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Die Alterszentren Grenchen waren bisher von Covid-19 verschont – dies dank der Schutzmassnahmen und des engagierten Personals. Dieses wird für seine Disziplin und Loyalität jetzt belohnt.
Für die Alterszentren Grenchen – wie auch für alle anderen Alters- und Pflegeheime – bedeutete der Lockdown den Beginn einer herausfordernden und harten Zeit. Auf einen Schlag wurden die Heime abgeriegelt, Angehörige konnten ihre Eltern oder Grosseltern im Heim nicht mehr besuchen, Externe das Heim gar nicht mehr betreten. Die Cafeteria und das Restaurant in beiden Häusern – in normalen Zeiten sehr beliebt und belebt – waren den Bewohnerinnen und Bewohnern und dem Personal vorbehalten. «Das bedeutete auch, dass wir in der Gastronomie finanzielle Einbussen verzeichnen mussten», erklärt Sonja Leuenberger, Geschäftsleiterin der Alterszentren Grenchen Kastels und am Weinberg. «Aber statt die Mitarbeitenden in Restaurant und Café in Kurzarbeit zu schicken, übernahmen diese mehr Betreuungsaufgaben als bisher, und das wurde von den Bewohnern sehr geschätzt.»
Viele Aktivitäten mit den Heimbewohnern wurden in die freigewordenen Räumlichkeiten verlegt. Wie zum Beispiel die Aktivierung im Kastels, die im Foyer und der Cafeteria abgehalten und dank mehr Platz auch ausgedehnt wurde. «Der Lockdown war für die Bewohnerinnen und Bewohner zwar sehr hart, da sie keine Besuche mehr erhielten.» Einige seien auch gar nicht in der Lage gewesen, zu begreifen, weshalb ihre Tochter, ihr Sohn jetzt nicht mehr kommen durfte. Aber es habe auch positive Effekte mit sich gebracht, sagt Leuenberger: «Beispielsweise hat sich im Weinberg rasch einmal so etwas wie ein Stammtisch gebildet. Eine Gruppe von Bewohnerinnen und Bewohnern, die sich regelmässig jeden Morgen zum Kaffee und am Nachmittag zu einem Spiel oder Kaffee und Kuchen verabredet haben.» Das Bedürfnis nach sozialen Kontakten sei halt da gewesen und so hätten die Bewohner den Mangel kompensiert und seien näher zueinander gerückt.
An den ersten zwei Wochenenden nach dem Lockdown habe man in beiden Häusern extrem viele Besucher verzeichnet. «Wir mussten uns in der Geschäftsleitung überlegen, ob wir den Zugang eventuell beschränken müssen, aber bereits am dritten Wochenende hat sich das Ganze auf einem normalen Mass eingependelt.» Sie wolle auch die Besuchszeiten nicht einschränken, um so zu vermeiden, zu viele Besucher zur selben Zeit im Haus zu haben. Aber Besucherinnen und Besucher müssen sich streng an die Hygiene- und Abstandsregeln halten, dürfen nur zu ihren Angehörigen ins Zimmer oder in die Cafeteria. Alle übrigen Bereiche der Alters- und Pflegeheime seien tabu.
Dass die beiden Häuser bisher von Covid-19 verschont blieben, darüber sei sie sehr glücklich, sagt Sonja Leuenberger. «Es ist immer auch eine Portion Glück dabei, dass wir keinen einzigen Fall hatten, weder bei den Mitarbeitenden noch bei den Bewohnerinnen und Bewohnern.» Glück insofern, dass man aufgrund von Erfahrungen in anderen Kantonen und im Ausland davon ausgehen müsse, mit bis zu 70-80 Prozent Infizierten zu rechnen, habe man das Virus erst einmal im Haus.
