MTM Nähcenter
Nähcenter gibt nach langem Kampf doch auf

In diesem Laden findet die Kundschaft alles, was das Nähherz begehrt. Nicht mehr lange: Vor Ende der dreijährigen Mieterstreckung wird der Laden am Samstag definitiv geschlossen.

Patrick Furrer
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Durdica Riggio berät eine Kundin beim Stoffkauf – am Samstag wird sie das zum letzten Mal tun. fup

Durdica Riggio berät eine Kundin beim Stoffkauf – am Samstag wird sie das zum letzten Mal tun. fup

Solothurner Zeitung

Noch immer kommt die Kundschaft von weither, um im Nähcenter von Durdica und Girolamo Riggio die passenden Stoffe, Knöpfe, Bänder oder Nähmaschinen zu finden. Es ist kurz vor Mittag, und der Laden ist gut besucht, eine ältere Dame sucht einen Ersatzgummi für einen Mantelärmel. Ein rascher Griff von Durdica Riggio genügt. «Hier», sagt die Chefin, «und grüssen Sie ihren Mann von mir. Sagen Sie ihm, das ist ein Geschenk.» Die Geschäftsinhaberin grüsst die Kundinnen und Kunden mit Namen, man kennt sich. Wie es ihr gehe, fragt eine andere Kundin. «Es könnte schlechter gehen. Hauptsache wir sind gesund», sagt Durdica Riggio.

Danke an die Kundschaft

Die gelernte Schneiderin und gebürtige Kroatin Durdica könnte eigentlich das 10-Jahr-Jubiläum ihres Ladens an der Löwenkreuzung feiern, doch tatsächlich gibt es nur noch wenig zu feiern. Bis Samstag ist das Geschäft noch geöffnet. Vor ein paar Jahren lief der frühere Mietvertrag aus und Riggios sollten das Haus verlassen. Nach einigem Knatsch trafen sich Mieter und Verwaltung vor Gericht (siehe Kasten). Riggios konnten eine Mieterstreckung von drei Jahren erwirken. Diese läuft im kommenden September ab. Doch jetzt haben sie frühzeitig das Handtuch geworfen und per Ende Juni gekündigt.

«So ist das halt das Leben», sagt Ehemann Girolamo Riggio. Gezeichnet von Hochs und Tiefs. Obwohl die letzten drei Jahre hart waren, will auch Durdica Riggio nicht klagen. Das Einzige, was wir jetzt noch wollen, ist, uns bei unserer Kundschaft für deren Treue und Unterstützung zu bedanken.»

Dann kam die Konkurrenz

Angefangen in Grenchen hat Durdica Riggio vor 27 Jahren, erst als Schneiderin, später mit einem grossen Fachgeschäft. Warum sie früher aufhört, will sie nicht so recht sagen. Sicher ist: Eine Perspektive fehlt, und das motiviert nicht weiterzukämpfen. «Ich will mich auch wieder mehr um meine Mutter kümmern», sagt sie. Ausserdem können sich Riggios den Mietzins für die letzten drei Monate sparen. Mit dem neuen Stofffachmarkt Créasphère und Lockstoff im «Centro» hat das Nähcenter gar noch Konkurrenz bekommen, auch wenn Durdica Riggio meint: «Die sind keine Konkurrenz.» Stadtpräsident Boris Banga meinte bei der Eröffnung von Créasphère und Lockstoff, eine Lücke werde geschlossen.

Eine Anschlusslösung und ein neuer Standort wurden nicht gefunden, obwohl die Stadt und auch die Verwaltung, die Urs Leimer Immobilien AG, Riggios bei der Suche unterstützt haben. «Es war nichts dabei, dass unseren Ansprüchen und Möglichkeiten gerecht geworden wäre», sagt Durdica Riggio. Der Mietzins für die rund 300 Quadratmeter an bester Lage wiederum war mit 40 Franken pro Quadratmeter ausserordentlich tief. Die Kunden bedauern die Schliessung. Spontan fallen Voten wie «Katastrophe» oder «sehr schade.»

Weiterhin optimistisch

Nach Riggios wird die Urs Leimer Immobilien AG selbst ins Gebäude einziehen, weil sie am derzeitigen Standort – wenige Meter weiter südlich – zu wenig Platz hat, sagt Geschäftsführer Urs Leimer auf Anfrage. Er sei froh, dass der Firma endlich mehr Platz zur Verfügung stehen wird. «Bereits mussten zwei Mitarbeiter von Zuhause aus arbeiten, und unsere zusätzlichen Lehrlingsplätze konnten wir nicht mehr anbieten.»

Bis September werden Durdica und Girolamo Riggio im unteren Stock noch den Lagerraum mieten. Danach ist endgültig fertig. Aber vielleicht finde sich da doch noch ein passender Alternativstandort, meint die Chefin trocken. Jetzt seien sie dann für eine Weile nicht erreichbar, aber ab 1. September könnten sich die Kunden wieder unter der Telefonnummer 0326523803 melden, «und herausfinden, was mit uns passiert ist». Nach einem Leben unter bunten Stoffen kommt es ihr nicht in den Sinn, schwarzzusehen.