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Grenchen gehört zu den letzten Gemeinden, in denen die Abfuhr das Altglas abholt. Weil die Stadt erwog, dies zu Gunsten von Sammelstationen in den Quartieren aufzugeben, wurde mit Hilfe petitio.ch eine Petition dagegen lanciert.
Die Meldung dieser Zeitung, die Stadt plane eine Einstellung der monatlichen Altglassammlung und den Ersatz durch Sammelstationen in den Quartieren, hat eine Kontroverse ausgelöst. CVP-Kantonsrat Peter Brotschi lancierte auf der Internet-Plattform petitio.ch dieser Zeitung eine Petition, von diesem Vorhaben doch abzusehen. Schon über 100 Personen haben die Online-Petition unterschrieben.
«Zeige dem Gemeinderat mit deiner Unterschrift, dass du mit der Abschaffung nicht einverstanden bist und das Glas nicht selber zu einem Container fahren willst. Solche Glascontainer gehören nicht in die Wohnquartiere», begründet Brotschi seinen Vorstoss.
Seither wird auch auf den einschlägigen Facebook-Seiten Brotschi Vorstoss breit diskutiert. Er erfährt dabei nicht nur Zustimmung. Brotschis gute Vernetzung in den sozialen Medien verschafft seinen Argumenten aber breite Beachtung, ganz im Unterschied etwa zu GLP-Gemeinderätin Nicole Hirt, welche letztes Jahr einem Vorstoss für Abfalltrennung an Grossanlässen in Grenchen auf der selben Online-Plattform nur wenig Support generieren konnte.
Initiant Peter Brotschi betont, dass er die Petition als Privatperson lanciert habe, ohne Absprache mit der Partei, die offensichtlich anderer Meinung ist als er (vgl. Haupttext). «Für mich ist das ganz klar ein Abbau von Service public», meint Brotschi auf Anfrage. «Bei unserem Mehrfamilienhaus steht ein Container, welcher vom Werkhof in 30 Sekunden geleert wird. Neu müssten zehn Parteien sich individuell und laufend um die Entsorgung kümmern. Das macht doch keinen Sinn und führt nur zu unnötigem Verkehr.»
Und wenn schon gespart werde, gelte es die Einsparungen an die Bevölkerung weiterzugeben, fordert er. Am heutigen Markt will Brotschi weiter für sein Anliegen werben. Er erhalte viel Echo zu seinem Vorstoss. «Wen ich darauf anspreche, der unterschreibt auch.»
Zusätzliche Probleme sieht er auch bei den neuen Entsorgungsstellen. «Das Baubewilligungsverfahren wird sicher nicht problemlos verlaufen», meint er. Es sei auch zu befürchten, dass bei den Sammelstellen weitere illegale Abfalldeponien entstehen, wie sie bereits heute an verschiedenen stellen der Stadt ansatzweise zu beobachten. «Solche Sammelstellen mögen in Dörfern wie Bettlach funktionieren, nicht aber in Grenchen», meint Brotschi.(at.)
In die Diskussion eingegriffen hat auch schon die Politik, obwohl die Gemeinderatsvorlage noch gar nicht geboren ist. Pikanterweise hat ausgerechnet der städtische CVP-Präsident Brotschi in einem Kolumnebeitrag gemassregelt und einige Hintergründe zur geplanten Systemumstellung dargelegt.
Fakt ist: Grenchen gehört zu den letzten Gemeinden, in welchen die Einwohner ihr Altglas noch selber zu Hause hüten müssen bis die Abfuhr einmal im Monat vorbeikommt. Das Glas muss dabei in wetterfesten Behältern (die nach der Sammlung auch schon mal «verschwinden» können) am Sammeltag bereitgestellt werden. Dasselbe geschieht jeden zweiten Monat mit dem Altmetall.
National hat sich schon längst das Sammelsystem mit Glascontainern durchgesetzt. «Lausanne, Biel und Lengnau sammeln das Glas noch mit der Abfuhr ein. Sonst weiss ich keine Gemeinde mehr», erklärt Jakob Bräker, Administrator Werkbetriebe auf dem Grenchner Werkhof.
Das Sammeln von Altglas in Containern habe verschiedene Vorteile. «Wichtigster Vorteil ist, dass man damit das Glas nach Farben getrennt sammeln kann und wir damit beinahe das doppelte für das Altglas erhalten, als wenn alles im selben Behälter landet.» Auch Swiss Recycling hat der Stadt empfohlen, aus diesen Gründen «die Holsammlung zu überdenken.»
Die Argumente, dass damit zusätzliche Autofahrten generiert werden, mag Bräker nicht so recht nachvollziehen. «Man kann das doch mit anderen Besorgungen kombinieren», meint er. Dass Ältere oder Gebrechliche speziell betroffen seien, sei ebenfalls fraglich. «Irgendwie haben sie ja auch die vollen Flaschen in den Haushalt gebracht.»
Bräker hat die Vorlage, welche demnächst von der GRK behandelt wird, massgeblich mitgeprägt. Geplant seien fünf moderne, im Boden versenkte Sammelstellen verteilt über das ganze städtische Gebiet. Die fünf Kubikmeter grossen Container sorgten dafür, dass sich die Lärmbelastung in Grenzen halte.
Wie das aussieht kann man beispielsweise in Solothurn am Dornacherplatz oder beim Westbahnhof begutachten. Weiterhin kann das Glas auch jederzeit bei der Multisammelstelle abgegeben werden, welche diesen Sommer mit einem privaten Betreiber gleich neben dem Werkhof neu gebaut wird (wir berichteten). Im Kastels Quartier ist allerdings zunächst noch ein konventioneller Sammelcontainer geplant, weil die Zukunft des betreffenden Areals noch unklar ist. Alle Sammelstellen sind auf Boden geplant, welcher der Stadt gehört.
Technische Vorteile hin, Abfalltrennung her. Es geht auch, wie für Grenchen zurzeit besonders bedeutsam, ums Kosten sparen. «Insgesamt könnten wir mit dem Systemwechsel bis in einigen Jahren rund 80 000 Franken jährlich einsparen» erklärt Bräker weiter. Dies sobald die neuen Anlagen amortisiert sind. Denn das Teuerste am Abfalleinsammeln sind die Mannstunden. Grenchen habe im Vergleich sehr niedrige Abfallgebühren, meint Bräker weiter. Mit der geplanten Investition könne auch eine Erhöhung bis auf weiteres verhindert werden.
Gerechnet wird mit einer Anfangsinvestition für den Bau pro unterirdische Sammelstelle von rund 60–70 000 Fr. An den neuen Sammelstellen sollen insgesamt fünf Einwurfsäulen entstehen: zwei für Grünglas, je eine für weisse und braune Flaschen und eine Einwurfsäule für Weissblech- und Aludosen.
Damit könnte man auch die Kadenz der Altmetallsammlung etwas reduzieren, meint Bräker. Ohnehin wird seit 2010 mehr Altmetall zur Sammelstelle gebracht als der Sondersammlung mitgegeben. Zusammen sind es zurzeit jährlich etwa 170 t. Beim Altglas lag die gesammelte Menge in den letzten drei Jahren bei gut 500 t pro Jahr. Die Vorlage kommt laut Stadtpräsident François Scheidegger schon bald in den Gemeinderat.
Also am 31. Januar oder am 14. März. Auch der Stapi ist ein Befürworter des neuen Systems. Es sei höchste Zeit, dass Grenchen sich für eine farbgetrennte Sammlung von Glas entscheide.