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Das lokale Gewerbe wird seit der Coronakrise wieder vermehrt beachtet und es wird eher lokal eingekauft. Auch eine Tendez zu gesundem Essen lässt sich beobachten.
Wie verändert die Industrialisierung das Gewerbe der Region? Was wird beim Generationenwechsel mitgegeben und was nicht? Regionalität – Fluch oder Segen? Diese und weitere Fragen diskutierte Kulturvermittlerin Monika Bruder gemeinsam mit Vertretern des hiesigen Gewerbes. Geladen waren Roland Guex, Philipp Egli und Roger Lötscher. Nach einem eher bescheidenen Wiedereinstieg vergangene Woche, vermochte die dritte Runde des Freitagstalks viele Gäste ins Kultur-Historische Museum zu locken.
1961 hat das Ehepaar Guex die gleichnamige Metzgerei in Grenchen gegründet. Kein risikofreies Unterfangen, denn die Konkurrenz war zu dieser Zeit gross. Insgesamt 14 Metzgereien gab es dazumal in der Uhrenstadt, heute sind es bekanntlich noch deren zwei. Pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum übernahm 1991 Sohn Roland Guex zusammen mit seiner Frau den Betrieb. Aber nicht etwa, weil er musste. Für ihn sei immer klar gewesen, dass er das Geschäft eines Tages weiterführen wolle. Im kommenden Jahr wird er genau solange hinter der Fleischtheke an der Centralstrasse gestanden haben wie einst seine Eltern.
Dabei hat Roland Guex so manche Umwälzung in der Branche miterlebt. Dies gilt auch für das Kaufverhalten der Kundschaft, welches sich «beinahe täglich ändert» wie Roland Guex sagt. Eine besondere Feststellung konnte er zudem während des Lockdown, als Restaurants und Kantinen geschlossen waren, machen. Denn es hatte eine Rückbesinnung zurück zum heimischen Kochen stattgefunden. Speisen aus frischen Zutaten wieder eigenständig zuzubereiten, diente in dieser Zeit quasi als Beschäftigungstherapie.
Nicht nur bei den Metzgereien nimmt die Zahl der Betriebe ab. Früher beherbergte fast jedes Grenchner Quartier mindestens eine Bäckerei. «Mittlerweile geht die Tendenz in Richtung weniger, dafür grössere Bäckereien mit mehreren Standorten» erklärt Philipp Egli, der den «Egli-Beck» seit 2010 führt. So eröffnete auch er 2015 eine Zweitfiliale beim Südbahnhof. Der Hauptgrund sei aber nicht etwa die Expansionslust, sondern die fehlende Kaffeestube gewesen. Denn eine solche konnte in der Hauptfiliale an der Bettlachstrasse nicht realisiert werden.
Anders sieht es hingegen in der Braubranche aus. Nachdem internationale Grossunternehmen über Jahrzehnte den Markt beinahe leergekauft hatten, fand dort inzwischen ein Umschwenken statt. «Die ganz grossen Player haben ihren Zenit überschritten, jetzt schlägt die Stunde der Kleinbrauereien», sagt Roger Lötscher. Diese schiessen seit einigen Jahren in der Schweiz wie wild aus dem Boden. Als sein Vater im Jahre 2004 die einstige Molkerei an der Solothurnstrasse in die heutige Granicum-Brauerei umwandelte, habe diese die Brauereinummer 168 erhalten. Heute gibt es in der Schweiz weit über tausend steuerpflichtige Inlandbrauereien. «Denk global, trink regional», habe sein Vater stets zu sagen gepflegt. Ein Leitspruch, der gemäss Roger Lötscher für den gesamten Detailhandel gelte.
Auch Roland Guex bekräftigt die Nachfrage nach regionalen Produkten in der Bevölkerung und erläutert, dass er in seinem Geschäft ausschliesslich auf Schweizer Fleisch setze. Nebst dem Hang zum Regionalen lässt sich auch eine steigende Tendenz hin zu gesünderem Essen beobachten. «Brot macht eigentlich nicht mehr unser Hauptgeschäft aus», erklärt Philipp Egli. Müsli, Fruchtbecher und Salate sind auf dem Vormarsch. Auch wenn sie bisher noch nicht an das Volumen von Klassikern wie Nussstangen oder Schinkengipfel heranreichen würden, so zeige der Trend klar in diese Richtung.