Für das Sanierungs-Projekt des Grenchner Hochhauses sind keine Einsprachen eingegangen. Doch Architekten kritisieren jetzt die Optik der geplanten neuen Fassade.
Die geplante Sanierung des Coop-City-Hochhauses inmitten Grenchens kann voraussichtlich so durchgeführt werden wie von den Bauherren vorgesehen. Am 2. Oktober ist die Einsprachefrist ungenutzt verstrichen.
Einige Stimmen, vorab aus Architekturkreisen, haben sich hingegen schon gemeldet, nachdem diese Zeitung das Bauprojekt thematisiert hatte. Dieses war im Übrigen im Stadtanzeiger unter «amtliche Publikationen» korrekt publiziert worden. Allerdings musste man sich schon gewahr sein, dass sich hinter der Adresse Bettlachstrasse 8 ein Wahrzeichen der Stadt verbirgt.
Das Architekturbüro Bigolin+Crivelli, selber im Gebäude ansässig, hat das Projekt für eine neue, energiesparende Fassade für das ganze Gebäude entworfen. Dies sieht mitunter auch eine andere farbliche Gestaltung des Hochhaus-Traktes vor. Der heute helle Teil aus Beton wird dunkel, die dunkle Fassade hell. Dies zeigt ein Blick in die Pläne des Baugesuches.
«Zeitzeuge des Aufschwungs»
Das Umbau-Projekt mit dem 14-stöckigen Hochhaus aus dem Jahr 1974 hat unter anderem auch Remo Bill auf den Plan gerufen. Der Architekt und Politiker – unter anderem hat er das neue dreieckige Postgebäude («Titanic») entworfen, das ebenfalls zu einem städtischen Wahrzeichen geworden ist – ist gar nicht zufrieden mit dem Entwurf. «Durch die geplante Fassadensanierung wird ein wichtiges Wahrzeichen der 70er Jahre von Grenchen massiv verändert – wenn nicht gar zerstört», liess sich Bill aus den Ferien per mail vernehmen. Die Fassadensanierung und die Materialisierungen «sprechen nicht für ein subtiles Vorgehen mit dieser wichtigen Bausubstanz im Zentrum der Stadt», so Bills Meinung. Auf Anfrage bekräftigt er, dass das Gebäude als «Zeitzeuge des industriellen Aufschwungs» einen zentralen Platz in Grenchens Skyline einnehme, was entsprechende Sorgfalt bei der Renovation erfordere. «In Solothurn ist der Fall, klar, weil sich immer gleich der Heimatschutz einschaltet. In Grenchen muss das Bewusstsein für die Bausubstanz der Stadt noch wachsen.»
«Plan überzeugt nicht»
Er hat auch Ratskollege Alex Kaufmann, ebenfalls Architekt und Mitglied der Bau- und Planungskommission Bapluk, avisiert. «Die Plangrafik der Fassade überzeugt in ihrem Ausdruck in keiner Art und Weise», kommt auch Kaufmann zum Schluss. Eine Rücksprache mit dem Architekten habe jedoch ergeben, dass der Plan (vgl. Foto), die Wirkung des verwendeten Materials nicht richtig zum Ausdruck bringen kann.
Als Bapluk-Mitglied schlägt Kaufmann Folgendes vor: «Bevor das Baugesuch definitiv bewilligt wird, muss der Architekt ein Muster 1:1 vor Ort erstellen. Dieses wird im Gremium Baudirektion, Bapluk und Architekt besichtigt und darüber befunden. Ein ähnliches Vorgehen wurde damals beim Post-Neubau praktiziert.»
Statik soll sichtbar bleiben
Schliesslich hat sich auch noch der Solothurner Architekt Daniele Grambone – er ist Mitglied der kantonalen Heimatschutzkommission, zum Projekt vernehmen lassen. «Es wäre sehr schade, dieses – von einem breiten Publikum leider noch nicht erkannte – wertvolle bauliche Erbe zu überformen.» Für Nichtfachleute heisst das: Die Statik des Gebäudes von Hans Dietziker kommt in der heutigen Form unmittelbar zum Ausdruck, so wie das für viele Gebäuden der Epoche typisch ist. Die Neugestaltung der Fassade würde diesen kraftvollen Effekt beseitigen, wie Grambone im Mailverkehr mit Remo Bill seine Befürchtungen zum Ausdruck bringt. Auf eine Einsprache hat der Heimatschutz verzichtet, weil er sich offenbar selber nicht sicher ist bezüglich seiner Legitimation. Denn das Coop-City-Hochhaus ist trotz seiner Bedeutung in keinem Inventar verzeichnet.
Gäumann: «Muster war von
Beginn weg vorgesehen»
Die Kritik aus Architektenkreisen rennt offenbar teilweise offene Türen ein. So habe man von Beginn der Projektierung weg das Gespräch mit der Bauherrschaft gepflegt, betont Stadtbaumeister Daniel Gäumann. «Gerade auch, weil uns bewusst ist, dass es sich um ein wichtiges Gebäude für die Stadt handelt, werden wir auch im Dialog bleiben», versichert er.
Die vorgesehene Glas-Metall-Fassade, werde an geeigneter Stelle «materialisiert», das heisst, es wird am oder beim Gebäude ein Muster angebracht, das dem Betrachter einen Eindruck des Endproduktes mit den vorgesehenen Materialien vermittelt. «Das war von Anfang an so vorgesehen.»