Pro Senectute Grenchen
«Nur nicht selber ausfüllen müssen ...»

Ein Team von freiwilligen Helferinnen und Helfern der Pro Senectute Grenchen hilft jeweils im Frühjahr den Grenchner Senioren beim Ausfüllen der Steuererklärung.

Von Andreas Toggweiler
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Luitgard Kliegl (l.) hilft beim Ausfüllen der Steuererklärung und Hannelore Wiese macht den Empfang. Stehend Rosa Tschanz von Pro Senectute.

Luitgard Kliegl (l.) hilft beim Ausfüllen der Steuererklärung und Hannelore Wiese macht den Empfang. Stehend Rosa Tschanz von Pro Senectute.

Andreas Toggweiler

Das Bedürfnis scheint gross, denn jedes Jahr machen etwa 160 Personen vom Angebot Gebrauch.

In einem Sitzungszimmer im Zwinglihaus ist Luitgard Kliegl bereit für ihren heutigen Einsatz. Schon seit 1999 hilft die ehemalige Buchhalterin bei der städtischen Finanzverwaltung mit, Steuererklärungen anderer Leute auszufüllen. Sie ist Mitglied eines zehnköpfigen Teams, das für die Pro Senectute gegen eine symbolische Entschädigung diese Dienstleistung erbringt. Es sind ehemalige Treuhänder, Bankangestellte, Steueramtsmitarbeiter oder sonst Leute, die sich mit Steuern auskennen. «Ich habe mir gesagt, wenn ich nach der Pensionierung gesund bin, möchte ich gerne mit meinem Wissen anderen helfen», sagt Kliegl. Und so sitzt sie hier und wartet auf den ersten Klienten. Die Formulare und der Taschenrechner sind bereit.

Dankbarer Kunde

Etwa eine Stunde braucht sie durchschnittlich für das Ausfüllen einer Steuererklärung. – «Ich hätte ohne Hilfe ein Mehrfaches davon. Die Steuererklärung auszufüllen, ist mir ein Graus», sagt der Rentner, der inzwischen dazugestossen ist. Nach seiner Pensionierung habe er erstmals von diesem Angebot Gebrauch gemacht. «Denn da hat so viel geändert. Ich war extrem froh für diese Hilfe» lobt er. Und so kommt er auch dieses Jahr wieder mit seinen Unterlagen und legt das bekannte Fenstercouvert der kantonalen Steuerverwaltung auf den Tisch.

«Viele kommen jedes Jahr wieder, sie werden sozusagen Stammkunden», erklärt Kliegl weiter. So könne sich auch ein Vertrauensverhältnis entwickeln. Denn über ihre Finanzen reden ja bekanntlich Herr und Frau Schweizer nicht mit jedermann. Auch wenn die Steuererklärungen, welche das Helferteam ausfüllt, in der Regel einfach sind, seien doch viele Leute mit der Materie überfordert, stellt Kliegl fest. Beispielsweise, weil der Ehepartner nicht mehr lebt, der bisher «die Steuern erledigt» hat.

Im Alter gewinnen auch neue Themen an Bedeutung wie Krankheitskosten oder Ergänzungsleistungen, wenn die AHV nicht reicht. «Die meisten Leute, die zu uns kommen, sind finanziell nicht auf Rosen gebettet», meint Kliegl. «Und wenn doch jemand mit 17 Liegenschaften kommt, verweisen wir ihn gern an einen Treuhänder, denn das würde auch unser Zeitbudget überschreiten.» Die privaten Fachleute will man nicht konkurrenzieren, insbesondere wenn jemand sich diese auch leisten könnte. Bis es zu einem Termin bei Luitgard Kliegl oder ihren Kollegen kommt, ist im Hintergrund schon allerlei passiert, wie Rosa Tschanz von der Pro Senectute Grenchen und Umgebung erläutert. Am letzten Suppentag der reformierten Kirche im Februar kann man sich jeweils für die «Steuereinschreibung» melden und bekommt danach einen Termin zugeteilt. Ein Merkblatt mit Checkliste erinnert an alle Formulare und Belege, die mitzubringen sind.

Ein Schwatz gehört dazu

Meistens sind die Leute schon einiges früher da und benutzen die Zeit für einen kleinen Schwatz. Mit Kaffee und Guetzli hält heute Hannelore Wiese, ebenfalls freiwillige Helferin, die Wartenden bei Laune. An 23 Nachmittagen zwischen 6. März und 24. April werden heuer im Zwinglihaus Steuererklärungen ausgefüllt. «Das sind etwa 180 Stunden Freiwilligenarbeit», wie Rosa Tschanz berechnet hat. Die Klienten leisten einen freiwilligen Obolus nach eigenem Ermessen. «Jeder gibt, was er will oder kann.» Das Geld kommt nach Deckung der Unkosten der Pro Senectute zugute, wie Tschanz betont. Auch die Räume der reformierten Kirche Grenchen-Bettlach dürfe man unentgeltlich benutzen. Leute vom Wohnheim Schmelzi haben sogar den Kopierapparat vom Büro im Centro-Hochhaus ins Kirchgemeindehaus gezügelt, was das Kopieren von Belegen jetzt noch mehr vereinfacht.

Einmalige Dienstleistung

Die Dienstleistung des Grenchner Freiwilligenteams ist im Kanton Solothurn einmalig. Zwar bieten auch die Fachstellen in Solothurn, Olten und Breitenbach das Ausfüllen der Steuererklärung an. Die Fachleute besuchen dabei allerdings die Kunden zu Hause und arbeiten dort zu einem Stundenlohn von 60 Franken.

Das Grenchner Freiwilligenteam bildet sich auch regelmässig weiter. Angesagt ist ein jährlicher Besuch auf der kantonalen Steuerverwaltung in Solothurn, um sich über die aktuelle Steuerpraxis zu informieren und das eigene Wissen auf den neusten Stand zu bringen.