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Die Rega will in Grenchen eine Ausbildungs- und Tagesbasis einrichten und braucht dafür einen neuen Hangar.
Im Amtsblatt von letztem Freitag war zu lesen, dass das Bundesamt für Zivilluftfahrt Bazl ein Gesuch um eine Plangenehmigung in Grenchen stellt. Auf dem Flughafen Grenchen soll ein Werkhof mit Schulungsräumen und Helikopterhangar erstellt werden, ein zweigeschossiger Neubau mit aufgesetztem Kontrollturm von 32,5 Metern Länge, 29 Meter Breite und 8,2 Meter Höhe – im Bereich des Kontrollturms 13 Meter hoch. Antragsteller ist die Regionalflugplatz Jura Grenchen AG RFP.
Die Gesuchsunterlagen, die ab sofort bis 16 August auf der Baudirektion Grenchen und beim Amt für Raumplanung in Solothurn eingesehen werden können, bringen auch Überraschendes zutage.
In einem Bundesordner voller Dokumente und Pläne findet man brisante Informationen. So will offenbar die REGA in Grenchen eine Ausbildungsbasis einrichten und plant mit 200 Schulungsflugbewegungen pro Jahr. Ein- und Ausflug erfolgen auf den publizierten Standard-Flugrouten für Flächenflieger und Helikopter. Lärmberechnungen einer Berner Firma wurden mit 400 Flügen erstellt, sodass die Gesamtzahl an Flugbewegungen immer noch innerhalb des bewilligten Sachplan Infrastruktur Luftfahrt für Grenchen SIL liegen.
Anstelle des jetzigen Mitarbeiterparkplatzes soll ein Helikopterhangar mit Büroräumlichkeiten Teil des Neubaus werden. Auf Nachfrage bei der REGA bestätigt deren Mediensprecher Harald Schreiber: «Die Rega plant, mit dem vorliegenden Projekt am Regionalflugplatz Grenchen einen Schulungs- und Trainingsstützpunkt einzurichten und hat mit der Regionalflugplatz Jura-Grenchen AG eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Die gute Infrastruktur des Regionalflugplatz Jura-Grenchen (RFP) ermöglicht der Rega unter anderem auch Anflüge im Instrumentenflugverfahren (IFR) und ist damit ein optimaler Standort für Schulungs- und Trainingsflüge.»
Dass sie – wie bereits Ende 2016 angekündigt – ihre Mittellandflotte, bestehend aus sechs EC 145, durch Nachfolgemodelle vom Typ H 145 von Airbus Helicopters ersetzen will, stehe in keinem Zusammenhang mit dem Projekt in Grenchen. Hier will man eine Helikopterausbildungs- und Helikoptertagesbasis schaffen, heisst es im Projektbeschrieb.
Der neue Werkhof soll das Feuerwehrgebäude und die mehreren, nacheinander und aneinander gebauten Schuppen ersetzen, in denen sich Werkstatt, Lager und diverse Fahrzeuge des Platzdienstes befinden. «Die bestehenden Infrastrukturen für den Werkhofbetrieb, Unterhalt und die Betriebsfeuerwehr sind nicht mehr zeitgemäss und ungenügend», heisst es in den Unterlagen.
Auf einem Rundgang vor Ort ums jetzige Werkhof- und Feuerwehrgebäude werden die Mängel rasch sichtbar: Die beiden Tanklöschfahrzeuge der Feuerwehr stehen zwar gedeckt in einer Blechbaracke mit direkter Ausfahrt in Richtung Piste. Ein Tor gibt es allerdings nur auf einer Seite und die Baracke ist ungeheizt. Die beiden anderen Fahrzeuge des Airports stehen Sommer und Winter draussen, weil eine Garage fehlt, erklärt Patrick Weber vom Platzdienst.
Die Werkstatt ist eng und klein, unübersichtlich. Trotz einer bestehenden Schweissanlage sei es unmöglich, hier drin etwas Grösseres zu schweissen, weil schlicht der Platz fehlt, so Weber. Traktoren, Schlepper, Mäher, Teleskoplader, Schneefräse, Hubstapler und Dumper sind auf verschiedene Schuppen auf dem Gelände des Flughafens verteilt. Auch ein Lager mit diversen Treibstoffen, ein Metall-Lager plus drei Mulden stehen rund um die Ansammlung der alten Schuppen herum.
Das alles soll im neuen Gebäude, einer modernen Stahl-Beton-Konstruktion, Platz finden. Im Obergeschoss des Neubaus sollen Arbeitsplätze, Garderoben, WC und Duschen für die Mitarbeitenden und Umkleideräume für die Angehörigen der Feuerwehr entstehen. Des Weiteren besteht auf dem ganzen Flughafen ein steter Mangel an Aufenthalts- und Schulungsräumen, heisst es. So werden im Obergeschoss auch Schulungsräume für die European Flight Academy eingerichtet.
Die Flugausbildungseinheit der Deutschen Lufthansa, zu der auch die Swiss gehört, bildet in Grenchen unter diesem Namen ihre Piloten aus, vormals die Lufthansa Aviation Training Switzerland AG. Deren Piloten und Flugschüler sieht man jetzt öfters vor dem Schalter im Kontrollgebäude ihre Briefings und Schulungen durchführen, weil sie schlicht zu wenig Schulungsräume haben.
Der neue Tower, so wie in den Unterlagen beschrieben, sei in die Planung einbezogen worden, weil man vom alten Tower aus mit einer Einschränkung der Sicht in Richtung Osten rechnen muss. Der neue Standort, der rund 3 Meter höher sein dürfte als der bisherige, verbessert die heute eingeschränkte Sicht bis an östliche Pistenende und die Sicht hinter das Airporthotel in Richtung Westen. Die Kosten für das gesamte Bauprojekt – ohne Infrastruktur Tower – werden im Projekt auf etwas über 4 Mio. Fr. veranschlagt.
Laut Aussage von Ernest Oggier, Direktor des Flughafens, dürfte sich die ganze Sache noch einige Zeit hinziehen. Erfahrungsgemäss dauere ein solches Plangenehmigungsverfahren des Bazl sechs bis neun Monate. Ob beispielsweise ein neues Safety-Assessment für den ganzen Flughafen notwendig sein werde, könne er jetzt noch nicht sagen. Oder ob der neue Tower, sofern er gebaut werde, als neues Hindernis im Luftraum eingestuft werde. «Vor 2019 passiert wohl noch nichts».
Der Flugplatz Grenchen sei ein Flughafen mit Air Traffic Control, also Flugsicherung, das setze einen Tower voraus. Daher spiele übrigens keine Rolle, mit welchem Flugsicherungsdienst man künftig zusammenarbeiten werde, so wie das von gewissen Medien falsch verstanden worden sei. Die Verantwortung für den lokalen Flugsicherungsdienst soll 2019 direkt auf den Flughafen übergehen, schrieb diese Zeitung schon vor einigen Wochen. Man werde den lokalen Flugsicherungsdienst als Auftrag an einen zertifizierten Flugsicherungsdienstleister weiterdelegieren, wurde damals mitgeteilt. Die Ausschreibung soll Mitte Jahr erfolgen.
Ein Grossteil der Infrastruktur des jetzigen Towers gehört dem RFP und könnte im neuen Tower wiederverwendet werden. Einige Instrumente und Apparate sind im Besitz von Skyguide, welche jetzt für die Flugsicherung zuständig ist und sich auch schon für eine zukünftige Flugsicherung interessiert.