Die Stadtmusik Grenchen blickt auf zehn Jahre Zusammenarbeit mit ihrem musikalischen Leiter Bernhard Keller zurück. Das Jahreskonzert vom 27. November im Parktheater steht unter dem Motto «Nostalgie».
Bernhard Keller, bevor Sie zur Stadtmusik kamen, haben Sie die MG Bettlach dirigiert und Ende 2000 ein Abschiedskonzert gegeben.
Bernhard Keller: Ich wollte mich nach 35-jähriger Dirigententätigkeit aus der Szene verabschieden, denn ausser Blasmusik gibt es noch einige andere Interessengebiete, mit denen ich mich auseinandersetzen wollte.
Der Ausstand hat aber nicht lange hingehalten?
Keller: Nein. In Grenchen hatte mein Vorgänger demissioniert. Die Stadtmusik war zu dieser Zeit personell in einem Tief. Weil ich die Stadtmusik 1998 bereits einige Monate ad interim geführt hatte, und dieser Einsatz erfolgreich war, hat der Vorstand mich um Hilfe gebeten. Ich habe zugesagt, vorerst ad interim. Im Sommer 2001 wurde eine neue Zielsetzung formuliert. Die Stadtmusik sollte sich in Zukunft nach guter Unterhaltungsmusik orientieren. Nach begonnener Arbeit haben wir schnell festgestellt, dass der eingeschlagene Weg Spass machte. Von Interimsdirigent sprach niemand mehr und die SMG hat mich von Jahr zu Jahr wieder verpflichtet. Daraus sind mittlerweile fast 10 Jahre geworden.
Das 10-jährige Dirigentenjubiläum bei der SMG – eine lange Zeit?
Keller: Zehn Jahre sind eine kurze Zeit. Man muss bedenken, dass ein Blasorchester eine gewisse Zeit braucht, um sich an den neuen Leiter zu gewöhnen, der Dirigent seinerseits auch einige Jahre mit seinem «Instrument» arbeiten muss, bis seine Interpretationen von dem Korps aufgenommen werden.
Der Erfolg hat sich aber sehr schnell eingestellt?
Keller: Dank der positiven Einstellung aller Mitglieder der SMG haben wir sehr vieles sehr schnell umgesetzt und einiges gewagt, wie am Musiktag 2003. Wir sind am Expertisenkonzert mit einer Sängerin angetreten und haben «Over the Rainbow» vorgetragen und anschliessend den Samba «So in Love» gespielt. Das Publikum hat das begeistert aufgenommen und uns damit den eingeschlagenen Weg bestätigt.
Hat sich die Stadtmusik in diesen 10 Jahren auch personell entwickelt?
Keller: Der Tiefpunkt war Mitte 2001 mit 22 Aktivmitgliedern erreicht. Für das erste Konzert musste ich einige Positionen im Blasorchester mit Aushilfen besetzen. Doch es ging schnell aufwärts. Wir schafften es bis auf 38 Mitglieder. Leider hatten wir vor einem Jahr wichtige Abgänge. Heute zählt die Stadtmusik 34 Aktive. Die entstandenen Lücken sind noch nicht ganz geschlossen.
Es ist bekannt, dass das Verhältnis der Stadtmusik zur städtischen Musikschule nicht das beste ist.
Keller: Es besteht gar kein Verhältnis mehr zu dieser Institution. Die kulturellen Vereine haben grosse personelle Probleme. Im Pflichtenheft der Musikschulen steht eben nichts von einem kulturellen Auftrag für die Stadt und deren Vereine, sondern nur der Bildungsauftrag. Vor einiger Zeit wurde versucht, die Musikschule und die Jugendmusik näher zur Stadtmusik zu bringen. Aus besagten Gründen ist der Versuch gescheitert. Wir waren gezwungen, den Nachwuchs wieder selbst auszubilden. Das geschieht seit zwei Jahren. Es ist abzusehen, dass dieses Engagement in wenigen Jahren die ersten Früchte trägt.
Wie lange planen Sie, Ihre Dirigententätigkeit fortzusetzen?
Keller: In meinem fortgeschrittenen Alter ist ein Jubiläum auch der Zeitpunkt zu diesbezüglichen Überlegungen. Gesundheitlich geht es mir gut und die Ideen gehen mir noch nicht aus. Trotzdem trage ich die Gedanken eines Rücktrittes in letzter Zeit öfters mit mir herum. Nach 10 Jahren gibt es Abnutzungserscheinungen. Viele Anweisungen des Dirigenten haben Bläserinnen und Bläser schon Dutzende Male gehört und nehmen sie deshalb wahrscheinlich gar nicht mehr wahr. Und das ist nicht nur in der Stadtmusik so. Doch weil das Verhältnis im Verein und vom Verein zu mir recht gut ist, werden wir meinen Rücktritttermin zu gegebener Zeit zusammen diskutieren.
Bringt das Jahreskonzert 2010 wieder Überraschungen?
Keller: Aber sicher! Das Konzert steht zwar unter dem Titel «Nostalgie». Nicht weil wir wehmütig zurückblicken, sondern weil wir einige wundervolle Titel wie «Over the Rainbow» oder Franz von Suppés «Pique Dame» oder Gershwins «Summertime» neu einstudiert haben. Ebenfalls wird uns die Sängerin Catherine Comte wieder begleiten, wie auch der Auftritt dreier Primarklassen der Schulen Grenchen ein Event sein wird. Jedenfalls, ein Besuch lohnt sich. Und im nächsten Jahr findet im April ein Volksmusikkonzert statt.