Sportstadt Grenchen
«Nousse» schwirren durch die Sommerluft

Die Hornussergesellschaft Grenchen hat sich dank einem jungen Team in den letzten Jahren in die Nationalliga B emporgearbeitet. Wir begleiteten Christoph Bieri im Cupfinal.

Andreas Toggweiler
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Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen in Aktion
13 Bilder
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
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Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss
Portrait Hornusser Christoph Bieri Portrait Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen im Cupfinal-Spiel gegen Lyss

Hornusser Christoph Bieri aus Grenchen in Aktion

Michel Lüthi/bilderwerft.ch

Nach zwei Jahren haben die Grenchner Hornusser heuer schon zum zweiten Mal den Cupfinal am «Pneu Bösiger Cup» erreicht, eine Serie, die mit einer verkürzten und deshalb für das Publikum attraktiveren Spielform den Schweizer Nationalsport bereichert. Den sechs jungen Grenchner Hornussern gelang dabei beim Heimspiel fast ein Exploit. Mit 560 Punkten unterlag man dem Finalgegner Lyss aus der Nationalliga A (593 Punkte) zwar nur um Haaresbreite, dennoch ist man mit dem erzielten Resultat mehr als nur zufrieden und gratulierte den Gästen gerne zum Erfolg. Das Spiel wurde erst im zweitletzten von 72 Streichen entschieden. «Wir blieben nur wenig unter unserem Potenzial», bilanziert Hornusser Christoph Bieri.

Ab 100 Meter gibts pro 10 Meter 1 Punkt

Der 27-jährige gelernte Landmaschinenmechaniker aus Staad, der sich zurzeit auch noch zum Landwirt ausbilden lässt, steht schon seit Kindesbeinen als Junghornusser auf dem Ries. So heisst das Spielfeld von gut 300 Meter Länge, wobei die ersten 100 Meter ab dem «Bock» (Abschlagpunkt) nicht gewertet werden. Ab 100 Meter wird pro zehn Meter Flugweite des Nouss ein Punkt vergeben.

Dieses genormte schwarze Flugobjekt aus Kunststoff, eben der Nouss, wird von der schlagenden Mannschaft mit einem «Stecken», dessen Schaft aus biegsamen Glas- oder Kohlefasern besteht, auf eine Flugbahn geschickt, auf der er beim Abschlag eine Geschwindigkeit von über 300 km/h erreichen kann. Das Ziel: Innerhalb des Ries möglichst weit fliegen.

Ein «Nummero» auf jeden Fall vermeiden

Das versuchen die «Abtuer» von der gegnerischen Mannschaft zu verhindern. 18 Spieler stehen in einem Meisterschaftsspiel im Ries und versuchen, den Nouss mit der Schindel abzufangen, einem 60 mal 60 cm grossen Brett mit Deckfurnier aus Weide oder Pappel, das an einem Stiel befestigt ist. Der Nouss muss erwischt werden, bevor er den Boden berührt. Je früher, desto besser. Landet er im Ries ohne Schindelberührung, ist das ein «Nummero»; der schwerste Fehler in einem Spiel, der im Prinzip auch durch weites Schlagen nicht mehr wettzumachen ist.

Mit 27 ist Christoph Bieri schon ein Hornusser-Routinier mit 20 Jahren Spielerfahrung. «Unser Geheimnis ist, dass die ganze Mannschaft relativ jung ist», erklärt Bieri. Während andere Hornussergesellschaften am Nachwuchs kranken, haben die Grenchner ihre Hausaufgaben gemacht. Seit 1994 wird eine konsequente Junghornusserförderung betrieben, welche die Mannschaft aus der relativen Bedeutungslosigkeit bis in die Nationalliga B brachte. Der letzte Aufstieg gelang vor zwei Jahren.

Nicht nur ein Sport für bäuerliches Milieu

Was gefällt Christoph Bieri am Hornussen?: «Es ist ein vielfältiger Sport, bei dem auch die Kameradschaft grossgeschrieben wird. Das ist mir wichtig», meint er. Zum Spielen selber ist er dank der Familie und dem bäuerlichen Umfeld gekommen. «Man kennt sich auch aus dem Privatleben und dem Beruf.»

