Mit günstigen Kurzzeitparkplätzen will der Gemeinderat das Gewerbe unterstützen. Ein Motion von Robert Gerber (FDP) wurde mit 11 gegen 4 Stimmen deutlich angenommen.
FDP-Fraktionschef und Alt Polizeikommandant Robert Gerber hatte eine Motion eingereicht, in welcher er die Wiedereinführung von Kurzzeitparkplätzen bzw. die Reduktion der Mindestparkgebühr von derzeit 1 Franken fordert. Gerber will damit dem Detailhandel zudienen, der mit Umsatzproblemen kämpft.
Der Gemeinderat hat im Dezember 2016 neuen Tarifen fürs Parkieren in Grenchen beschlossen. Dabei wurde eine Mindestparkgebühr von 1 Fr. eingeführt. «Diese Tarifstruktur zieht komisch anmutende Tarifverzerrungen nach sich und ist der Standort- und Zentrumsförderung abträglich», begründet Gerber. Er verweist etwa auf das Coop-Parkhaus, wo die erste Stunde gratis ist.
In der Gemeinderatskommission stiess Gerbers Anliegen auf offene Ohren. Sie wünscht, dass technische Möglichkeiten geprüft werden, um das Kürzestparkieren attraktiver zu machen. Dabei denkt man an eine Parkdauer von 15-20 Minuten. Es soll geprüft werden, ob auf dem Postparkplatz eine Schranke installiert werden kann. Diese aber würde dort 5-10 Parkplätze «kosten». Nicht erwähnt wird in der Vorlage, dass mit einer entsprechenden App schon heute auf jedem Parkplatz der Stadt 15 Minuten gratis parkiert werden kann. Der Rechtsdienst macht zudem auf den Umstand aufmerksam, dass Gratis-Parkzeiten im von der Gemeindeversammlung beschlossenen Gebührenrahmen gar nicht vorgesehen sind.
Polizeikommandant Christian Ambühl machte kein Hehl daraus, dass er die Motion falsch findet. Auch nach der Tariferhöhung seien 1 Franken pro halbe Stunde noch kein teurer Tarif. «Der Durchschnitt anderswo liegt bei 1.70 Fr., Tendenz steigend. Die Tarifanpassung von 2016 habe bisher keine hohen Wellen geworfen. Die Kontrolle von Kurzzeit-Gratisparkplätzen sei zudem kaum praktikabel. «Und auf notorische Nichtzahler hat das ganze schon gar keinen Effekt.»
Daniel Hafner (SP) glaubt nicht, dass eine Reduktion der Parktarife für das Gewerbe etwas verändert. «Rappenspalter kaufen sowieso nicht in Grenchen ein, sondern fahren nach Bözingen oder noch weiter. Fussgänger machen das nicht, darum muss das Stadtzentrum für Fussgänger attraktiv sein, nicht für Autos.» Als Industriestadt im Grünen und Energiestadt Gratisparkplätze voranzutreiben sei schizophren, meinte Nicole Hirt (GLP).
«Akzeptiert doch endlich, dass Grenchen eine Autostadt ist», meinte hingegen Richard Aschberger (SVP) und zeigte sich düpiert, dass jetzt die FDP, welche doch die neue Parkordnung mitbeschlossen habe, ein langjähriges Kernthema der SVP besetzt. «Ich war damals noch nicht im Rat", wehrte sich Gerber. «Ich habe auch nie Gratisparkplätze gefordert», meinte er und unterstrich, dass es ihm vornehmlich um die Parkplätze vor den Bäckereien und Metzgereien gehe, welche stark von Passanten (auch per Auto) abhängig seien. «Diese haben auch nichts mit Online-Konkurrenz zu schaffen, sondern es geht dort um rasche Erreichbarkeit.» Die Motion Gerber wurde schliesslich mit 11 gegen 4 Gegenstimmen deutlich angenommen. Damit sei noch nichts über die Form der Umsetzung des Vorstosses gesagt, rief Stadtpräsident François Scheidegger in Erinnerung.
Zähneknirschend, aber einstimmig hat der Gemeinderat auch dem neuen Abgeltungsmodell für die Zusammenarbeit von Stadt- und Kantonspolizei zugestimmt. Grenchen soll für die Leistungen der Stadtpolizei nur 650 000 Fr. jährlich bekommen, plus eine Entlastung von Notfall-Interventionsschichten. Letztere wurde aber abgelehnt und als Finte bezeichnet, die am Ende für die Stadt nur zu noch höheren Kosten führe. Grenchen sei nicht zuletzt dank der Stadtpolizei die sicherste Stadt im Kanton, unterstrich der Kommandant.
Wie Solothurn geht man auch keinen Klageverzicht ein, weil man sich vom Kanton erpresst fühlt. Im Rat hagelte es denn auch geharnischte Kritik am Kanton bzw. am zuständigen Departement des Innern. Eine solche Kujonierung der Städte durch den Kanton sei eines Rechtsstaates nicht würdig, hiess es. Der Kanton spiele seine Macht schamlos aus und versuche mit dem rechtlich nicht zulässigen Klageverzicht eine höchst ungerechte Situation zu zementieren. Deshalb habe er auch die Zusammenarbeitsvereinbarung gekündigt, damit das Gericht keine Entscheidbasis mehr habe. "Eine Schande", meinte Robert Gerber, «es ist wie David gegen Goliath», Angela Kummer (SP) und SVP-Fraktionschef Ivo von Büren rief die Kantonsräte auf, zu handeln.
Insgesamt habe man aber keine andere Wahl als das vom Kanton präsentierte Angebot zu schlucken und damit die Verunsicherung beim Polizei-Personal endlich zu beenden. "Ein Polizist braucht Kompetenzen", meinte Ambühl. Zu Beginn der Sitzung hatte Gaston Barth, ehemaliger Rechtsdienstleiter der Stadt Solothurn und profunder Kenner der Materie, die Vorlage ausführlich vorgestellt. Er sah auch keine Alternative als diese Kröte zu schlucken. Auch Barth sprach von einer "bedenklichen Haltung einer Regierung gegenüber ihren Kommunen."