«Wir bedauern das alle sehr, aber wir haben keine andere Wahl», sagt Désirée Schaad, Aktuarin des Frauenverein Grenchens. Eine Ära gehe zu Ende, der Frauenchor verabschiede sich aus dem Grenchner Vereinsleben.
Die rund 30 noch verbliebenen Mitglieder haben an ihrer Generalversammlung schweren Herzens die Auflösung beschlossen. Die Probleme in der letzten Zeit hätten sich gehäuft: Der Frauenchor kämpfte seit Längerem mit Mitgliederschwund und fehlendem Nachwuchs.
Die jungen Frauen heutzutage seien nicht mehr bereit, sich in einem Verein zu engagieren und alle Versuche, neue, jüngere Sängerinnen zu rekrutieren, seien fehlgeschlagen, sagt Schaad. Man habe mehrfach versucht, junge Frauen für das Chorsingen und den Verein zu begeistern, ohne Erfolg.
Häufige Wechsel in der Chorleitung
Ein weiteres Problem ist die Chorleitung: Ernst Märki hatte den Chor von 1928 bis 1978 während 50 Jahren dirigiert, auf ihn folgte René Bolle für 24 Jahre. Danach gab es ab 2003 häufigere Wechsel in der Leitung. Aushilfsweise habe ihr Mann, Theodor Schaad, den Chor dirigiert, erzählt Désirée Schaad, die selber 20 Jahre im Chor mitsang. Auf ihn folgten Andreas Svarc, Peter Staub, Theres Ursula Beiner, Iris Ballabio und zuletzt Johannes Schaub, der aber im Frühjahr 2010 erkrankte und die Chorleitung von da an nicht mehr wahrnehmen konnte.
Und einen neuen Chorleiter zu finden, sei ein schwieriges Unterfangen, denn eine Verpflichtung für mehrere Jahre sei nicht nur wünschenswert, sondern Bedingung. Sie hätten lange vergebens gesucht, meint Schaad, und angesichts dieser schwierigen Umstände gebe es keine andere Möglichkeit, als den Verein jetzt aufzulösen.
96 Jahre dem Gesang gewidmet
Der Frauenchor Grenchen gehört zu den ältesten und aktivsten Vereinen der Stadt. Am 12. November 1915 trafen sich am Gesang interessierte Frauen in Begleitung ihrer Ehemänner im Restaurant Löwen, und schon Tage später wurde der Verein mit 22 Mitgliedern gegründet. Lehrer Hermann Affolter übernahm die Leitung und bereits am 2. Dezember fand die erste Chorprobe statt. In der Folge standen in den vielen Jahren seines Bestehens nebst wöchentlichen Chorproben diverse Anlässe auf dem Programm: Konzerte, oft auch zusammen mit dem Männerchor Liederkranz - dieser fusionierte 2003 mit dem Männerchor Grenchen und Lengnau und wurde zu «Canta Gaudio» - Auftritte bei Radio Beromünster, Abendunterhaltungen, Beteiligung an Sängertagen im Bezirk, im Kanton und an gesamtschweizerischen Gesangfesten.
Der Chor wirkte immer wieder bei Anlässen der Stadt mit. Die Pflege des Gesangs stand dabei im Vordergrund, auch und gerade in politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Denn schon bei der Gründung 1915 hatte man den Vorsatz gefasst, «der Verein soll wachsen und gedeihen, soll den Mitwirkenden und andern zur Freude werden», und man war bis zuletzt dafür bemüht.
Die Zahl der Sängerinnen war nie konstant, in der Hochblüte zählte man 74 Aktivmitglieder. In den letzten Jahren sind nur die älteren Sängerinnen dem Chor treu geblieben und die Zahl der Aktiven ist stetig gesunken. Trotz allem: Die Chorfrauen treffen sich auch nach der Vereinsauflösung jeden letzten Dienstag des Monats im Parktheater, um die über die Jahre entstandenen Freundschaften zu pflegen. Nach den Sommerferien gebe es eine letzte Sitzung, um die Modalitäten der Auflösung zu besprechen, sagt die abtretende Aktuarin.