Doch in der HG Grenchen gebe es durchaus nicht nur Bauern, wirft Samuel Kocher, Vorstandsmitglied und Aktuar, ein. Es gebe auch Mannschaftsmitglieder mit Bürojob. Er selber ist ein Beispiel dafür. «Wir haben sogar Akademiker», meint Kocher lachend. Und eine Frau: Julia Inniger (18).

Für Christoph Bieri ist seine handwerkliche Arbeit zugleich auch Fitnesstraining fürs Hornussen. Dort sind nebst Schnellkraft, guten Augen, Reaktionsvermögen und Teamfähigkeit auch gute Nerven gefragt sowie beim Abschlag absolute Konzentrationsfähigkeit.

Der Abschlag beim Hornussen ist etwa demjenigen beim Golf vergleichbar. In Sekundenbruchteilen und Zentimetern entscheidet sich, ob der Abschlag, hier Streich genannt, gelingt.

Jeder buddelt sich eine standfeste Stellung

Kein Wunder, schaufeln und graben sich die Schläger mit Werkzeug eine ideale Stellung, wo sie sicher stehen und die Kraft optimal ableiten können. Der Bock ist übrigens symmetrisch für Links- und Rechtsschläger konstruiert.

Mit 17 bis 20 Punkten (d.h. Schlagweite bis 300 Meter) kann Bieri in diesem Spiel sehr zufrieden sein. Sein Ziel, sich diese Saison als Schläger in den Top 50 zu platzieren, bleibt realistisch.

Nachdem alle sechsmal geschlagen haben, fasst das Grenchner Team seine Schindeln und wechselt aufs sanft ansteigende Ries am Fuss des Eichholzhügels. «Einä!», ertönt der Ruf, als der Schläger der gegnerischen Mannschaft zum ersten Mal aufzieht. «’tzä» (für «jetzä»), als es ernst gilt. Nach einer knappen Sekunde ist auch hier hinten der Aufprall des Steckens auf dem Nouss zu hören. Wer den Nouss als Erster kommen sieht, orientiert die Kollegen über die Flugbahn: «Im Ries, Mitte links!» Da leichter Westwind weht, landet der eine oder andere Nouss östlich im Kornfeld. Die Weite zählt gleichwohl, doch das Abtun erübrigt sich. Ein Kampfrichter schreibt ein Protokoll, Markus Marti hat derweil die Weite bereits in die Hornusser-App eingetippt, sodass das Resultat in Echtzeit auf dem Videoschirm an der Hornusserhütte erscheint. Die Hornusser sind also technisch absolut auf der Höhe der Zeit.

Bei dieser Leistung gratuliert man gerne

Während die Schlagweiten bei den Grenchnern gegen Schluss etwas abfallen, trumpfen die Lysser am Ende auf, was schliesslich den Unterschied ausmacht. Auch beim Meisterschaftsspiel vom Samstag musste sich die 18er-Mannschaft mit 909 Punkten gegen Aufstiegskandidat Schafhausen i.E. (966) geschlagen geben. Noch warten auf die motivierten Grenchner zwei Meisterschaftsspiele und zwei Kranzfeste. Ziel bleibt ein Mittelfeldrang in der Nationalliga B.

Der nächste grosse Moment der Grenchner Hornusser kommt nächstes Jahr. Der 1905 gegründete Verein richtet im August 2020 gleich zwei Hornusserfeste aus: Auf dem Areal unterhalb vom Eichholzhügel werden 23 Spielfelder temporär aufgebaut. Insgesamt werden sich 3200 Spieler während der vier Festtage in Grenchen messen. Dafür werden noch motivierte Helfer gesucht. Bereits am kommenden 2.–4. August feiern die Hornusserkollegen in Arch: Die benachbarte Hornussergesellschaft begeht dann das 100-Jahre-Jubiläum.