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Die Grenchner Uhrmacherlehrlinge haben sich nach einem Wettbewerb im Dezember als Sieger feiern lassen. «Das ist mitnichten so», meldet sich nun ein österreichisches Team. Es wirft den Grenchnern unlauteres Vorgehen vor.
Alles begann so, wie man es sich für Lehrlingswettbewerbe, an denen die Uhrmacherschule teilnimmt, vorstellt. Die Grenchner Lehrlinge gehen, sehen und siegen. So vermeldete diese Zeitung denn auch einen weiteren Erfolg eines Grenchner Teams im vergangenen Dezember.
Aus nicht weniger als je 25 Uhren des Herstellers Casio waren die Lehrlingsteams aufgefordert, ein Rennauto zu basteln, denn Casio ist ein Sponsor von Red Bull Racing, dem aktuellen Formel-1-Weltmeister. Für einmal hiess es, eine Uhr, ja gleich mehrere Chronographen, zu zerstören, um ans Ziel zu kommen.
Da nur zwei Teams überhaupt am Wettbewerb für Uhrmacherschulen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz mitmachten, wurden am Ende beide in die Red Bull-Zentrale nach London eingeladen, wo sie die Stallorder an die Fahrer in Brasilien live mitverfolgen konnten.
Alles schien in Minne zu enden. Bis die österreichischen Lehrlinge der HTL Karlstein (Niederösterreich) im Internet den Artikel des az Grenchner Tagblatts erblickten, wo sich die Grenchner nämlich als Sieger des Wettbewerbs feierten.
Österreicher wehren sich
«Das ist mitnichten so», meldet sich jetzt die angehende Uhrmacherin Rebecca Rosner aus Österreich. «Wir haben den Wettbewerb gewonnen, nicht die Grenchner», erklärt sie voller Empörung. «Wir sind entsetzt über die Dreistigkeit unserer Schweizer Kollegen, welche sich als Sieger feierten. Das stimmt einfach nicht.»
Es sei im Gegenteil so, dass das Grenchner Team Material verwendet habe, das gemäss Wettbewerbsbedingungen nicht zulässig sei. In einem mail zitiert Rosner den Wettbewerbsverantwortlichen von Casio Europe, Sinan Hayik mit den Worten «Wären mehr Schulen am Wettbewerb beteiligt gewesen, wären die Schweizer ausnahmslos disqualifiziert worden.»
Fabian Vallant, Sprecher des vierköpfigen Grenchner Teams, hat das Ganze anders erlebt. «Uns wurde bei der Wettbewerbsprämierung gesagt, man könne sich nicht entscheiden, wer das bessere Auto gebaut habe.» Und weil beide Teams von Casio in die Red Bull-Zentrale nach London eingeladen wurden, sei man davon ausgegangen, ex aequo Sieger mit den Österreichern zu sein.
Erst als man im Januar noch ein Diplom für die Teilnahme am Wettbewerb verlangt habe, habe man gesehen, dass man auf den zweiten Platz verwiesen wurde, so Vallants Darstellung.
Für Jury klarer Fall
Fühlten sich wirklich damals beide als Sieger? Wissen müsste es Casio-Vertreter Sinan Hayik. «Wir haben am Ende des Wettbewerbs in Hamburg alle zusammen die beiden Rennautos begutachtet und einhellig festgestellt, dass die Österreicher das schönere Modell hatten. Das mussten auch die Grenchner einräumen», so das klare Urteil des Veranstalters. «In diesem Sinne liegen die Grenchner ganz klar auf Platz zwei.»
Auch habe das Grazer Team seine Arbeit mit Konstruktionsplänen und sogar mit einem Video dokumentiert. Die Aussagen von Rosner hinsichtlich einer Disqualifizierung der Schweizer dementiert der Casio-Vertreter aber. «So etwas habe ich nirgends gesagt.»
Die Schweizer hätten allerdings ein grosses Handicap gehabt: Sie durften die Werkstatt ihrer Uhrmacherschule nicht benutzen. Die Karlsteiner schon. «Diesen Nachteil haben wir bei der Prämierung aber gewürdigt», betont Hayik.
Teilnahme Privatsache
Daniel Wegmüller, Rektor des ZeitZentrums bestätigt dies. «Die Wettbewerbsteilnahme war eine private Angelegenheit ausserhalb der Schulzeit und der Schulräume.» Es habe auch keine andere Unterstützung seitens der Uhrmacherschule gegeben.
Warum diese Zurückhaltung? «Wir machen mit unseren Teams bereits an zwei hochstehenden Uhrmacher-Wettbewerben mit, von Cartier und von Patek Philippe. Dazwischen müssen die Lehrlinge auch noch den Schulstoff lernen», begründet Wegmüller. Dass nicht mehr Uhrmacherschulen überhaupt an diesem neuen Wettbewerb teilgenommen haben, zeige, dass man anderswo wohl ähnlich denke.
Die private Teilnahme des Teams am Casio-Wettbewerb habe er aber durchaus begrüsst. Auch wenn im Grenchen mechanische Uhren im Zentrum stehen, habe man keine Berührungsängste gegenüber dem japanischen Hersteller von Quarzuhren , so Wegmüller weiter. Da der Schweizer Importeur in Bettlach ansässig ist, habe man auch immer wieder Kontakte mit Casio-Vertretern.
Den Umstand, dass lediglich zwei Teams überhaupt mitgemacht haben, begründet Casio-Vertreter Hayik hingegen mit dem knappen Zeitplan, den man auf den Formel-1-Kalender ausgerichtet habe. Man habe keine Formalitäten der Schulen abwarten können. «Wir wollten den Schülern einfach eine Plattform zur Verfügung stellen, wo sie ihre Kreativität ausleben können. dafür haben wir auch eine grosse Summe investiert.» - die Hayik allerdings nicht nennen will.
Friedlich zusammen in London
Der gemeinsame London-Aufenthalt der «Siegerteams» im Dezember sei übrigens ohne gegenseitige Animositäten verlaufen. Man habe eine gute Zeit miteinander gehabt, versichern Rosner und Valland übereinstimmend. Er werde sich bei seiner Österreichischen Kollegin melden und das Missverständnis ausräumen, versichert der Uhrmacher-Lehrling noch.