Wieslaw Reglinski ist der neue katholische Pfarrer für Grenchen und Bettlach. Er ist auch Privatpilot.
Nein, das Gespräch mit Wieslaw Reglinski, dem neuen römisch-katholischen mitarbeitenden Priester mit Pfarrverantwortung von Grenchen und Bettlach, findet nicht in einer Sakristei statt. Der Flughafen Grenchen bildet den äusseren Rahmen für die Begegnung mit dem Priester, der nicht nur wegen des Berufs einen starken Bezug zum Himmel hat.
Auch sein Poloshirt mit dem Logo einer bekannten Flugzeugfirma aus den USA deutet darauf hin, dass für Wieslaw Reglinski die beiden Pfarrgemeinden Grenchen und Bettlach nicht per Zufall zu seiner neuen Wirkungsstätte wurden. Doch davon später mehr.
1967 geboren, wuchs Wieslaw Reglinski in der Nähe von Danzig in Nordpolen auf, als mittleres von drei Kindern. «Damit bin ich quasi der geborene Vermittler», lächelt er und zeigt damit gleichzeitig auf, dass er gerne mit der Sprache spielt.
In dem Mann vis-à-vis, der mit einer leger-ruhigen Art, aber konzentriert mit seinem Gegenüber spricht und sich auch von den startenden und landenden Flugzeugen nicht ablenken lässt, steckt ein hochgebildeter Mensch mit zweifacher Promotion. Vielleicht haben ihm deswegen seine Eltern den Vornamen Wieslaw gegeben, was «der die Weisheit lobt» bedeutet.
Zehn Jahre dauerte sein Theologiestudium, weil er zusätzlich ein Sozialpraktikum in einem Altersheim und ein pastorales Praktikum in Weissrussland absolvierte. 1996 wurde Reglinski zum römisch-katholischen Priester geweiht. Darauf folgte ein zweijähriges Wirken als Kaplan in Warschau in einer Gemeinde mit über 10000 Menschen, die mehrheitlich in Siedlungen mit Hochhäusern lebten. Die nächste Station in seinem Leben war der Weiterbildung gewidmet, als er sieben Jahre lang in Rom ziviles und kirchliches Recht sowie Bioethik studierte.
Seit 2005 lebte Wieslaw Reglinski in der Schweiz. Zuerst war er Pfarrer in Huttwil, also im traditionell reformierten Emmental. «Der Austausch mit den Mitgliedern der reformierten Kirchgemeinde war für mich spannend und lehrreich», hält er fest. «Das war für mich eine wertvolle neue Erfahrung, da in Polen und Italien die Menschen ja durchweg katholisch sind.» Als einziger katholischer Priester wirkte er zudem als Einsatzleiter im Care-Team des Kantons Bern mit.
2013 berief ihn die «höhere Gewalt» – sprich Bischof Felix Gmür – in den Pastoralraum Niederamt und 2019 wieder in die bischöfliche Kurie nach Solothurn, wo er Anfang Juli als Offizial arbeitet. Für ihn ist es aber wichtig, zusätzlich zu seiner Tätigkeit im Offizialat (Kirchengericht) auch als Pfarreiseelsorger und somit als Generalist wirken zu können. Und nun zum Grund, weshalb das Gespräch auf dem Flughafen stattfindet und nicht in der Umgebung einer Kirche. Wieslaw Reglinskis eigentlicher Berufswunsch als Jugendlicher fing auch mit P an wie Priester, war aber Pilot. Selbst wenn das Ziel Linienpilot bei der polnischen Fluggesellschaft LOT war, ging dies in seinem Heimatland nur über den Weg, dass man vorerst einmal als Militärpilot arbeiten musste.
Das wollte er aber nicht werden, doch der Flugwunsch blieb ihm immer erhalten. Zum ersten Mal selbst am Steuer eines Flugzeuges sass er im Jahr 2000 während einer Sommeraushilfe in Kanada in der Nähe der Niagarafälle. Auf dem Flugplatz Birrfeld schloss er die Ausbildung zum Privatpilot ab. In dieser Zeit besuchte er bei der Flugschule Grenchen einen zweiwöchigen Theoriekurs, damals noch nicht wissend, dass am Jurasüdfuss auch mal seine berufliche Wirkungsstätte sein würde. Fliegen sei für ihn eine wunderbare Ergänzung zu seinem Beruf. Da habe er es nicht mit Geisteswissenschaften und Seelsorge zu tun, sondern müsse sich mit der Technik und Zahlen befassen.
Für den neuen römisch-katholischen Priester von Grenchen und Bettlach sind die Ökumene und der interreligiöse Dialog wichtig. Dabei hat er bereits im Rahmen der kommenden Woche der Religionen im November Anlässe geplant. Einer wird auf «neutralem Grund» im Theoriesaal der Flugschule Grenchen stattfinden, nämlich mit dem Thema über die Vorstellung des Himmels in den verschiedenen Religionen. «Das passt der Flughafen wunderbar als Ort für diesen Anlass», freut sich Reglinski. Die Aufgaben in den Pfarreien teilt er sich mit Gudula Metzel, die schon seit einiger Zeit in Grenchen wirkt. Wieslaw Reglinski wird als «mitarbeitender Priester» hauptsächlich für die Liturgie und die Sakramente besorgt sein, während sich Gudula Metzel mehr den organisatorischen Fragen widmet.
Seine Wohnung im renovierten Pfarrhaus bei der Klemenzkirche in Bettlach hat er bereits bezogen. Es ist ihm wichtig, nahe bei den Menschen zu wohnen und nicht im Bischofssitz in Solothurn. In der Luft kennt Pfarrer Reglinski die Schweiz gut, am Boden ist er zurzeit am Erkunden seiner neuen Umgebung.
So hat er in Staad bereits die schöne St.-Nikolaus-Kapelle entdeckt, die sich, so seine Überlegung, eventuell gut für ökumenisch gestaltete und tierfreundliche Sonntagsnachmittagsgottesdienste für Spazierende eignen würde.
Neue Wege zu begehen, ist für den am Meer aufgewachsenen und damit an einen weiten Horizont gewohnten Priester wichtig. Alles ändere sich stets. Das sei ihm wieder mal so richtig bewusst geworden, weil selbst das Magnetfeld der Erde nicht eine Konstante sei. So habe die Flugpiste von Grenchen neu bezeichnet werden müssen: Jahrzehntelang sei sie mit 07/25 angeschrieben gewesen, also mit 70 Grad östliche Richtung, auf der Gegenseite 250 Grad ungefähr nach Westen.
Seit ein paar Jahren heisse sie nun 06/24, weil sich eben auch das Magnetfeld im kontinuierlichen Wandel befinde. Egal wie die Piste heisst: Auf ihr wird Wieslaw Reglinski künftig von Zeit zu Zeit abheben, um die Freiheiten der dritten Dimension geniessen zu können.