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Der Künstler Tobias Gutmann überzeugte im Kunsthaus Grenchen mit seiner Performance «Face-O-Mat».
Der Künstler sitzt in der Ecke des grossen Ausstellungsraums des Kunsthauses einem abstrakt abgegrenzten Bereich, geformt aus weissen Kartonquadern, die mit grafischen schwarzen Strichen und Bögen versehen sind. Abstraktion ist das Zauberwort, mit dem man die Kunst von Tobias umschreiben kann, oder auch die Reduktion auf das Wesentliche. Nach Perfomances in Paris, Shenzen und Melbourne trat der 1987 geborene Künstler am Sonntag in Grenchen auf.
Gutmann fertigt Porträts. Er sitzt hinter dem «Face-O-Mat», einer Konstruktion aus Holz, Stoff und Plexiglas. Eine Parodie des klassischen Fotoautomaten. Der «Kunde» schiebt als Erstes sein Ticket in den dafür vorgesehenen Schlitz. Mit einem kleinen Hebel entscheidet der Kunde, ob sein Porträt «naturalistic» oder «Facelift» sein soll, also eher natürlich oder eher abstrakt. Der «Face-O-Mat» schafft Distanz zwischen Künstler und Modell, auch die Kommunikation zwischen beiden wird abstrahiert. Gutmann, der sein Gegenüber nur durch eine Öffnung betrachtet, arbeitet mit Kalligrafiestiften und Tusche.
Er reduziert sein Modell auf wenige Merkmale, die aber grossen Wiedererkennungswert haben, wie zum Beispiel Locken, Schnauz und Augenbrauen. Oder dann auf Accessoires wie Brille, Ohrring oder Kappe. Hin und wieder wirft Gutmann einen Kontrollblick durch die Öffnung, bevor er konzentriert weiterarbeitet. Am Schluss hebt er den kleinen Vorhang, der seine Arbeit während der Herstellung verbirgt und übergibt dem Kunden das Resultat. Ein Foto von Gesicht und Kunstwerk schliesst die Arbeit ab, der Nächste darf sich setzen.
An der Wand hinter dem «Face-O-Maten» konnten die interessierten Besucherinnen und Besucher auf einem Bildschirm Videoproduktionen über Perfomances an diversen Schauplätzen verfolgen, in sich gesehen schon Kunstwerke. Insbesondere der Kontrast zwischen einer Session in der Millionenmetropole Shenzen und einer «Face-O-Mat»-Installation in Papua Neuguinea war eindrucksvoll. Gutmann, der in Papua Neuguinea aufgewachsen ist, kehrte nach etlichen Jahren für kurze Zeit dorthin zurück. Er baute zusammen mit Dorfbewohnern aus Bambus, Rinde und weiteren Ressourcen, die der Dschungel hergab, einen seiner «Face-O-Maten».
Anschliessend porträtierte er die Einheimischen, für die das sehr speziell gewesen sei, wie er sagt. «Obwohl sie eigentlich sehr abstrakte Masken voller Symbolik herstellen, war der Zugang zu abstrakten Porträts für sie eher schwierig». Ganz im Gegensatz zu den an allem Modernen interessierten jungen Chinesen in Shenzen, die sich äusserst fasziniert und offen zeigten.
Gutmann begeisterte auch in Grenchen die Besucherinnen und Besucher, die sich von ihm porträtieren liessen und die Kunstwerke anschliessend geschenkt erhielten. Die Wartezeit konnte man sich mit dem Besuch der aktuellen Ausstellung «Prominent? Andy Warhols ‹Goethe› und andere Berühmtheiten» verkürzen, die in Kooperation mit der Triennale gezeigt wird. www.face-o-mat.com.