Leute besorgen sich zwar die App, registrieren sich und erhalten den entsprechenden Badge. Aber benutzen tun das System meiner Einschätzung nach noch immer recht wenige. Vielleicht wäre eine weitere Informationsoffensive der Stadt hilfreich.

Zurück zu den erfolgreichen Handwerkern. Was hat ihnen der GVG zu bieten?

Sie profitieren wie alle Andern von den Kundenanlässen wie der Kinonacht. Auch haben wir einen gemeinsamen Wirtschaftsanlass mit dem Industrie- und Handelsverband, bei dem allerdings die Beteiligung auf Gewerbeseite noch besser sein könnte. Und nicht zu vergessen der Wirtschaftstag mit den Schulen, ein sehr erfolgreicher Anlass im Zusammenhang mit der Lehrlingsrekrutierung.

Die Stadt hat die Wirtschaftsförderung und jetzt auch das Stadtmarketing ausgelagert. Haben Sie schon Erfahrungen?

Ja, durch die Kombination von Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing sind die Aktivitäten für das Gewerbe deutlich spürbarer geworden. Dazu haben wir nun in der Person von Karin Heimann eine klare Anlaufstelle. Aus der engen und hervorragenden Zusammenarbeit haben sich schon einige, für das Gewerbe interessante Projekte ergeben und weitere werden sicher folgen.