Dazu beigetragen habe aber auch die Disziplin und Einsatzbereitschaft der Mitarbeitenden, sagt Leuenberger und widmet ihren rund 230 Leuten ein Kränzlein. «Das Schutzkonzept wurde konsequent durchgesetzt und meine Mitarbeitenden verhielten sich auch im Privatleben sehr diszipliniert.» Der Stiftungsrat der Trägerstiftung Alterssiedlung Grenchen hat deshalb beschlossen, jedem Mitarbeitenden, unabhängig vom Pensum, 500 Franken zu geben: 300 Franken in Form von Reka-Checks, 200 Franken in Gutscheinen des Gewerbeverbands Grenchen GVG – dies auch, um das regionale Gewerbe zu stärken und «im weitesten Sinne auch den Wirtschaftsstandort Schweiz», wie es im Schreiben an die Mitarbeitenden heisst. Der Stiftungsrat ist überzeugt, mit den loyalen und engagierten Mitarbeitern bestens für kommende Herausforderungen aufgestellt zu sein.
Für den Ernstfall war und ist man aber trotzdem vorbereitet: In beiden Häusern wurden Räume definiert, in denen man innerhalb von zwei Stunden Covid-Mehrbettzimmer einrichten kann. «Wir haben alle Bewohner gefragt, ob sie im Fall einer Erkrankung ins Spital gebracht werden wollen. Mit einer Ausnahme wollen alle 173 Bewohnerinnen und Bewohner hier bleiben.» In den Intensivabteilungen würden sie palliativ gepflegt und mit Sauerstoff versorgt. «Eine Reihe von Mitarbeitenden hat sich freiwillig dazu bereit erklärt, die Pflege dort zu übernehmen. Konkret würden zwei Teams in Zwölf-Stunden-Schichten arbeiten. Der Bereich wäre vom restlichen Haus abgekoppelt, um eine Weiterverbreitung zu verhindern», erklärt Sonja Leuenberger.
Als die Sache mit der Party im Parktheater, an der eine infizierte Person teilnahm, am Freitag darauf bekannt wurde, verhängte Sonja Leuenberger umgehend eine generelle Maskenpflicht für alle im Heim. Bis dahin waren Masken nur dann obligatorisch, wenn die Zwei-Meter-Abstandsregel nicht eingehalten werden konnte. «Natürlich ist mir bewusst, dass es nicht angenehm ist, bei 30 Grad schwitzend noch eine Maske tragen zu müssen. Aber diese Massnahme war notwendig, weil man ja nie wissen kann, wer von den Partygängern Kontakt mit seinen Eltern hat, die ihrerseits ihre Eltern bei uns besuchen kommen.»
Eine Maskenpflicht für alle: Auch die Mieter der Alterssiedlung im Kastels, die zwar die ganze Zeit über das Privileg hatten, ihre Mahlzeiten dort einzunehmen, müssen beim Betreten des Hauses eine Maske tragen, bis sie an ihrem Tisch im vom restlichen Restaurant abgesonderten Teil sitzen.
Eine Frage, die sich jetzt öfters in vielen Firmen stellt, ist die, wo Mitarbeitende ihre Ferien verbringen: Ob sie in ihre Heimatländer reisen, die vom Bund unter Umständen zu Risikoländern erklärt wurden, und danach eine Quarantäne auf sich nehmen. Oder ob sie darauf verzichten, die Ferien in ihrer Heimat bei der Familie zu verbringen. Sonja Leuenberger kann diese Frage klar beantworten: «Wir haben im Vorfeld mit all unseren Mitarbeitenden gesprochen und sie gefragt, was sie in den Ferien zu tun gedenken. Von denjenigen, die aus solchen Risikoländern stammen, haben alle gesagt, sie verzichteten dieses Jahr auf Aufenthalte in ihrem jeweiligen Heimatland.»
Eine einzige Mitarbeitende hatte Pech. Sie war gerade in Serbien, um ihre betagte Mutter zu besuchen, als das Land als Risikoland eingestuft wurde. «Sie verbrachte zehn Tage in Quarantäne, ist aber gesund.»